Neues Klanggewand für Kirchen
Tontechniker ließ es rauschen im KIrchenschiff: Neue Lautsprecher, Sitzpolster und Hungertücher aus Namibia sollen Akustikauch für Panikfall verbessern
Weil das Wort Gottes auf den hinteren Kirchenbänken manchmal kaum ankommt, beauftragte die Ev.Kirchengemeinde Königsborn jetzt einen professionellen Akustiker. Mit Pistole und Pegelmessgeräten kam bislang wohl noch kein Besucher in die Gotteshäuser.
Hall- und Lautstärkepegelmessungen haben ganz pragmatische Gründe. Abgesehen von einer möglichst deutlichen und klaren Akustik beim Kirchgang steht die Sicherheit der Besucher oben an. Sollte es zu einer Panik kommen, muss das Geräuschniveau von einer zeitgemäßen Lautsprecheranlage verständlich übertönt werden. „Da ist die Paul Gerhardt Kirche grottenschlecht“, erklärt Frank Chilinski, der als Akustiker beim Norddeutschen Rundfunk arbeitete. „Der Maximalpegel reicht nicht für den Notfall“, stellt er fest. Der Diplom-Nachrichtentechniker nimmt im Auftrag der evangelischen Landeskirche die Messungen vor und nutzt dazu hochempfindliche Nachhallmessgeräte. Um ankommende Pegel zu messen, lässt er es kräftig rauschen im Kirchenschiff. Was wie „Wellensalat“ aus dem Radio klingt, dient als Basis für die Analyse. Ein Ohrschützer bewahrt den Studiotechniker vor Schäden. Der Profi verlässt sich aber nicht nur auf die Werte der Messgeräte. „Erst mal höre ich selbst.“
Lautsprecheranlagen aus den 60/70er Jahren müssen häufig teuer ersetzt werden. Besser klingt es da in der Christuskirche. Adhoc-Vorschlag des Klangprofis: Dickere Polster für die Sitzbänke und schallschluckendes Material unsichtbar unter den Kirchenbänken schlucken den Schall. Der Kirchenvorstand denkt an auch Gobelins oder traditionelle Tücher aus der befreundeten ev.-lutherischen Gemeinde Namibia, die an den großen Wandflächen der Kirche hängen könnten. „In der Paul-Gerhardt-Kirche kommen wir auf rund 70 Quadratmeter Sitzpolster. Da wartet viel Eigenarbeit auf uns“, ist Ralf Kautz vom Kirchenvorstand überzeugt. Mit rund 2500 Euro rechnet die Kirchenverwaltung hier. Finanziert werden die Maßnahmen über das "Freiwillige Kirchgeld". Gebäudetechnische Veränderungen dürften in der historischen Kirche am Friedrichborn nur in sehr begrenztem Maße und nach Absprache mit dem Denkmalschutz vorgenommen werden.
Die Akustik-Messungen bilden die Basis für Gutachten der beiden Kirchen. In zwei Wochen erhält die Gemeinde dann konkrete Verbesserungsvorschläge. Dass die nächste Christmette auch für die hintersten Ränge angenehm klingt, da darf die Gemeinde zuversichtlich sein. Schließlich passte Frank Chilinski u.a. dem Hamburger Michel, der Erzbistumskirche sowie der Pauluskirche in Hamm ein maßgeschneidertes Klanggewand an.
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.