Baugebiet "Nordstraße" - Hotspot in Massens Keimzelle?
Das größte Massener Neubaugebiet “Nordstraße” ruft nicht nur Archäologen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe auf die Ackerfläche. Wo einst der 6.200 qm-Nutzgarten der Hofstelle lag, kreuzen sich sog. "psitive Kraftlinien". Von einer dauerhaften Wohnnutzung rät der VHS Arbeitskreis Massener Ortsgeschichte hier ab.
Die Nähe des geplanten Baugebietes mit rund 65 Einfamilienhäusern, dessen östlicher Hauptabschnitt unmittelbar an die Grundfläche des früheren Hueckschen Hofes grenzt, ließ Bernd Rehfuß keine Ruhe. Der Zufall spielte Schicksal, als er auf dem Büchermarkt in Unna für einen Euro ein Geschichtsbuch zum “Hukeshove” erwarb. Darin ist der Hof als der älteste Teil Niedermassens beschrieben, die Geschichte lässt sich bis ins 9. Jahrhundert verfolgen. Dass bereits in der Steinzeit erste Siedlungen hier lagen, dafür sprechen Artefakte, die Studenten der Olper Archäologieabteilung des LWL unlängst dort fanden.
Der Huecksche Hof war ziemlich sicher ein Unterhof des Königsborner Hof Brockhausen, dessen Hauptgebäude allerdings 1971 nach Bad Sassendorf verbracht und aufgebaut wurde. Der Altenteiler konnte durch viel Engagement Massener Bürger vor dem Abriss gerettet werden. Die jüngere Geschichte des Hofes hat Helmut Tewes, ehem. Ortsvorsteher, Geschichtslehrer und Heimatkundler, präsent. Eigentümer der Fläche sei die Familie Barich, eine Industriellenfamilie aus Siegen. Der Sohn sei mit dem Bauernhof ausgesteuert worden, habe ihn bewirtschaftet und dann liegen- und verfallen lassen. Mit der Familie Barich habe es dann eine Übereinkunft gegeben, zwei Grundstücke an der Kletterstraße als Bauland auszuweisen, die Rohbauarbeiten sind im Gange.
Der Flächennutzungsplan, über zehn Jahre alt, weist aber die gesamte Fläche bis zum Bahndamm im Norden als Baugebiet aus. Jetzt möchte die Tochter des früheren Landwirtes die Fläche bebauen. Ein Entwurf begrenzt zwar eine Planung auf die Baulinien der alten Gebäude. Ansonsten weisen Entwürfe aber eine sehr dichte Bebauung aus.
Davon rät Bernd Rehfuß, Hobby-Archäologe und im Arbeitskreis Ortsgeschichte aktiv, zumindest in einem kleinen Teilbereich ab. Schon heute sei von der Struktur des Hueckschen Hofes (Hueck oder Hoog von Hügel) kaum etwas zu erkennen. Es habe ein steil ansteigendes Gelände gegeben, auf dem der Garten lag, heute abgetragen. Warum ausgerechnet dort, das interessiert Bernd Rehfuß. Seit über zehn Jahren befasst sich der Ingenieur aus Massen mit Methoden der Luftbilduntersuchung, wertet altes Kartenmaterial aus und nimmt geophysikalische Messungen vor. Mit Ruten bis zu Bodenradargeräten kommt er Wasseradern und Kraftlinien auf die Spur. Er weiß: Römische Amphitheater oder Getreidespeicher wurden oft wegen der Akustik bzw. aus Gründen der Haltbarkeit direkt auf Kreuzungspunkte solcher Linien errichtet.
