Auch hohle Bäume können lange leben

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In den vergangenen Monaten und auch schon in den Jahren davor haben die Einwohner in Monheim am Rhein erleben müssen, dass wertvoller, alter Baumbestand im Stadtgebiet den kommunalen Kettensägen zum Opfer fiel, weil ihre Stämme im Inneren Hohlräume gebildet haben. Weil man darin die Gefahr von Sturmbrüchen sah, wollte man diesen durch Fällen zuvorkommen. Viele dieser Kahlschläge hätten möglicherweise verhindert werden können, hätte man sich zuvor mit der Physik von Hohlzylindern befasst.

Da zu befürchten ist, dass im Stadtgebiet noch weiterer alter Baumbestand in der Monheimer Altstadt vom Kahlschlag bedroht ist, ist es eventuell ratsam, vor weiteren Aktionen, neben Gartenfachleuten auch Physiker zurate zu ziehen, wie die folgenden Ausführungen zeigen:

(Text: Heinrich Rautenhaus, Marburg)
Bäume sind oft klüger als Behörden glauben wollen - dieser Umstand wird ihnen häufig zum Verhängnis, wenn es heißt: „Der Baum ist innen hohl, also nicht mehr standsicher, er muss gefällt werden, die Verkehrssicherungspflicht gebietet es.“ Doch ein Baum weiß ganz genau was er tut, wenn er es zulässt, dass Pilze und Mikroorganismen ihn innerlich aushöhlen, denn:

Ein Hohlzylinder ist gegen Knickung stabiler als ein massiver!

Und dies aus zwei Gründen:

Zum einen geht dies aus der Eulerschen Theorie der Knickung hervor: Die entscheidende Größe der Knickkraft, unter der ein Stab zerbricht, ist das polare Flächenträgheitsmoment. Wenn die Gesamt-Querschnittsfläche des Stabes A vorgegeben ist, wird dieses am größten, wenn die Abstände r der einzelnen Flächenelemente dA von der Hauptachse des Stabes möglichst groß werden. Dies ist der Fall, wenn die Fläche A die Form eines Kreisringes hat. Der Querschnitt durch einen Baumstamm sollte also die Form eines Kreisringes haben!

Zum anderen hat ein Hohlzylinder gegenüber einem massiven hinsichtlich einer Knickung einen großen Vorteil: Er kann sich unter Biegung verformen! Stellt man sich einen Baumstamm als ein Bündel aus Fasern vor, meinetwegen Spaghetti, und biegt man diesen massiven Spaghettizylinder von sich weg, indem man seine Enden mit den Händen ergreift, so sind es zwei Spaghetti, die die größten Kräfte auszuhalten haben: die eine an der konvexen Seite des Bündels, die von einem am weitesten entfernt ist, erleidet die größte Ausdehnung, während die einem zunächst gelegene die größte Stauchung erleidet. Wenn diese eine Faser jeweils reißt bzw. bricht, so entsteht dadurch ein Keim für Risse und Brüche der angrenzenden Fasern. Das ganze Bündel, der ganze Stamm zerbricht dann sehr viel leichter, so, wie ein Tuch leichter reißt, wenn ich in seinen Rand einen kleinen Schnitt setze. Ist das Faserbündel jedoch innen hohl, ein Hohlzylinder, so plattet es sich unter der Durchbiegung ab, nimmt einen annähernd elliptischen Querschnitt an. Nun ist es nicht mehr nur eine Faser, die die größte Dehnung, bzw. Stauchung erleidet, sondern es ist ein ganzer Streifen benachbarter Fasern. Und diese Fasern sind "gemeinsam stark", die reißen, bzw. knicken nicht mehr so schnell wie eine einzige. Ein hohler Baum vermag also viel größerem Winddruck stand zu halten als ein massiver. Bei alten Bäumen mit ihren hohen und breiten Kronen, die dem Winddruck eine große Angriffsfläche bieten, ist das Hohl-Sein also überlebenswichtig! Gießt man seine Höhlung stattdessen mit Beton aus, so verhindert man diese heilsame Verformung des Stammes und bringt den Baum dadurch um.

Autor:

Kalli Felten aus Monheim am Rhein

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