Das aus des Bergbaus in Kamp-Lintfort - Letzte Förderschicht 21.12.2012
Ein grauer Tag, dieser 21.12.2012, aber ein schwerer Tag für alle Bergleute und auch die Stadt Kamp-Lintfort. Es war nicht 5 vor 12, nein es war 12. An diesem Tag wurde die Förderung des Bergwerkes nach über 100 Jahren eingestellt. Nicht nur der Bergbau auf diesem Bergwerk, nein der Bergbau auf der linken Rheinseite ist mit diesem Tag Geschichte. Zu diesem Anlass hatte das Bergwerk und die RAG geladen. Es erschienen einige Ehemalige, die örtliche Politik, der RAG-Vorstand und die Ministerpräsidentin des Landes NRW Hannelore Kraft. Sie wurden empfangen von Mitgliedern der Grubenwehr, die am „Alten Eingang“ sich aufgestellt hatten. Die Lohnhalle des Bergwerkes war dem Anlass entsprechend ausgeschmückt. Die Wände der Halle waren dekoriert mit Aufnahmen aus der Geschichte des Bergwerkes Friedrich-Heinrich. Begonnen hatte die Geschichte schon Ende des 18. Jahrhunderts, als begonnen wurde das Gebiet zu erforschen und Ländereien aufgekauft wurden. Der Antrag auf Erteilung des Bergrechtes wurde dann 1906 gestellt und man begann mit dem Abteufen der Schächte. Die erste Steinkohle, konnte dann Mitte des Jahres 1912 gefördert werden. Das Bergwerk Friedrich-Heinrich, wie es ursprünglich hieß, war Teil des französischen De Wendel Konzern und wurde mit der Gründung der RAG im Jahre 1969 mit in den Verbund aufgenommen. Bis Anfang der 90er Jahre war das Bergwerk selbstständig und wurde dann als Verbundbergwerk Friedrich-Heinrich / Rheinland weitergeführt. Im Jahr 2002 wurde der Verbund erweitert und das Bergwerk Niederberg wurde mit aufgenommen. Der Name des Bergwerkes wurde nun geändert und es hieß ab sofort Bergwerk West. Im Laufe seiner Geschichte konnte das Bergwerk einige Highlights setzen. 1912 wurde die Steinkohleförderung mit 745 Mitarbeitern aufgenommen und erreichte im Jahr 1957 mit über 8600 Mitarbeitern die höchste Belegschaftszahl. Mit einer Gesamtförderung von über 200 Millionen Tonnen steht das Bergwerk nun an seinem Ende. Anfang der 80er Jahre begann der Anstieg der Förderung mit einer Jahresförderung von 468.000 Tonnen und erreichte seinen Höhepunkt im Jahr 1993 mit 4,17 Millionen Tonnen. Abgeschlossen wird das Jahr 2012 mit rund 2,5 Millionen Tonnen. Aber es gab auch technische Akzente die auf diesem Bergwerk gesetzt wurden. Im August 1958 gab es den ersten vollständig mechanischen Ausbau. In den 80er Jahren dann gab es den ersten Steuerstand der RAG über Tage. Auch wurde zum ersten Mal ein Streb von der Hannovermesse aus gesteuert. Im Jahre 1998 wurde dann das Flöz Girondelle weltweit in über 1000 Metern Teufe mit einem 430 Meter langen Streb hergerichtet. Auch ein Weltrekord ist zu verzeichnen, im März 1998 erzielte die Mannschaft eine verwertbare Tagesförderung von 20.262 Tonnen. All dieses wurde heute nochmals erwähnt um ins Gedächtnis zu rufen, was hier geschaffen wurde.
Gegen 10:30 Uhr wurden dann ausfahrende Bergleute durch die Ehrengäste auf der Hängebank des Schachtes 2 in Empfang genommen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sprach mit den ausfahrenden Bergleuten und sprach ihr Bedauern zur Fördereinstellung aus. Weiterhin nahm sie dazu Stellung gegenüber der anwesenden Presse. Weiter ging es mit dem offiziellen „Festakt“ in der Lohnhalle, der durch den Ruhrkohlechor eröffnet wurde. Danach begrüßte der Werksleiter Karl-Heinz Stenmans die Anwesenden, darunter Abgeordnete des Europäischen Parlamentes, dem Bundestag und dem Landtag. Weiterhin die Vertreter der Stadt, hier besonders den Hr. Bürgermeister Prof. Dr. Christoph Landscheidt, die Bezirksregierung Arnsberg, des Kreises Wesel und der Kirchen. Er begrüßte den Vorstand der RAG-Stiftung Hr. Dr. Werner Müller, Fr. Bärbel Bergerhoff und Hr. Dr. Helmut Linsen, die anwesenden Mitglieder des Aufsichtsrates der RAG und alle Vorstandsmitglieder des Unternehmens. Als Vorsitzenden Hr. Bernd Tönjes, sowie Hr. Eikhoff, Dr. Jürgen Rupp und Peter Schrimpf. Auch begrüßte er die Vertreter der Mitbestimmung, Hr Vassiliadis und Hr. Ladzinski. Zu guter letzt begrüßte er nochmals die Ministerpräsidentin des Landes NRW Hannelore Kraft. Er bedankte sich bei dem Ruhrkohlechor unter der Leitung von Harald Jüngst und bei dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diesen Tag vorbereitet haben. Er sprach von seinem Berufsleben, wie es ihn an dieses Bergwerk gebunden hatte und berichtete, das schon Teile des Bergwerkes an die Hochschule Rhein-Waal übergeben worden sind. Er blickt in die Zukunft und sprach allen aus dem Herzen, das der Standort durch die Schließung profitieren sollte.
