„Das ist nicht aus einer Daily Soap, das ist Realität“
Vornamen von toten Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden auf der großen Leinwand gezeigt, begleitet von einem laut hörbaren Herzton, der am Ende dieser Auflistung mit einem anhaltenden Piepton endet.
Mit einer ungewöhnlichen Kampagne appelliert die Polizei im Märkischen Kreis an die Vernunft der Jugendlichen - allerdings ohne dabei den berühmten Zeigefinger zu erheben. Mit ihrem Projekt „Crash Kurs NRW“ besuchen Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungssanitäter, Notärzte, Notfallseelsorger und auch Unfallopfer Schulen im Kreisgebiet, darunter auch das Theodor-Reuter Berfuskolleg in Iserlohn.
Die Schüler des Kollegs hatten Platz genommen. Der Hinweis von Frank Uwe Beenß, Opferschutzbeauftragter der Polizei des Märkischen Kreises, dass der Raum verlassen werden könnte, wenn es jemandem zu „heftig“ werden würde, wurde anfangs zum Teil mit einem müden Lächeln aufgenommen. Aber nach den ersten gezeigten Namen und den folgenden original Unfallschauplätzen samt Fahrzeugen der Verunglückten Menschen, musikalisch unterlegt mit „Geboren um zu leben“ von Unheilig, wurde es doch ruhiger im Saal.
„Das ist nicht aus einer Daily Soap, das ist Realität“, weiß Frank Uwe Beenß. Acht Menschen waren 2012 im Märkischen Kreis durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen, 259 wurden schwer verletzt.
Per "Crash-Rettung" aus dem Auto geholt
Nach und nach schilderten nun Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungsassistenten und Notärzte wie es ist, wenn sie zu einem Unfallort gerufen werden. „Ich habe heute noch Alpträume und sehe seine offenen Augen vor mir“, so Marco Dönges (36), Feuerwehr Iserlohn und unter anderem im Rettungsdienst tätig. Dönges: „Es war 2007 in Iserlohn, als wir zu einem Unfall gerufen wurden. Als wir dort ankamen, sahen wir den Wagen. Er hatte einen Strommasten gerammt. Der Jugendliche in dem Fahrzeug war eingeklemmt, das Lenkrad war um seinen Bauch gewickelt, seine Augen waren offen. Wir haben seine Vitalparameter geprüft. Keine Atmung, kein Puls. Er musste von der Feuerwehr per ‚Crash-Rettung‘ aus seinem Auto geholt werden." Noch im Rettungswagen starb der 17-Jährige, der wenige Tage vor seiner Führerscheinprüfung gestanden hatte.
"Ich habe Freunde verloren"
Nino Arra aus Neuenrade hatte einen schweren Motorradunfall - seit dem sitzt der 33-Jährige im Rollstuhl. Er schilderte, welche Konsequenzen ein Unfall mit sich bringen kann, wie plötzlich alles auf den Kopf gestellt wird und nichts mehr ist, wie es war: „Ich bin im Krankenhaus aufgewacht und habe gemerkt was alles gebrochen ist, kaputt ist am Körper und festgestellt, dass der Befehl vom Gehirn, die Beine zu bewegen, nichts auslöst. Ich habe Freunde verloren, nur weil ich jetzt ein Handicap habe.
Frank Uwe Beenß: „Wir sagen nicht ‚trinkt nicht, wenn ihr fahrt, fahrt nicht zu schnell, ‚whatsapped‘ nicht bei der Fahrt‘, sondern trefft die richtigen Entscheidungen. Ihr seid nicht nur für euch selber verantwortlich, sondern auch für andere Fahrer, für eure Beifahrer, eure Freunde die bei einem Unfall sterben können und auch für eure Familien, die ihr zurücklasst.“
Autor:Karola Schröter aus Hemer |
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