Urlaub überflüssig - Kleingärten sind Paradiese für die ganze Familie

Parzelle 75 ist das Domizil nach Arbeit und Schule für Sonja und Guiseppe Monteleone, Tochter Stefania(8) und Sohn Jan-Luca(16).
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  • Parzelle 75 ist das Domizil nach Arbeit und Schule für Sonja und Guiseppe Monteleone, Tochter Stefania(8) und Sohn Jan-Luca(16).
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Von St. Reimet

Eine „Kleingartenanlage mit parkähnlichem Charakter“ zu schaffen war im Jahre 1974 das Anliegen bei Gründung des Kleingartenvereins "Am Oelpfad". Das ist gelungen, darf heute behauptet werden. Der Anteil der Freifläche mit Spielbereichen ist größer als in den meisten anderen Anlagen. Alle Parzellen sind verpachtet und mit der Gemeinschaft der Kleingärtner ist Vorsitzender Horst Breer sehr zufrieden.

Nichts ist so sicher wie der Wandel. Das spürt auch ein Kleingärtnerverein, in der Zusammensetzung seiner Mitglieder. Die 84 Parzellen werden von etwa 150 Laubenpiepern bewirtschaftet. Immer höher wird der Anteil ausländischer Familien. Insbesondere der Rußland-Deutschen. „Die Gärten sind auch klasse“, muss Horst Breer anerkennen. Man spüre die große Motivation, möglichst viel Gemüse und Obst aus dem Land herauszuholen. „Sie haben den grünen Daumen.“ Wünschen würde er sich, dass sie sich auch an Gemeinschaftsaktionen beteiligten.
In der Anlage mit insgesamt 75000 Quadratmetern machen die Gärten mit etwa 30000 Quadratmetern einen fast kleinen Anteil aus. Die Pflege der Freiflächen braucht Zeit und Einsatz der Laubenpieper, da überlegen manche. In den vergangenen Jahren hat sich das Durchschnittsalter der Pächter verjüngt auf jetzt etwa 50 Jahre. Das älteste Laubenpieper-Paar ist über 90 Jahre alt und bewirtschaftet den Garten alleine.
Etwa ein Drittel der Gartenfläche soll bewirtschaftet werden, so sieht es das Kleingartengesetz vor. Was einen Richtwert darstellt. „Ältere Pächter können das Land natürlich nicht mehr so beackern wie junge Familien.“ Aber auf einen Mindestanteil an Obst- und Gemüseanbau legt die Gemeinschaft Wert. Einen Platz an der Sonne haben fast alle Gärten. Darauf achteten die Planer, die nach Gründung des Vereins mit der Konzeption und Umsetzung der Vorstellungen zunächst ihre Mühe hatten. In Königsborn und Fröndenberg holte man sich Tipps, wie Wege, Gemeinschaftsflächen und technische Anlagen zu errichten sind. Wasser hatte die Anlage anfangs gar nicht. Mit Eimern musste es aus dem Natorper Bach geholt werden. Der Anschluss an das Stromnetz erfolgte erst 1981. In mehreren Abschnitten wurden die Lauben erstellt. Einen besonderen Motivationsschub gab im selben Jahr der Sieg im Bundeswettbewerb für Kleingartenanlagen unter dem Motto "Gärten im Städtebau". Viele Auszeichnungen sollten folgen.

Nische für Natur

Viel später erst kam das Vereinsheim am Haupteingang hinzu. Nach Baubeginn investierten die Mitglieder 4000 Arbeitsstunden innerhalb eines Jahres.
Die Kleingartenanlage war von Anfang an eine Nische für die Natur. Markant ist die ausladende Eiche, bei der Schätzungen zwischen 100 und 150 Jahren variieren. Die Wege sind begrenzt durch Trockenhecken und Natursteinmauern. Alter Baumbestand spendet Schatten, Blumenwiesen und Teiche lassen den Besucher fast durch einen Park wandeln. Schon regelmäßig, zehn Mal in 20 Jahren, gewinnt die Anlage den Preis "Rote Azalee", die höchste Auszeichnung für Kleingartenanlagen im Bezirk Hamm - Kreis Unna. 

„Wie eine Reha“

Sie sagt es nicht so, aber stolz ist sie auf die prallen Fleischtomaten in dem kleinen Gewächshaus ihres Kleingartens. „Jeden Tag kommen wir hierhin, nicht nur zum gießen“, erklärt Sonja Monteleone aus Holzwickede. "Laube 75" ist das Domozil der ganzen Familie. Seit drei Jahren sind sie im Verein aktiv. Ihre Mietwohnung hat zwar einen Balkon, einen richtigen Garten vermisste aber Sonja Monteleone ebenso wie Ehemann Guiseppe. Die Grünfläche ist ein Stück weit „Urlaubsersatz“. Direkt nebenan hat ein weiterer Teil der Familie sein Grundstück, häufig wird gemeinsam gegrillt und gefeiert. „Für die Kinder ist es toll“, strahlt Sonja Monteleone. Der Rasen genügt zum Spielen, Sohn Jan-Luca(16) und Tochter Stefania(8) helfen auch gerne beim Gemüseanbau mit, der einen großen Teil der insgesamt 400 Quadratmeter einnimmt. Sellerie, Chinakohl, Salate, Erdbeeren, Tomaten und Grünkohl wachsen stattlich, der Boden ist sehr fruchtbar. Die Pflege einschließlich Unkraut jäten ist für Sonja Monteleone der Ausgleich zu ihrer Arbeit im Supermarkt. „Und es ist kein Druck dahinter, man macht so wie man möchte.“
„Wie eine Reha“ ist der Garten für Familienvater Guiseppe.  Als Gabelstaplerfahrer bei derselben Lebensmittelkette wie seine Frau beschäftigt, ist er acht Stunden täglich in kühlen Lagerhallen unterwegs. Danach genießt er den Feierabend an frischer Luft und Sonne. Und schmunzelt: „Hier ist mein Nebenjob.“ Der Italiener bewirtschaftete vor 35 Jahren in seiner Heimat selbst ein kleines Feld. „Damals haben wir alles per Hand gemacht. Hier ist das alte Gefühl wieder da.“ Seine Freude am Kleingarten geht soweit, dass er sich als Beisitzer im Vorstand engagiert. 
Der Ertrag ist meist höher, als der Bedarf. „Man verteilt unter der Familie auch viel.“ Im Winter gibt es keinen Stillstand. Zu reparieren oder renovieren gibt es immer etwas.

Info
Der Weg zum Kleingarten
Bei Kündigung eines Gartens führt eine Bewertungskommission die Wertermittlung für das Grundstück mit Haus, Bepflanzung und sonstigen Anlagen durch. Der festgestellte Preis, meist um 3000 Euro, muss bezahlt werden. Wobei der Verkäufer im Preis nach unten gehen kann. „Jedem Gärtner ist seine Laube viel mehr wert“, weiß Horst Breer.
Der Mitgliedsbeitrag von 106 Euro (Familie) umfasst eine Versicherung und die Verbandsabgabe. Die Gesamtkosten pro Jahr mit Nebenkosten (Strom, Wasser etc.) belaufen sich auf etwa 350 Euro.

Im nächsten Jahr planen die Kleingärtner eine Silvesterfeier.  

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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