Kommentar
Gefangen im Sommerloch – Der lebensferne Unsinn mit der „Fleisch-Steuer“

Foto: pixabay

Zuallererst: Ja, Billig-Fleisch aus der Massentierhaltung zu Discounter-Preisen ist definitiv zu günstig. Ebenso sind die Zustände in der Massentierhaltung eine absolute Katastrophe. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden.

ABER: Eine Mehrwertsteuer-Erhöhung auf 19 statt bisher 7 Prozent bei Fleisch wird weder die miesen Zustände in der Massentierhaltung verbessern noch zum Klimaschutz (ja, die Fleischproduktion ist ein großer CO²-Verursacher) beitragen.

Die „Fleisch-Steuer“ ist regressiv; d.h. sie wird vor allem zu einer Mehrbelastung für geringe bis mittlere Einkommen führen. Sie ist sozial ungerecht und verlagert das Problem lediglich vom Verursacher, den großen Mastbetrieben und der bisherigen Subventionspolitik, zum Verbraucher – ohne etwas am Problem zu ändern. Denn Steuern sind nicht zweckgebunden; sie werden eben nicht in den Umbau der Massentierhaltung fließen. Und wer will denn das überhaupt im Finanz- sowie im Landwirtschaftsministerium kontrollieren? So viel Ehrlichkeit gehört dazu.

Die Verantwortung der Mastbetriebe – Nicht der Verbraucher

Und überhaupt: Die großen Tierzuchtbetriebe müssen den Umbau für eine angemessene Tierhaltung selber sorgen. Es ist Aufgabe des Staates per Gesetz, Kontrollen und Sanktionen für annehmbare Zustände zu sorgen; die Betriebe habe dies umzusetzen. Dies würde natürlich ein Landwirtschaftsministerium voraussetzen, welches sich gegen den Lobbyismus durchzusetzen vermag.

Wenn dadurch das Fleisch nicht mehr in diesen Mengen produziert werden kann und schließlich markt-bedingt teurer wird, gut so! Ich persönlich kaufe ohnehin beim Metzger meines Vertrauens eher teureres und qualitativ hochwertigeres, dafür aber auch weniger Fleisch.

Die Sache mit dem Staat und dem Markt

Wenn die Betriebe diese Umstellung nicht leisten können, denn wird der Markt den Rest zuverlässig regeln. Dafür brauchen wir jedoch keine Steuer und keine Subventionen. Denn es besteht keine Garantie, dass die großen Betriebe auch tatsächlich umrüsten. Und im Übrigen werden dann Billig-Massenfleisch und hochwertigeres Fleisch aus der Bioland-Aufzucht gleichermaßen mit 19 Prozent Aufschlag besteuert. Die Leute werden also trotzdem weiterhin Billig-Fleisch im Discounter kaufen, weil sie auf jeden Cent im Geldbeutel achten.

Will man das Problem lösen, so brauchen wir keine Steuer, sondern einen starken Staat. Denn der hat eine Ordnungsfunktion in unserer sozialen Marktwirtschaft und muss die Betriebe selbst in die Pflicht nehmen statt das Problem als Steuer auf die Verbraucher umzuwälzen. Diese Alibi-Politik trägt nicht zum Tierwohl und erst recht nicht zum Klimaschutz bei.

Aber Morgen wache ich dann auf und das nächste Sommerloch-Thema wird durch’s Dorf getrieben.

Autor:

Jan Scholte-Reh (SPD) aus Hünxe

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