Zwischen Wahlkampf und Wahrheit

Die SPD Orsoy konnte bei ihrer Wahlkampfveranstaltung am Samstag nur auf die Rheinfähre zeigen. | Foto: Heike Cervellera
  • Die SPD Orsoy konnte bei ihrer Wahlkampfveranstaltung am Samstag nur auf die Rheinfähre zeigen.
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Seit mehr als 100 Jahren pendelt sie täglich zwischen dem links-rheinisch gelegenen Orsoy und dem rechtsrheinischen Walsum. Die Rede ist von der Rheinfähre „Glück auf“. Und nun tauchen Gerüchte auf, der Fährbetrieb solle möglicherweise eingestellt werden.
120 Mal am Tag fährt sie von Ufer zu Ufer. Sie ist das Herz von Orsoy, ohne sie ist Orsoy tot, sind sich die Bürger einig. Denn was so selbstverständlich klingt, ist im Grunde genommen eine Seltenheit, auf die die Anwohner unter keinen Umständen verzichten wollen.
Und doch steht auf einmal dieses große Fragezeichen im Raum, ob der Fährbetrieb weiterhin aufrecht erhalten werden kann. Grund genug für die SPD am letzten Samstag, eine Bürgerinformationsveranstaltung mit Kaffee und Krapfen zu organisieren, die mit dem harmlosen Titel „SPD Orsoy macht sich für den Erhalt der Rheinfähre stark“ daher kam.
Zum Hintergrund: Der Übergang zwischen Straße und Fähr-Rampe ist defekt, dessen Reparatur beim Fährbetreiber, Dirk Nowakowski, liegt. Bis dato liegt ein Angebot zur Behebung der Schäden von 70.000 Euro vor, das nach den aufwendigen Neuerungen der Motoren im letzten Jahr nicht zu bewerkstelligen ist.
Die SPD will helfen und rief die Bürger zusammen, um hierüber zu diskutieren. Dabei sein sollte der Fährbetreiber, so die SPD, der mit den Anwohnern diskutieren sollte. Dass allerdings schon Wochen zuvor eine Vereinbarung mit dem Wasserschifffahrtsamt getroffen wurde, dass die Fähre weiterfahren darf, wurde nicht erwähnt. Dass der Betreiber an der SPD-Veranstaltung gar nicht teilnehmen würde, wurde auch nicht erwähnt. So stellt sich doch hier die ernsthafte Frage, inwiefern es sich hierbei um eine Informationsveranstaltung handelte. In Anbetracht der nahenden Landtagswahlen scheint die Diskussion um den Fährbetrieb ein gefundenes Fressen, um sich dem Bürger nahe präsentieren zu wollen. Denn eines steht fest: Orsoy braucht seine Fähre. Gerade die Gastronomie profitiert von der kurzen Fährverbindung zwischen Orsoy und Walsum. Hunderte Radfahrer kommen dann im Sommer täglich nach Orsoy und genießen den ganz besonderen Charme des Ortes, so Maria Kühn, Inhaberin des Gasthauses „Mütterlein“. Es liegt unmittelbar am Kirchplatz und die Terrasse unter den Linden bewirtschaftet dann viele der Ausflügler. „Ohne die Fähre ist Orsoy tot“, sagt sie und weist gleichzeitig darauf hin, dass auch ihre Existenz damit stark bedroht wäre.
Umso erschreckender, dass die hiesigen Medien vor Ort die Anwohner im Unklaren lassen. Gespräche mit dem Wasserschifffahrtsamt stehen an. Es geht um neue Konzepte und kostengünstigere Alternativen. Hinzu kommt, dass die Behebung der Schäden erst bei einem Wasserstand von 1,70 Meter behoben werden können. Zurzeit steht der Pegel bei vier Metern. In den letzten zehn Jahren hat Fährbetreiber Dirk Nowakowski genau einmal erlebt, dass der Pegelstand so niedrig war, dass der ganze Anleger frei lag. Ein nicht unerhebliches Faktum, das die Dringlichkeit und Aufregung aus der Diskussion um die Einstellung des Fährbetriebes hinausnehmen könnte. Angesichts dieser Tatsachen wirkt der Zeitpunkt für eine Informationsveranstaltung mehr als taktiert und wirft die Frage auf, wo Wahlkampf anfängt und Wahrheit aufhört.

Autor:

Regina Katharina Schmitz aus Dinslaken

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