Ein vielstimmiger "Appell an die Vernunft" in Sachen Rheinbogen
Monheim am Rhein – das ist vielerorts noch immer ein echtes Naturerlebnis. Keine Wildnis mehr – natürlich – aber vergleichsweise eben bislang doch eher nur sanft erschlossene grüne Lungen direkt vor der eigenen Haustür. Einer der für viele Menschen hier wohl schönsten, mindestens aber nahegelegensten und damit meistgenutzten Naturräume ist dabei der nördliche Bereich des Rheinbogens entlang der Kapellenstraße, unmittelbar gegenüber der Altstadt. Hier gibt es aktuell bekanntlich Pläne für einschneidende Veränderungen, die von der in diesem Fall durch CDU und Peto gestützten Stadtverwaltung voran getrieben werden (der WA berichtete mehrfach).
Letzte Woche trafen sich die Mitglieder des Aktionsbündnisses „Rettet den Rheinbogen“ daher im Monheimer Rathaus erneut, um das weitere Vorgehen ihrer so heterogen zusammengesetzten Gruppe abzustimmen, und um im Gespräch mit dem Wochen-Anzeiger noch einmal deutlich auf ihr Anliegen, das für viele ganz offenkundig zu einer echten Herzensangelegenheit geworden ist, aufmerksam zu machen.
Aktueller Anlass: Noch bis zum 17. November liegen im Monheimer Rathaus die Pläne für die künftige Umgestaltung des Monheimer Rheinbogens öffentlich aus – auch mit der Möglichkeit zum Widerspruch durch die Bürger.
Doch das Begreifen und richtige Einordnen dieser Pläne ist nach Auffassung der erfahrenen Mitglieder des Aktionsbündnisses selbst für Fachleute nur mit sehr viel Mühe möglich. Manfred Poell, Architekt und Planungsprofi bei den Monheimer Grünen: „Auch ich musste mich erst einmal sehr lange damit beschäftigen, um überhaupt zu kapieren, wo da eigentlich überall Hügel hinkommen sollen.“
Genau diese Hügel und Geländemodellierungen sind es, die den Gegnern der mehrheitlich im Rathaus favorisierten Pläne unter anderem ein ganz besonderer Dorn im Auge sind, weil sie Auswirkungen auf das Blickfeld und die Tierwelt haben werden. „Vieles versteckt sich da im eher Kleingedruckten“, kritisiert auch Sozialdemokrat und Planungsexperte Werner Goller.
Poell: „Hinter dem Deich (also zur Stadtseite hin; d.Red.), soll eine riesige, langgestreckte Hügelformation entstehen, die allen Ernstes sechs Meter hoch ist, mit mehreren terrassierten Ebenen, einer Wasserrutsche und Richtig Action drauf. Das Material dafür kommt gleich von nebenan, wird also aus dem vorhandenen Bodenmaterial zusammengeschoben, und dort wo es entnommen wird entstehen logischerweise Senken, die sich mit Wasser füllen werden. Betrachtet man das gesamte Gebiet kann man sagen: Da bleibt am Ende praktisch keine Kuh mehr auf der anderen. Das Ergebnis wird dabei in keiner Weise mehr dem entsprechen, was für diese Landschaft hier eigentlich typisch ist. Typisch ist: Hier ist es flach. Dann kommt der Deich. Dann ist es wieder flach. Und dann kommt irgendwann der Rhein. – Diesen Charakter wollen wir als Aktionsbündnis retten.“
Und die Monheimer sind mit dieser Sicht nicht alleine. In einem Schreiben des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) vom 15. August heißt es eigentlich wenig missverständlich: „Die Ortssilhouette von der Rheinaue aus sowie die Blickbeziehungen zwischen Kirchhügel und Rheinaue sind unbedingt zu erhalten. Bodenmodellierungen (Aufschüttungen und Ausgrabungen) in der Rheinaue, die die historische Topografie verändern und die Blickrichtung unterbrechen sind unbedingt zu vermeiden.“ Dererlei Einwendungen seien den zuständigen Ausschussmitgliedern seitens der Verwaltung stets mit dem lapidaren Hinweis „Zur Kenntnisnahme“ übergeben worden, kritisiert Werner Goller. Das gelte in gleichem Maße auch für die Einwände von Seiten der Naturschützer. Wilhelm Knebel von der Arbeitsgemeinschaft der Monheimer Naturschutzverbände: „Wer über Bodenmodellierungen im Rheinbogen nachdenkt, hat die Tierwelt hier schon abgeschrieben. Denen werden nicht drei Prozent der Fluchtfläche genommen, wie das ja manchmal von Seiten der Stadt dargestellt wird, sondern 25 Prozent. Das Deichvorland kann man hier ja wohl nicht mitzählen. Zu mir sagt man ja schonmal gerne, ach der alte Knebel mit seinen Tieren. Aber es gibt eben auch sehr viele Menschen, die sich an der Natur und Tierwelt, so wie sie jetzt noch bei uns existiert, sehr erfreuen, die sich einfach freuen, dass sie beim Spazierengehen nur mal einen Vogel piepen hören, einen Feldhasen, ein Rebhuhn, eine Wachtel oder einen Fasan entdecken.“
Insbesondere von Seiten der Peto und aus den Reihen des Jugendparlaments seien demgegenüber immer wieder Argumente für die massivere Umgestaltung gebracht worden, die in Richtung „Nur Natur ist auch nix“ oder „In der von uns favorisierten Variante ist einfach mehr Pep drin“ gegangen seien, zitiert Werner Goller aus dem Gedächtnis.
