Alfred Grimms Kunstwerk zum Gedenken an den Anschlag auf das Asylbewerberheim in Hünxe
„Was ich am Donnerstag, dem 3. Oktober 1991, an dem der Brandanschlag auf die Wohnung von Familie Saados von jugendlichen Tätern aus Hünxe verübt wurde, gemacht habe, weiß ich heute nicht mehr.“
Alfred Grimm hat das unfassbare Attentat dennoch in genauer Erinnerung: „In den Printmedien und im Fernsehen wurde über diese grausige Tat ausführlich berichtet. Manche Künstler rennen ja sofort ins Atelier, fertigen Arbeiten an, und geben ihrer momentaren Beklemmung unmittelbaren Ausdruck. Das kann ich nicht.“
Alfred Grimm lässt solche schicksalhaften, tragischen Ereignisse, die sich ja in dieser Welt häufig genug ereignen, erst einmal sich absetzen, verdichten und wartet ab, was sich in seiner Vorstellung entwickeln wird. Manchmal formt sich gar nichts zu einem brauchbaren Bild, manches drängt erst nach längerer Zeit zu einer künstlerischen Klärung.
Als der Kunstverein St. Wendel Alfred Grimm zu einer Ausstellung zum Thema „Ausländerfeindlichkeit“ einlud, hat er den Hünxer Brandanschlag in einem kleinen Objekt „Fenster aus H.“ bearbeitet. Es wurde Ende November fertig und in St. Wendel im Saarland ausgestellt.
Erst im Frühjahr 1992 entwickelte und gestaltete sich der Hünxer Brand-anschlag zu einer umfassenden Aussage.
„Nach mehreren Monaten der Klärung ergab sich ein Objekt, das zu den größten Arbeiten gehört, die ich überhaupt gemacht habe.“ Das „Asylantenkreuz“ hat mit den Maßen 2 Meter x 1,40 Meter x 0,50 Meter eine raumgreifende, demonstrative Wirkung. Dargestellt ist ein großer Mauerblock aus Ziegelstein und Sockel mit einem Fenster zur Frontseite. Die Scheiben des Fensters sind zerstört, Qualm und Ruß haben Fenster und Wand dunkel gefärbt. Die Gardine ist zerrissen. Innen brennt eine einfache Glühbirne.
Ein kleines Kruzifix liegt auf der Fensterbank. Scherben, Wurfsteine und zerschlagene Flaschen bedecken den Boden. Die ganze Szene ist abstoßend-schmutzig erfasst. Erschütterung und Getroffensein des Betrachters bleiben nicht aus.
„Das Werk wurde seit 1992 nur einmal ausgestellt,“ sagt Alfred Grimm, „und zwar – in Hünxe selbst. Das damalige unmenschliche Ereignis hat in dem Werk eine gültige Form erhalten.
Christi Grablegung
1997 schuf Grimm ein Großobjekt, das bisher noch nicht einmal den Weg in eine Galerie oder ein Museum fand, so spektakulär sind Inhalt und Form. Das Objekt „Christi Grablegung“ mit den Maßen 1,80 m x 1,00 m x 0,75 m reflektiert den Tod von Christus nicht als historisches Ereignis, sondern als Geschehen in unserer Zeit. Das Grab ist keine tiefe Höhle mehr, deren Öffnung mit rundem, rollbarem Verschlussstein versperrt wird.
Die drei Frauen werden in heutiger Zeit Christus nicht mehr in naturnaher Umgebung suchen, sondern ihn gekühlt im Leichenschauhaus auffinden. Klinische Gegenstände, wie Napf mit Blut und drei Nägeln, Wischer und Wassereimer mit Inhalt, Apparaturen und Brause ergänzen und vervollständigen die Szene zu einem sterilen, kalten und nüchternen - aber religiös begründetem - Pathologieereignis. Blinkt dann noch Warnlicht auf, beleuchtet eine kaltstrahlende Lampe das Objekt und ertönt Musik aus dem Lautsprecher, dann wird eine packende Wirkung auf einen Betrachter nicht ausbleiben.
Diese Probe werden ab Mitte November die Museumsbesucher im Nidwaldner Museum in Stans in der Schweiz hautnah erleben können. Nach Ausstellungen in den Niederlanden, Luxemburg und Frankreich wird dies die vierte ausländische Ausstellungsbeteiligung mit Werken von Alfred Grimm in Europa sein.
Alle Objekte wurden inzwischen verpackt, die komplizierten Zollformalitäten werden noch geklärt, bevor es dann in diesem Monat zur Ausstellung in die Schweiz geht. Wie die grimmschen Kruzifixobjekte dann zur Weihnachtszeit (!) von den schweizer Kunstfreunden aufgenommen werden, das wird sich von Mitte November bis Ende Februar 2012 zeigen. Wie oft schon bei Ausstellungen von Alfred Grimm kann man auf heftige, laute und markante Proteste gespannt sein.
Autor:Lokalkompass Kreis Wesel aus Wesel |
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