Brauchtum im Advent - Vier Wochen der Vorbereitung

„‘Tauet Himmel, den Gerechten: Wolken, regnet ihn herab!’ rief das Volk in bangen Nächten, dem Gott die Verheißung gab.“ Lieder und Gebete voller Erwartung und Sehnsucht sind in den nächsten Wochen wieder in den Kirchen zu hören. Am kommenden Sonntag (27. November) beginnt der Advent.

Die Christen denken an die Ankunft (lateinisch: adventus) Jesu vor 2.000 Jahren und die Wiederkunft Christi am Ende der Zeit. Keine andere Zeit ist derart stark im Brauchtum und Bewusstsein des Volkes verwurzelt wie die Advents- und Weihnachtszeit. Kaum ein anderes christliches Fest ist aber auch stärker verweltlicht als das Geburtsfest Christi: Denn was hat der weißbärtige, oft trottelig wirkende „Weihnachtsmann“ in den Kaufhäusern mit der christlichen Botschaft zu tun?

Anders das Aufstellen des Adventskranzes - dies ist ein ursprünglich evangelischer Brauch: Der Hamburger Pfarrer Johann Hinrich Wichern stellte Mitte des vergangenen Jahrhunderts in dem von ihm gegründeten „Rauhen Haus“, einer Anstalt zur Betreuung gefährdeter Jugendlicher in Hamburg-Horn, erstmals einen Kranz mit 24 Kerzen auf.

Heute finden sich vier Kerzen auf dem Kranz, die nacheinander an den vier Adventssonntagen entzündet werden, um so auf das näher rückende Weihnachtsfest hinzuweisen. In besinnlichen Gottesdiensten und Andachten werden sie in den Kirchen - oft auch in den Familien - entzündet.

Am Fest der heiligen Barbara am 4. Dezember stellt man sich Zweige von Sauerkirschen oder türkischem Flieder, manchmal auch von Kastanien oder anderen Bäumen oder Sträuchern, ins Wasser und an einen warmen Ort. Diese „Barbarazweige“ blühen dann zu Weihnachten. Das vermeintliche Wunder der Natur (Blüten im Winter) soll das Wunder der heiligen Nacht verdeutlichen: In Jesus wird Gott Mensch - die (göttliche) Übernatur nimmt menschliches Fleisch an und erhöht damit die Schöpfung.

St. Nikolaus besucht am 6. Dezember die Kinder. Dieses Gedenken an den Bischof von Myra ist katholischen Ursprungs und wurde von Luther abgeschafft, gehört aber noch heute zum festen Brauchtum in katholischen Gebieten. Der Nikolaus kommt zu den Kleinen und befragt sie, ob sie denn „auch immer brav gewesen“ sind. Knecht Ruprecht, Begleiter des heiligen Mannes, wedelt bedrohlich mit einer Rute, aber letztlich bekommen die Kinder doch das, was sie sich erhoffen: Süßigkeiten und Geschenke. Früher war Nikolaus der Tag der Geschenke, ähnlich wie es noch heute weitgehend in Holland Brauch ist.

Seit dem beginnenden 19. Jahrhundert wird die Nikolausgestalt immer mehr verweltlicht zum „Weihnachtsmann“, der manchmal auch als Überbleibsel germanischer Gottheiten oder als Personifizierung der Natur gedeutet wird, so wie er etwa im Osten als „Väterchen Frost“ bekannt ist. Davon weitgehend unbeeinflusst findet das Nikolausbrauchtum in seiner christlichen Prägung in vielen Gemeinden am Niederrhein, im Münsterland und Oldenburger Land statt.
Großer Beliebtheit erfreuen sich in der Adventszeit die zahlreichen Früh- und Spätschichten, die in den katholischen Kirchen angeboten werden. Junge Christen treffen sich zu früher oder später Stunde zu Meditation, Gebet und Gesang. Symbole der Adventszeit wie etwa Kerzen oder Gestalten der Vorweihnachtszeit wie Propheten oder Maria stehen dabei im Mittelpunkt der Gebetsrunden. Anschließend frühstücken die Teilnehmer gemeinsam oder lassen den Abend bei Tee und Gebäck ausklingen.

Mit Basaren und Hungerbrotaktionen machen die Gemeinden auf die Situation in den Entwicklungsländern aufmerksam und sammeln Geld, um den Menschen helfen zu können.

Neuerdings werden auch Krippen bereits in der Adventszeit aufgestellt, die das Geschehen der Vorweihnachtszeit zeigen: Da steht etwa der Täufer Johannes im Kamelhaar da und ruft zur Umkehr auf oder später wird dargestellt, wie die schwangere Maria ihre Verwandte Elisabeth besucht. In Münster wird etwa in der Kapelle des Clemenshospitals eine solche „Wandelkrippe“ aufgebaut.

Das Stichwort: Advent

Am Sonntag (27. November) feiern die Christen den Ersten Advent. Das Wort geht auf das lateinische „adventus“ zurück, das übersetzt „Ankunft“ heißt und auf das Kommen Christi hindeutet. In dieser Zeit bereiten sich die Christen auf das Geburtsfest Jesu (25. Dezember) vor und denken an die Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten. Die Kirche bezeichnet daher den Advent als eine Zeit „freudiger Erwartung“.

Älteste Spuren für die vorweihnachtliche Vorbereitungszeit finden sich in der jungen Kirche in Gallien und Spanien. Damals begann der Advent bereits am Tag nach dem Martinsfest (11. November). Er hatte mit Blick auf die Wiederkunft Christi einen Bußcharakter, so dass während dieser Zeit gefastet wurde. Seit dem 5. Jahrhundert wurde in Rom durch eine eigene Vorbereitungszeit vor allem die Menschwerdung Gottes hervorgehoben. Erst seit 1570 setzte sich der römische Brauch durch, den Advent am vierten Sonntag vor dem Fest zu beginnen. Im Gegensatz zu früheren Zeiten gilt der Advent nicht mehr als reine Bußzeit, wenngleich etwa die violette Farbe der Messgewänder noch darauf hinweist. Der Schmuck der Kirchen ist in diesen Wochen bescheidener. Mit Früh- und Spätschichten, Vespergottesdiensten, Geistlicher Musik und anderen Feiern bereitet man sich auf Weihnachten vor. Fest verwurzelt sind in dieser Zeit auch die volkstümlichen Bräuche: Adventskranz, St. Nikolaus und Barbarazweige gehören dazu.

23.11.2011 - Verfasst von: Karl Hagemann

Autor:

Friedel Görtzen aus Kamp-Lintfort

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