Ausbildungsgesellschaft Mittel-Lenne stellt sich der Digitalisierung
Roboter statt Feile
Mit der Feile kann in der Industrie keiner mehr Geld verdienen. Da ist sich Andreas Weber, Geschäftsführer der Ausbildungsgesellschaft Mittel-Lenne (ABG), sicher. Wo CNC-Maschinen automatisiert, Anlagen vernetzt und ein weltweiter Zugriff auf Daten ermöglicht werden sollen, sind ganz andere Fähigkeiten gefragt.
Von Hilde Goor-Schotten
Letmathe. Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt in den heimischen Unternehmen - und damit auch die Ausbildung. Zum 1. August treten die angepassten Ausbildungsordnungen in der Metall- und Elektroindustrie in Kraft. Wie das Thema Industrie 4.0 konkret in Lerninhalte umgesetzt werden soll, ist aber offen geblieben.
An der Frage kommt auch die ABG Mittel-Lenne in Trägerschaft des Märkischen Arbeitgeberverbandes nicht vorbei. Mehr als 200 junge Leute jährlich absolvieren hier überbetrieblich ihre Grundausbildung in zwölf Elektro- und Metallberufen, kommen später für weitere Ausbildungsabschnitte zurück. „Wir müssen diese Zeiten sinnvoll und zukunftsweisend füllen“, sagt Weber. Gemeinsam mit seinem Ausbilderteam hat er deshalb ein Projekt entwickelt, mit dem die Azubis auf die komplexen Automatisierungslösungen vorbereitet werden sollen und das auch an höchster Stelle Anklang gefunden hat. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Programm mit 1,25 Millionen Euro.
Mit dem Geld werden die Lehrwerkstätten in Letmathe und Plettenberg aktuell mit modernster Technik ausgerüstet. Bei den Elektronikern sind die Roboter eingezogen, in der Metallwerkstatt neue CNC-Fräsmaschinen. Im Rahmen einer kleinen Hausmesse wurden die in Letmathe jetzt mit einer Maschinentaufe eingeweiht. An ihnen sollen die Azubis zukünftig verschiedene Automatisierungsvarianten des Produktionsprozesses kennenlernen. Die waren nicht inklusive; ganz im Gegenteil: Die Herstellerfirma Spinner hat auf Wunsch der ABG die Schnittstellen in der Steuerung offen gelassen. „Wir wollten uns kein fertiges System hinstellen“, beschreibt Weber die Projektidee: „Wir möchten den Automatisierungsprozess vermitteln, so wie er auch in der Praxis laufen könnte: Der Chef hat Geld, kauft einen Roboter und eine Maschine und möchte, dass das morgen läuft.“
In der Ausbildungsgesellschaft werden die angehenden Metalltechniker und Elektroniker im dritten Lehrjahr gemeinsam an Projekten arbeiten und die erlernten Grundlagen der Roboterprogrammierung an den Maschinen anhand von praktischen Beispielen vertiefen, im Rahmen von betrieblichen Aufträgen und als Abschlussprüfungen.
Dafür stehen umfangreiche Softwarepakete, ein eigener CNC-Schulungsraum und ein computergestütztes Lernsystem zur Verfügung, das mit den verschiedensten elektronischen Versuchsaufbauten kombiniert werden kann. Mit ihm können die Azubis auch jederzeit auf das gespeicherte Wissen zugreifen, und sie sind untereinander vernetzt. Das eröffnet neue Unterrichtswege, erklärt Ausbilder Michael Dahlmann: „Es wird am Laptop alles erklärt, Animationen kommen zum Einsatz. Das war an der Tafel gar nicht möglich.“ Bevor er das einsetzen konnte, musste Dahlmann mit seinen Ausbilder-Kollegen selbst noch einmal die Schulbank drücken - um sich mit der neuen Technik vertraut zu machen.
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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