"Ran ans Gras" - ein Selbstversuch im Grünpflegeteam des Märkischen Stadtbetriebs Iserlohn-Hemer

Ausgerüstet mit Schutzkleidung, -brille und -handschuhen ging es für STADTSPIEGEL-Redakteur Christoph Schulte "ran ans Gras". | Foto: SIH
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  • Ausgerüstet mit Schutzkleidung, -brille und -handschuhen ging es für STADTSPIEGEL-Redakteur Christoph Schulte "ran ans Gras".
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Es ist Sommerzeit! Und das bedeutet: das Gras sprießt, wohin man auch schaut. Damit hat auch die „Hauptsaison“ für die Abteilung „Grünflächenpflege“ beim Märkischen Stadtbetrieb Iserlohn-Hemer begonnen, deren Mitarbeiter dafür sorgen sollen, dass das wuchernde Grün auf den öffentlichen Flächen der beiden Städte nicht überhand nimmt. STADTSPIEGEL-Redakteur Christoph Schulte leistete einen Vormittag lang ebenfalls seinen kleinen Beitrag dazu.

"Rasenmähen? Das kann ich! Schließlich hab ich doch schon hundertfach bei mir zuhause diese Art von Grünpflege erledigt - und hatte meistens sogar noch Spaß daran. Also habe ich spontan zugesagt, als ich die Anfrage des Märkischen Stadtbetriebes Iserlohn-Hemer (SIH) erhielt, doch einmal hautnah die Arbeit der Mitarbeiter des Teams Grünpflege mitzuerleben und vielleicht sogar mit „anzupacken“.
Also stehe ich pünktlich am verabredeten Morgen um 6.30 Uhr im Büro von Christian Gernert, dem Leiter der Abteilung Grünpflege. Dort geht es bereits zu wie im Bienenstock. Alle paar Sekunden geht die Tür auf, ein fröhliches „Morgen“ und dann der Griff in das Fach mit den aktuellen Aufträgen. Manchmal sind auch spezielle Anweisungen des „Chefs“ notwendig, denn zum einen können sich die Aufträge aufgrund von Wetterlage oder Erkrankungen spontan ändern. „Meine Aufgabe ist es vor allem, die Tätigkeiten von insgesamt 62 Mitarbeitern in diesem Bereich zu koordinieren“, berichtet Christian Gernert, der trotz aller Hektik am frühen Morgen die Ruhe selbst zu sein scheint. Dann hat er auch ein paar Minuten für seinen neuen „Vier-Stunden-Praktikanten“. „Du fährst heute mit Bernhard Kaiser und David Cleopazzo, denn in ihrem Team sind gleich zwei Ausfälle zu beklagen und die können etwas Unterstützung gut vertragen.“

Schutzkleidung ist Pflicht

Bevor es jedoch soweit ist, werde ich zunächst mal entsprechend der Vorschriften der Berufsgenossenschaft ausgestattet. Eine auffällige Arbeitshose in blau-orange mit Reflektorstreifen gehört neben einer Warnweste genauso zu meinem Outfit wie Sicherheitsschuhe, Gehörschutz, Schutzbrille und Handschuhe.
Wenige Minuten später kommen meine beiden Kollegen mit ihrem Lkw auf dem Betriebshof vorgefahren. Auf der Ladefläche und dem Anhänger ist unser heutiger Maschinenpark bereits vorbereitet und festgezurrt. „Zu unserem Equipment gehören ein Aufsitzmäher, ein Großflächenmäher, ein Handrasenmäher, zwei sog. Freischneider und ein Gebläse“, erläutert Bernhard Kaiser.
Dann endlich können wir loslegen. Unser erstes Ziel ist ein kleiner Spielplatz im Bereich der Hardtstraße. Doch das Ankommen ist leichter gesagt als getan. „Mit dem sperrigen Lkw und Anhänger ist es gerade im Innenstadtbereich häufig problematisch, einen Parkplatz zu finden.“ Auch an diesem Tag müssen wir rund zweihundert Meter bergauf bis zu unserem eigentlichen Einsatzort laufen. Dort angekommen erklärt mir David (das „Du“ ist unter den SIH-Kollegen völlig normal) noch kurz die Funktionsweise der Geräte, dann gehts auch schon los. Ich soll zunächst mit dem Handmäher - da kenne ich mich ja aus - einem schmalen Grünstreifen zu Leibe rücken und dann noch bei den ebenfalls nur wenige Quadratmeter großen Flächen rund um die Spielflächen am Waldrand zu helfen. Als ich mich - irgendwie ein kleines bisschen erleichtert, die erste kleine Aufgabe ohne Zwischenfälle erledigt zu haben - umdrehe, brauche ich nicht mehr zu helfen. Meine beiden Kollegen haben dies bereits in Windeseile erledigt - Profis eben! Stattdessen heißt es: „Dann mal zurück zum Wagen.“ Auf dem Weg dahin wird an der Straßenecke noch schnell eine Minifläche um einen Strom-Verteilerkasten miterledigt - quasi im Vorübergehen. Deutlich mehr Zeit kostet es dann, die Gerätschaften wieder sicher auf dem Lkw zu verstauen und vor allem zu sichern. „Ladungssicherung muss sein, auch wenn die Fahrt zum nächsten Einsatzort nur ein paar hundert Meter dauert.“ Da kennt Bernhard Kaiser kein Pardon und lässt auch nicht mit sich handeln, „schließlich steht unsere Sicherheit und die der Bürger und der anderen Verkehrsteilnehmer an oberster Stelle.“

