Müll und Öffentliches Grün im Wildwuchs - "Grüner Tisch" will Bürger in Pflege einbeziehen
"Unter aller Würde"
Auf der Strecke bleibt in dieser Zeit auch die Grünpflege. Auf seinen Rundgängen durch die Gemeinde fiel Klaus und Monika Pfauter auf, wie sehr Wildwuchs und vernachlässigte Beete mittlerweile das Bild der Gemeinde prägen. Der Pflegestand sei „so gewollt“, erfuhr er auf Anfrage beim Baubetriebshof.
„Aber wir Bürger möchten das nicht“, erwidert Klaus Pfauter. Der beauftragte Gärtnerbetrieb habe offenkundig kein Fachpersonal. Beobachten konnte Pfauter vom Fenster seiner Wohnung aus, wie Personal an einem Gebüsch angelernt wurde. „Jeder bekam eine Heckenschere und legte los. Die haben keine Ahnung von Gartenpflege.“ Wie Laien seien die „Grünpfleger“ durch die Straßen gezogen und hätten ohne Fachkenntnis nur runtergeschnitten. „Die Natur kann so schnell gar nicht nachwachsen.“ Im Urlaub in Niedersachsen habe er mit seiner Frau gesehen, wie Ortspflege auch funktionieren könne. „Alles sehr sauber.“
Oben "hui"
Dem Durchfahrenden präsentiert sich Holzwickede entlang der Hauptstraßen mit prächtigen, stets gewässerten „Blumenampeln“. Wer an den Laternen aber einen Blick nach unten wirft ist enttäuscht. Verkrüppelte Rosen und wildwachsende Büsche, Bäume mit wild wuchernden Wassertrieben, die dem Gehölz zusätzlich das dringend benötigte Wasser entziehen. Rücksicht auf den Rhythmus der Ökologie wünscht sich Pfauter. Denn trotz Trockenheit würden Büsche geschnitten, die Natur könne das nicht aufholen. Wo Gras wachsen sollte ist alles überwuchert. Vernachlässigt sind auch öffentliche Beete. Zwischen Markt und Goethestraße wurden kürzlich simple Holzpfähle mit Draht gesetzt. Das Holz ist teils abgebrochen, das Beet in einem desolaten Zustand. Ein ähnliches Bild am großen Spielplatz Kirchstraße. Seit langer Zeit ist der Lattenzaun auf rund zehn Meter umgekippt und verrottet. Pfauter: „Auch im Park findet kaum Pflege statt.“
Sein Vorschlag lautet, die Bürger mit einzubeziehen und zur tätigen Hilfe anzuregen. „Es ist kein Geld da. Bislang bekommt das eine Firma, die nur wegschneidet und nicht pflanzt.“
Sponsoren gesucht
Dabei ist Klaus Pfauter klar, dass er als privater Initiator nicht weit kommen wird und Unterstützung benötigt. Mit Bürgermeisterin Ulrike Drossel besprach er die Situation und regt jetzt eine „Grünen Tisch“ an, der allen Beteiligten die Möglichkeit für Verbesserungsvorschläge gibt. Am Anfang soll eine Bestandsaufnahme stehen, welche Bereiche besonders betroffen sind. Neben Verantwortlichen für die Gemeinde- und Grünpflege sollen auch Vertreter der Verwaltung und mögliche Sponsoren, etwa die örtlichen Geldinstitute und Unternehmen, dabei sein. Grünes Licht erhielt er bereits für den Vorschlag, die Pflege über Geldspenden mitzufinanzieren. „Grünes Geld“ könnte die intensivere regelmäßige Pflege öffentlicher Grünbereiche erleichtern. Wann der „Grüne Tisch“ erstmalig zusammenkommt steht noch nicht fest, vermutlich aber nach den Sommerferien.
Blaue Blätter
In der Strauch-, Beet- und Baumpflege siehtKlaus Pfauter aber nicht die einzigen „Baustellen“ im „Gemeindebild“. Fast täglich ist er unterwegs und sammelt Müll und Unrat aus den Sträuchern. Im blauen Sack landen Unmengen an Mundmasken, besonders im Umfeld der Einkaufsbereiche. Der Schutz wird bereits wenige Meter nach Verlassen des Geschäftes einfach fortgeschmissen, wobei der nächste Abfalleimer nur wenige Meter entfernt ist. Zu Beginn der Pandemie waren es die Handschuhe, jetzt die Einmalmasken. Jürgen Pfauter: „Das ist so egoistisch.“
Streit
Für sein Engagement erhält Klaus Pfauter, der bereits viele Verbesserungen wie etwa den Bücherschrank oder Seniorenbänke anregte, viel Zuspruch von Bürgern. Vor einigen Tagen passierte ihm allerdings ein unangenehmer Zwischenfall. Als er eine der Sitzbänke von Krähenkot reinigen wollte saßen zwei „Tippelbrüder“ darauf, die freundlich bat kurz aufzustehen. Einer der beiden schimpfte wie ein Rohrspatz und beleidigte Pfauter mit Schimpfwörtern. Der Streit eskalierte und als Pfauter mit dem Reinigen begann schüttete er ihm seinen Kaffee ins Gesicht. Zeugen schimpften zwar über en Vorfall, griffen aber nicht ein. Durch den Vorfall lässt sich der Holzwickeder aber in seinem Einsatz für ein angenehmes Ortsbild Holzwickedes nicht bremsen.
Kommentar
Eine Frage der Lebensqualität
Wer der durch unsere Gemeinde radelt hat einen Eindruck von „Herbststimmung“. Blattwerk liegt seit Wochen in und um die Beete, wo es nicht ungezügelt auf Bürgersteig oder Straße wuchert vertrocknen Pflanzen gleich welcher Größe. Aus Regenmangel tragen die Bäume Trauer. Und zwischendurch immer mal Joghurtbecher, Trinkflasche oder Mundtuch. Ja, auch hier spiegelt sich unser Umgang mit Natur und Umwelt, die für viele an der eigenen Gartengrenze aufhört. Wucherndes Grün hat nur bedingt etwas mit „Natürlichkeit“ zu tun. Für gesundes, langfristiges Wachstum gehören Pflanzen beschnitten, fachgerecht und zur passenden Zeit. Dass Corona auch die Gärtnerbetriebe getroffen hat ist anzunehmen. Aber wenn eine Gemeinde gutes Geld für Leistungen bezahlt, darf eine fachgerechte Leistung erwartet werden und nicht nur ein „Reinhalten der Heckenschere und des Laubbläsers“. Gegen die Trockenheit kann niemand mehr angießen, der Zug ist abgefahren, sonst fehlt bald Trinkwasser.
Mit einem „Grünen Tisch“ auf das Problem aufmerksam zu machen und vielleicht Sponsoren und verantwortungsbewusste Bürger zum Mittun zu bewegen ist wieder ein bemerkenswerter Versuch von Klaus Pfauter, unsere Gemeinde ein Stück lebenswerter zu machen und Wohnqualität zu erhalten.
Stefan Reimet
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
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