Modellprojekt Nachbarschaftsbetreuung in Schermbeck
Tanja Pollmann, Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Hünxe/Gartrop-Bühl, hatte auf der Jahreshauptversammlung den Wirtschaftsförderer Friedhelm Koch und den Soziologen Ralf Siegel eingeladen, um das Modellprojekt Nachbarschaftsbetreuung in Schermbeck zu erläutern.
2007 trafen sich über das Thema Demografie Frau Prof. Christel Bienstein, Bürgermeister Ernst-Christoph Grüter und Friedhelm Koch. Schnell war klar, dass man in Zeiten des demografischen Wandels etwas unternehmen muss, damit die zukünftige älterwerdende Bevölkerung möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben kann. Das Modellprojekt Nachbarschaftsbetreuung entwickelte sich und wurde 2009 gestartet. Im Lenkungsrat sitzt der Soziologe Ralf Siegel von der Uni Witten-Herdecke, der sich mit dem Thema „Älterwerden im ländlichen Raum“ beschäftigt, Dr. Hans Amendt von der Klausenhofakademie, Bürgermeister Ernst-Christoph Grüter und Vertreter vom Sozialamt Wesel und Schermbeck. Voraussetzung des Projektes ist die Trägerunabhängigkeit.
Das Nachbarschaftsprojekt Schermbeck hat zur Zeit 17 ehrenamtliche Helfer mit unterschiedlichen Qualifikationen im Einsatz. Die Berater werden geschult. Jeder Berater darf höchstens drei Personen betreuen. Drei Personen ist aber schon eine Herausforderung. Die Berater sind beratend und vermittelnd tätig. Wenn Kinder vorhanden sind, sollen diese auf jedem Fall mit einbezogen werden. Nach Möglichkeit soll der Berater in dem Ortsteil der zu Betreuenden wohnen und dort über eine hohe Akzeptanz seiner eigenen Person in diesem Ortsteil verfügen. Der Berater soll über die soziale Kompetenz verfügen, Hilfebedarf zu identifizieren und Problemlösungen anzubieten und muss den Betreuenden auch von dem Wert der Notwendigkeit der Kostenübernahme überzeugen können. Er soll Hilfsangebote realisieren, indem er sie prüft und begleitet. Er soll Zugang zu relevanten sozialen Anbietern herstellen, wie z. B. Kirche und Vereine, und die Angebote für neue haushaltsnahe Dienstleitungen erschließen lassen. Dabei hilft dem Nachbarschaftsberater auch das Beraterbüro.
Das Projekt ist präventiv tätig. Jeder Bürger, egal wie alt, darf die Hilfe und die Beratung in diesem Projekt kostenlos in Anspruch nehmen. Netzwerke werden gepflegt und ein buntes Programm für die Freizeitgestaltung angeboten.
„Demenz Cafe“, privatwirtschaftlicher Senioren-Fahrdienst und Telefonkette sind nur einige Beispiele, was das Projekt schon auf die Beine stellt, immer in Zusammenarbeit mit vielen anderen Organisationen.
Nun stellt sich die Frage: „Macht es denn Sinn?“
Zahlen für Schermbeck – betreffend 2010
2907 Bürger waren 65 Jahre alt oder älter. Dies entsprach 21,24 % der Gesamtbürgerschaft.
Im Sozialamt Schermbeck wurden davon 37 Bürger in Altenpflegeheimen versorgt, die Leistungen nach dem SGB XII und Pflegewohngeld erhalten haben. Dies machte 693.000 Euro aus. Für Schermbeck bedeutet dies 1.537 Euro pro Monat pro Person.
Erwartungszahlen für Schermbeck – hochgerechnet für 2030 basierend auf den Zahlen aus 2010
4150 bis 4500 Bürger sollen 65 Jahre alt oder älter sein. Dies entspräche 31 % der Gesamtbürgerschaft.
Wären dann nur 65 Personen davon in Altenpflegeheimen zu versorgen, die Leistungen nach dem SGB XII und Pflegewohngeld erhielten, mit geschätzten Kosten von 2.040 Euro pro Monat pro Person, würden Kosten in Höhe von 1.326.000 Euro pro Jahr der Gemeinde anfallen.
Die Kosten für das Nachbarschaftsprojekt kommen zustande, weil eine Halbtagsstelle für ein Beratungsbüro eingestellt wurde, Schulungen für die Nachbarschaftsberater bezahlt werden müssen und jeder Berater 30 Euro pro Monat erhält.
Die Kosten des Nachbarschaftsprojektes nur für die Gemeinde Schermbeck belaufen sich auf 60.000 bis 70.000 Euro. Für drei Kommunen, inklusive Hünxe und Hamminkeln, käme man auf 140.000 Euro, wenn man die zu erwartenden Fördermittel aus Brüssel berücksichtigt.
Die Förderung von 20.000 Euro im Jahr an das Nachbarschaftsprojekt wurde vom Kreistag nicht genehmigt. Der Rat von Schermbeck will weiterhin das Projekt unterstützen, da mit Hilfe der Nachbarschaftsberater viele Ältere gar nicht in die Lage kommen, in ein Altenpflegeheim einziehen zu müssen.
Zitat Bürgermeister Ernst-Christoph Grüter: „Sofern nur eine einzige Person in Schermbeck durch die Unterstützung der Nachbarschaftsbetreuung nicht in die stationäre Versorgung eintreten muss, sind die Projektkosten im Haushaltsjahr bereits refinanziert.“
Autor:Adelheid Windszus aus Hünxe |
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