Als nächstes sprach Hr. Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der RAG. Er sprach davon das durch die Schließung des Bergwerkes hier am linken Niederrhein eine 150jährige Geschichte auf der westlichen Seite des Rheins zu ende geht. Er sprach über die Geschichte des Bergwerkes und sehe es so, das die Errungenschaften in die Geschichte eingehen.
Dabei sehe er als erstes die bergmännischen Tugenden Kameradschaft und Solidarität, die vorbildliche Sozialpartnerschaft, die Entwicklung der Region. Er sehe die Kultur, Mentalität und Identität dieser Region. Er sagte dass dieses Bergwerk als viertletztes Bergwerk aufgrund der politischen Beschlüsse im Jahr 2007 seine Produktion einstellt.
Nach seiner Rede ließ der Ruhrkohlechor seine Stimmen erklingen und als nächstes sprach Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE. Auch er betonte, dass es ein trauriger Tag in der Region und des deutschen Steinkohleberbaus wäre und betonte dass man die Entscheidung der Politik immer noch für falsch halte. Er erinnerte daran, dass die Bergleute jahrelang Opfer gebracht und auf Einkommen verzichtet haben, damit sie ihren Arbeitsplatz behalten konnten. Er erinnerte daran, dass wenn es nach einigen Politikern mit dem Steinkohlebergbau schon längst zu Ende wäre, wenn man nach vielen Gesprächen im Jahr 2007 eine Kohlevereinbarung getroffen hätte. Ansonsten wäre es ein soziales Desaster geworden. Er bedankte sich für den Einsatz von Hannelore Kraft für die Bergleute und er bedankte sich bei den Mitarbeitern des Bergwerkes West, die bis zum Schluss Kohle fördern, bis zum Schluss ausgebildet haben, das sie auf Sicherheit gesetzt haben obwohl das Ende näher kam. Auch an die Leistung, das es in diesem Jahr 122 Tage ohne meldepflichtigen Unfall gearbeitet hat. Er sprach ihnen weiterhin das Lob aus, das sie vertragstreu und zuverlässig sind. Auch sprach er das Thema der erneuerbaren Energie an und das es nicht richtig sein kann das der kleine Mann dafür gerade stehen muss, wenn es oben nicht richtig läuft. Dann übergab er das Wort an Friedhelm Vogt, der in seiner Rede darauf hinwies, dass es ohne den Bergbau einige Städte gar nicht geben würde, dass er der Bergmann viele Vereine aus der Taufe gehoben habe, die zur heutigen Kultur gehören. Er sprach darüber, dass der Bergbau sich immer an Vereinbarungen gehalten habe. Er fragte aber auch nach, was mit den Subventionen passiert ist, die in den letzten Jahren eingespart wurden, was ist mit den Beihilfen geschehen, wo wurden sie eingesetzt und hat die Region des Niederrheins davon profitiert? Kritische Fragen an die ehemalige Regierung.
Als nächstes trat Hannelore Kraft ans Rednerpult und sprach den Bergleuten ihren Dank aus. Sie sagte, dass sie nach so vielen Vorreden kaum noch etwas sagen könne, da alles gesagt wäre. Wehmut hätte auch ihr Herz ergriffen, wenn sie darüber nachdenkt, was hier zu Ende geht. Sie sei glücklich darüber, dass kein Bergmann ins bergfreie fallen würde.
Das Schlusswort hatte nun der Werksleiter Karl-Heinz Stenmans. Er bedankte sich bei den Anwesenden für die Teilnahme an der letzten Förderschicht und das dieses Bergwerk nach über 100 Jahren würdig verabschiedet würde. Weiterhin bedankte er sich bei der Mannschaft für die geleistet Arbeit und sagte, dass sie großartiges geleistet haben.
Zum Schluss forderte er alle Anwesenden auf, gemeinsam mit dem Ruhrkohle-Chor das Steigerlied zu singen.
Es war ein Abschied der vielen im Herzen weh tat, aber es wird eine Zukunft geben für die Region, für die Stadt Kamp-Lintfort und für die Menschen hier.
Glückauf
Zahlen und Fakten wurden entnommen aus der Mappe der Pressemitteilungen der RAG.
Autor:Armin Mesenhol aus Kamp-Lintfort |
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