Die Geomantie-Technik erlernte und übte er in Römerlagern wie Xanten, Haltern und Bergkamen. “Hier in Niedermassen gibt es ähnliche Reizzonen wie in Römerlagern.” Das fand er bei Begehungen des Umfeldes mittels Wünschelrute heraus. “Energie- und kraftreiche Stellen lassen sich so herausfinden.” Er entdeckte gleich zwei sog. “Ley-Linien”, die sich auf der Ackerkrume kreuzen. Nahezu exakt in diesem “Kraftfeld” lag einst der Huecksche Garten, nach klösterlichem Vorbild angelegt, Länge und Breite folgten dem goldenen Schnitt. Im Kreuzpunkt stehen noch heute Eiben, einst “heilige Bäume” und über 300 Jahre alt. Bernd Rehfuß “Hier vermuten wir Massens tatsächliche Keimzelle.”
Die Überschneidung liegt rund 100 Meter vom Altenteil. Rehfuß empfiehlt: “In diesem Bereich sollten keine Häuser gebaut werden. Es gibt etwas zu viel positive Energie. Schlafstörungen und Überreizung können die Folge sein.” Das sei vergleichbar mit einem Akku, der stets am Ladegerät hänge.
HotSpot in Massen
Den Kreuzungsbereich frei zu halten als grüne Kraftzone, für Kurzzeiterholung und um Kraft zu tanken, rät Helmut Tewes. Der Arbeitskreis schlägt vor, dort etwa den Spielplatz einer Kindertagesstätte einzurichten, für einige Stunden sei das Kraftfeld kein Problem. Zudem sollten die Eiben erhalten bleiben, Ruhebänke und Spazierwege hergrichtet werden. Dazu ist der Arbeitskreis im Gespräch mit Klaus Thorwarth vom Sauerländischen Gebirgsverein. “ Die Keimzelle des Ortes erlebbar zu erhalten, ist das Ziel des Arbeitskreis. Seine Erkenntnisse, die Bernd Rehfuß in einem Arbeitspapier festgehalten hat, möchte er nicht als Verhinderungsschrift für eine Bebauung verstanden wissen, sondern als Verbesserungsvorschlag zur Bewahrung eines uralten Siedlungs- oderKultplatzes.
Wasser in Baugebiet integrieren
Massen sei laut der ältesten Urkunde rund 800 Jahre alt, höchst wahrscheinlich aber viel älter. Karl der Große habe Siedlungen meist am Wasser angelegt. Für eine sehr frühe Siedlungstätigkeit könnten nebne dem fruchtbaren Boden u.a. die Nähe zum alten Hellweg als handelsstraße und die Nähe zum Massener bach eine Rolle gespielt haben. Sieben Mühlen hatte der Ort, der Boden überaus fruchtbar. Was heute fehle seien Wege. Helmut Tewes fordert neben dem Erhalt des alten Siedlungsbereichs: ”Eine Vernetzung der Grünflächen, man könnte Spazierwege fortsetzen über Handwerk- und Bismarkstraße hinaus.” Hier ergebe sich eine Chance, mitten in der Ortslage eine Grünzone zu schaffen, die frei von Fahrzeugen und Verunreinigungen sei. Die Grünfläche im Norden ist als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen.
Der Arbeitskreis unterstütze eine Planung, die ein “Mehr an Wasser” berücksichtigt und als gestaltendes Element mit einbindet. Bisher habe die Verwaltung aber die Vorschläge abgelehnt. Für das Neugebiet in geplanter Größe wäre die Erschließung für PKW-Verkehr kritisch, so Tewes: “Sowohl über die Kletterstraße hinter dem Altenteil als auch über die Nordstraße ist das ungeeignet. Die Kletterstraße ist eine kleine Dorfstraße.” Derzeit wehren sich auch erste Anlieger gegen mögliche Erschließungskosten, die Umbau und Verbreiterung der Straße mit sich brächten, ohne Nutzen für ihre Grundstücke.
Derzeit steht die Fläche für weitere Untersuchungen unter Schutz. Bodenexperten werden Sondierungen mittels hundert Meter langer Gräben machen, um Aufschluss über den Untergrund zu erhalten. Entdecken sie dabei etwa alte Siedlungsspuren, müssten die Entwürfe für das Baugebiet "Nordstraße" überarbeitet werden.
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
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