"Einfach 3. Gang und durch..."
Iserlohn-Rheinen. Die Handzeichen des Offiziellen sind eindeutig: Drei-Zwei-Eins .... nein, nicht „meins“, sondern Start! Carsten Steinweg tritt das Gaspedal voll durch. Die Beschleunigung seines kleinen blauen Polos presst ihn und auch mich in die speziellen Sportsitze. Dabei hörte sich alles ein paar Minuten zuvor noch ganz harmlos an: „Ich habe für dich noch eine kleine Überraschung vorbereitet“, schmunzelte der Rheinener vielsagend und drückte mir einen Schutzhelm in die Hand, „Den musst du aus Sicherheitsgründen aufsetzen.“ Also Helm auf und Platz nehmen zum Anschnallen auf dem Beifahrersitz, den Carsten Steinweg und sein Dortmunder Kumpel Bernhard Haselhoff - die beiden teilen sich den blauen Flitzer, Baujahr 1986, bei ihren Renneinsätzen - extra für die Überraschung montiert haben. So nebenbei orakelt der Iserlohner Hobbyrennfahrer dann noch vielsagend: „Auf eine der berühmten Spucktüten können wir verzichten. Dafür ist der Spaß zu kurz.“ - und grinst über beide Ohren. Na prima, das kann ja heiter werden!
Aus dem Lautsprecher der Rennleitung plärrt Momente später die kurze Mitteilung: „Am Start nun nochmal die Startnummer 49 für eine Pressefahrt.“
Lustig wird es dann auch. Nach der blitzartigen Beschleunigung beginnt die Schwerstarbeit für Carsten Steinweg und sein blaues „Geschoss“, das nach diversen Motorumbauten und Modifikationen im Bereich Vergaser und Getriebe immerhin von rund 145 Pferdchen unter der Motorhaube angetrieben wird.
Die ersten Slalomtore auf dem engen Parkplatzkurs bei ATU in Werl kommen rasend schnell näher. Doch Bremsen scheint für Carsten Steinweg irgendwie ein Fremdwort zu sein. Millimetergenau bugsiert er seinen VW Polo 86 C durch die Kunststoffpylonen, immer auf der Suche nach dem letzten Sekundenbruchteil, das den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmacht.
Die Fliehkräfte in den engen Toren sind enorm. Inzwischen weiß ich auch nur zu genau, warum ein Helm absolut Pflicht ist. Mehrmals „klatsche“ ich mit dem Helm während des „Höllenritts“ an das Gestänge des stählernen Überrollkäfigs, der bei eventuellen Überschlägen für zusätzliche Sicherheit des Fahrers sorgt. Doch dieses Mal bleibt alles im Rahmen. Mit fast 130 km/h durchqueren wir die Lichtschranke im Ziel - 46,44 Sekunden. Schon mal nicht schlecht. Mit fliegendem Start geht es dann in die zweite Runde, für die die Uhren dann sogar noch ein paar Hundertstel Sekunden eher stehenbleiben.
Auch mein Pilot Carsten Steinweg zeigt sich überrascht über die Zeit. „Da waren wir ja nur wenige Zehntelsekunden langsamer als in meinem besten Wertungslauf heute.“ „Das lag bestimmt an der besseren Straßenlage durch das zusätzliche Gewicht“, denke ich im Geheimen, als ich mich - in der Tat etwas blass um die Nase und wackelig auf den Beinen - aus dem Polo „herauszwänge“. Kurz danach muss Carsten Steinweg, der diesem ungewöhnlichen Motorsporthobby erst seit 2005 frönt, bereits zur Siegerehrung. An diesem Tag reicht es für ihn zu Platz zwei in der Klasse bis 1,3 Liter Hubraum. Dafür gibt‘s einen kleinen Pokal zur Erinnerung, für mich hingegen bleibt diese „Pressefahrt“ auch ohne Pokal unvergesslich!
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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