Eine mögliche Belebung der Altstadt sehen die designierten Rheinbogenretter nicht. Die dortigen Probleme müssten tatsächlich in der Altstadt und nicht im Deichhinterland gelöst werden. Wobei sich alle darin einig sind, dass der Übergang zwischen Altstadt und Rheinbogen durchaus einer Umgestaltung bedarf. Klaus Glasow, Vorsitzender des Bürgervereins Monheim am Rhein: „Es gibt deshalb aber keinen Grund dafür, das Freizeitareal gegenüber praktisch zu verdoppeln.“ Schon jetzt sei die Stadt kaum in der Lage dem Vandalismus, der Grünpflege und dem Müllproblem im Rheinbogen mit dem vorhandenen Personal Herr zu werden, kritisieren alle Mitglieder des Aktionsbündnisses gemeinsam und verweisen auf unkalkulierbare Folgekosten für die Pflege des vergrößerten Areals, für die es bislang überhaupt keine verlässlichen Schätzungen gebe. Ein entsprechender Antrag, dies doch einmal prüfen zu lassen, war zuletzt an der Mehrheit von CDU und Peto im Fachausschuss gescheitert.
Werner Goller: „All diese Punkte zusammen sehen uns darin bestätigt, dass der Begriff für dieses Aktionsbündnis ‚Rettet den Rheinbogen‘ schon sehr berechtigt gewählt ist.“
Mit einem Bürgerbegehren – wie aktuell in der Schuldiskussion – lässt sich der Rheinbogen jedoch definitiv nicht in seinem heutigen Bestand retten. Das lässt das Planungsrecht nicht zu. Dennoch wollen die Mitglieder des Aktionsbündnisses möglicherweise demnächst auch Unterschriften sammeln, kündigt SPD-Ratsfraktionschefin Ursula Schlößer an. „Einfach um Druck zu machen“, wie alle zusammen betonen.
Werner Goller: „Vor allem aber appellieren wir gemeinsam an die Vernunft der politischen Entscheider und der Bürger, noch einmal über diese Pläne nachzudenken.“ Dabei führt er auch nochmal die geschätzten Baukosten von rund einer Millionen Euro für das Projekt an. Davon würden zwar rund 700.000 Euro vom Land gefördert, doch auch das seien ja letztlich Steuergelder. Hinzu kämen die 300.000 Euro aus der notorisch klammen Monheimer Stadtkasse und die unüberschaubaren Folgekosten.
Das Aktionsbündnis
Die detaillierten Forderungen des Aktionsbündnisses, dem sich bereits der Bergische Naturschutzverein, der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), das Monheimer Frauenforum, der Monheimer Seniorenbeirat, der Bürgerverein Monheim sowie die Parteien SPD, Bündnis90/Die Grünen und Die Linke angeschlossen haben, finden sich im Internet auf www.Rettet-den-Rheinbogen.de. Auch Ratsfrau Lilo Friedrich und die Monheimer FDP bekundeten bereits öffentlich ihre Sympathie für die Anliegen des Aktionsbündnisses.
Autor:Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein |
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