Immer freundlich bleiben

Nächster Stop: Ecke Friedrichstraße/An der Langen Hecke. Doch erstmal steht wieder die lästige Parkplatzsuche an. Bernhard Kaiser entscheidet sich kurzerhand, den Lkw während der Arbeiten für einige Minuten verbotenerweise halb auf dem Bürgersteig zu parken. „Obwohl wir häufig Diskussionen mit den Politessen führen müssen und auch schon einige Male ,Knöllchen‘ bekommen haben“, wie er mit einem Augenzwinkern gesteht, „doch was sollen wir denn machen?“ Vorsichtshalber bleibt der Vorarbeiter nach dem Abladen der Mäher in der Nähe unseres Lkw, während David und ich uns an die Arbeit machen. Dieses Mal soll ich den Freischneider bedienen. „Gerade hier im Innenstadtbereich musst Du mit dem Gerät aufpassen, denn durch den rotierenden Kunststofffaden werden häufig kleine Zweige oder noch schlimmer Steine hochgeschleudert, die z. B. parkende Autos beschädigen oder vorbeigehende Passanten verletzen könnten,“ ermahnt er mich.

„Pass auf den Hundekot auf, sonst hast Du ein stinkendes Andenken.“

Und noch eine Warnung hat er für mich. „Pass auf die Hundesch... auf, die hier immer wieder in den Grünflächen lauert!“ Ansonsten könne ich blitzschnell ein anhaftendes und nicht gerade zartduftendes Problem bekommen. Aha, verstehe! Ein Ärgernis, mit dem alle Mitarbeiter der Grünflächenpflege regelmäßig zu kämpfen hätten, wird mir Bernhard später bestätigen. „Mit Hundekot verdreckte Arbeitskleidung muss man sogar zuhause separat waschen, will man nicht riskieren, dass auch die übrige Wäsche anschließend entsprechend riecht.“ Bei meiner Freischneider-Premiere geht jedoch alles gut, und nur Minuten später heißt es erneut: Aufladen und festzurren. Und auch die Politessen haben uns an diesem Tag nicht erspäht. Also weiter zum Düsing. Die dortige Verkehrsinsel haben aber schon die Kollegen der „zweiten Kolonne“ gemäht. „Prima, dann müssen wir nur noch eben die Feinarbeiten erledigen und die Fläche hübsch machen“, scherzt Bernhard Kaiser. Will heißen: Nur mein Freischneider und der Handmäher kommen zum Einsatz, um die Ränder und die Bereiche unter der Bepflanzung bzw. um die Verkehrsschilder zu mähen, was im Nu erledigt ist. „Dann können wir uns ja noch den Bereich Grüner Weg/Alexanderstraße bis zum Bahnhof vorknöpfen“, nennt Bernhard schon das nächste Ziel. Auf die Frage, ob er denn alle zu bearbeitenden Flächen im Kopf habe, kommt ein blitzschnelles „Ja“ zur Antwort. Alle Achtung denke ich mir, denn alleine für diese Kolonne sind das rund 200 Einzelflächen, die binnen drei bis vier Wochen gemäht werden müssen - Tendenz steigend! „Durch die immer größer werden städtischen Spar-zwänge werden immer mehr früher bepflanzte Flächen einfach gerodet und kostengünstig eingesät. Und schon haben wir eine neue Fläche in unserer Liste“, erläutert er mir, „wir hier in Iserlohn im Gegensatz zu Hemer bereits seit einigen Jahren ein Grünflächenkataster, wo wir nachschauen können, welche Flächen städtisch sind und damit in unseren Aufgabenbereich fallen.“ Dadurch sei dann auch aufgefallen, dass man früher viele Flächen gepflegt habe, die gar nicht städtisch waren.

Akkordarbeit statt gemütliches Feierabendvergnügen

Nach einer vorgeschriebenen 15-minütigen Frühstückspause geht es dann nochmals richtig ans Eingemachte. Mehrere hundert Meter Straßenbegleitgrün entlang der Alexanderstraße stehen an - und das bei inzwischen hochsommerlichen Temperaturen. Schnell rinnt bei mir der Schweiß und etwas mulmig ist mir bei meinem Tun mitten zwischen den beiden viel befahrenen Richtungsfahrbahnen auch. Ständig muss ich aufpassen, dass mein sperriges und inzwischen auch irgendwie immer schwerer werdendes Arbeitsgerät - erneut der Freischneider - nicht in den Verkehrsbereich ragt.
Doch schließlich ist auch diese Arbeit erledigt und ein weiterer Einsatzort auf der Liste kann abgehakt werden.
Ich jedenfalls bin froh, dass ich kurz darauf wieder Rasenmäher und Freischneider gegen Tastatur und Bildschirm tauschen kann. Was bleiben wird, ist die Erkenntnis, dass die Grünpfleger des Stadtbetriebs einen echt harten Job im Akkordtempo erledigen, dies nach dem Motto „Immer freundlich bleiben“ gerne tun und ich mich zukünftig sicherlich nicht mehr über irgendeinen stehen gebliebenen Grashalm aufregen werde. Denn mit der gemütlichen Feierabendbeschäftigung im eigenen Garten hat diese Arbeit rein gar nichts zu tun.

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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