70 Amateurfunker in Kamen und Unna sind fleißig am Sender - Religion und Politik sind tabu

Australien ist nur einen Dreh entfernt, wenn sich Stefan Müller (38) an sein Funkgerät setzt. Aber er muss Glück haben, denn wenn hier die Spätnachrichten laufen, kräht in Perth erst der Hahn. Kein Problem für Amateurfunker DD1DY aus Opherdicke, dann sendet er halt um 11 Uhr mit seiner 70Watt-Anlage und nimmt Kontakt auf. “Irgendeiner ist immer da.“ Das gilt für alle 70 Mitglieder im Ortsverband O12 Kamen-Unna des Deutschen Amateur-Radio-Club.

Infiziert mit dem Funkervirus wurde Stefan Müller durch DJ3IP; Der Code steht für Otto Spielfeld, ein langjähriger Funker, einige hundert Meter von Müller entfernt. Als 16-jährigen führte der ihn an das Hobby mit Mikrofon, Verstärker und Antenne heran. Seine erste Lizenz erwarb der Schüler bei der Oberpostdirektion Dortmund. Schaltkreise, Oszilloskopkurven, aber auch Rechte und Pflichten des Funkers büffelte er. Dazu gehört etwa, dass im Äther Gespräche über religiöse oder politische Themen tabu sind. „Das wird in vielen Ländern auch stark kontrolliert“, weiß Müller. Darunter die ehemalige DDR, dort war der Meßdienst besonders auf der Hut. Zwei Stunden vor Auflösung der Deutschen Demokratischen Republik machten Funker weltweit jedoch einen Wettbewerb daraus, wer die meisten Kontakte zu Sendern aus der Zone sammelte. Rund 30 Stück waren es bei Stefan Müller. Er schickt Briefe an die Sender und erhält Antwortkarten, sog. QSL-Karten, zurück. Mehr als tausend hat er gesammelt, darunter Japan, China, USA, Australien. Dort lebt auch ein Funkerfreund von Stefan Müller. „Technisch besser ausgestattet, das habe ich gesehen.“ Einer Einladung folgend besuchte er den Kollegen auch. Aber die Gerätschaft ist nicht alles, betont Stefan Müller. Es gebe viele Minimalisten, die mit selbstgebastelten 15,-Euro-Anlagen durchaus brauchbare Verbindungen herstellen. Die CB-Funker sind jedoch wieder eine andere Klasse für sich. Mit den CB-Kaufgeräten, Eigenbau verboten, sind sie auf einem begrenzten Frequenzband unterwegs.
Überflüssig in Zeiten von Handy und mobilem Internet ist der Funkbetrieb längst nicht. Wo das Mobiltelefon im Funkloch ist, hält der UKW-oder Kurzwellen-Funker dank Satellit Kontakt. Und selbst die Satelliten bauen die Amateur-Radio-Funker selbst. In Marburg und Bochum, bei den Betreibern des Kaminski-Teleskops, entstehen die High-Tech-Trabanten, die mit ESA-Raketen auf ihre Umlaufbahn gebracht werden.
Selbst ein weitreichender Stromausfall macht den Funkern wenig aus. Netzknotenpunkte und Relaisstationen sind meist autonom, Kontakt mit Feuerwehr und THW immer möglich.
Geräte kaufen und loslegen geht aber nicht. Mit der Einsteiger E-Lizenz dürfen Sender bis 10 Watt betrieben werden auf eingeschränktem Frequenzband. Interessanter ist die A-Lizenz für Fortgeschrittene. Umfangreiches technisches und rechtliches Wissen ist erforderlich, um Anlagen bis zu 750 Watt betreiben zu dürfen.
Erhöhter Funkverkehr zum Fest
Weil die Amateurfunker dann besonders viel Zeit haben drehen zur Weihnachtszeit viele am Empfangsknopf. Mit guten Wünschen bedacht werden in erster Linie die Freunde, die bereits QSL-Antwortkarten schickten.
Weihnachtswettbewerb der Kurzwellenfunker
Schnelles Reagieren auf Funksignale steht im Vordergrund beim DARC-Weihnachtscontest. Eine angerufene Station macht nach Kontakt sofort die Frequenz wieder frei für den nächsten, die Rufe müssen exakt aufgenommen und notiert werden. "Ein Anlass, viele Bekannte im Äther wiederzutreffen", erklärt Funker Hans-Erwin Röder, der seit 45 Jahren um die Welt funkt. Urkunde und Kurzwellenpokal winken dem Sieger der Clubmeisterschaften zum Saisonabschluss. Teilnehmen können lizensietre Funker. Weitere Infos: darc.de/referate/dx/contest/xmas/
Als Stefan Müller an der Feinabstimmung seines UKW-Empängers dreht, lässt sich ein Italiener vernehmen. Krächzen und Rauschen blendet Stefan Müller aus und hat glasklaren Empfang. Wenn er mit ihm ins Gespräch kommt, schickt er vielleicht eine Nachricht und erhält bald seine nächste QSL-Antwortkarte. Auf jeden Fall sendet er 7355: "Alles Gute und einen schönen Tag".

Die Funker im Ortsverband O12 des DARC Unna, der Mitglieder zwischen elf und 80 Jahren hat, treffen sich jeden Freitag, 20 Uhr, in der Schule an der Heerener Straße 205, Kamen-Heeren. Weitere Informationen unter www.o12.de oder grube@o12.de.

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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