Anonyme Bestattungen oder "der einsame Abschied vom Leben"
Eigentlich sollte sich die Familie von einem Verstorbenen verabschieden, eigentlich sollten Freunde und Angehörige zur Trauerfeier kommen und eigentlich sollte diese sich auch um alles kümmern. Aber nur eigentlich, denn viele Menschen sterben allein und niemand ist da, um sich um ihre Trauerfeier zu kümmern.
In solchen Fällen ist das Ordnungsamt gesetzlich verpflichtet, sich im Sinne der Gefahrenabwehr, das beinhaltet unter anderem Seuchenschutz, um die Sterbefälle zu kümmern. Denn in NRW muss ein Toter innerhalb von acht Tagen beigesetzt werden.
Frank Kämmerling von Bestattungshaus Menden kümmert sich in Hemer um solche Beisetzungen: „ Das Ordnungsamt ist immer verpflichtet, die günstigste Bestattung zu wählen. Das ist die Einäscherung“, erklärt der Bestatter. Die Urnen werden dann auf dem anonymen Urnenfeld beigesetzt. „Wenn der Verstorbene aber ein Schreiben zu Lebzeiten hinterlassen hat, dass er keine Feuerbestattung wünscht, wird das auch berücksichtigt - sowie auch der Wunsch, neben dem Ehepartner zu liegen, wenn beispielsweise ein Familiengrab existiert und finanziell realisierbar ist.“
Seit zehn Jahren kümmert sich der Hospizkreis Menden um anonyme Bestattungen, ein bis zwei Jahre später übernahm diese Aufgabe auch der Hospizkreis Hemer. Die Evangelische Kirche stellt die Kapelle auf dem Friedhof an der Kantstraße zur Verfügung, das Bestattungshaus kümmert sich um die Trauerfeier und der Hospizkreis organisiert den Pastor und die Terminierung. „So haben Freunde und Nachbar die Gelegenheit, Abschied zu nehmen. Wir haben in Hemer 25 bis 30 solcher Beisetzungen pro Jahr“, sagt Kämmerling, „Es ist sehr traurig, die Gewissheit zu haben, dass es Menschen gibt, um die sich keiner kümmern kann oder will.“ Das sei ein Spiegelbild der heutigen egoistischen Gesellschaft, jeder sei sich selber der Nächste. Umso schöner findet Kämmerling, dass sich der Hospizkreis dieser traurigen Tatsache angenommen hat: „So bekommen diese Menschen einen würdigen Abschied.“
Dass ein Mensch nicht so stillschweigend von der Welt gehen soll, findet auch Magret Stöwe: „Wir saßen schon oft mit dem Pastor allein vor der Urne. Das hat doch keiner verdient. Oft kommen aber Nachbarn, weil sie durch die für uns kostenlosen Todesanzeigen im STADTSPIEGEL von dem Verstorbenen erfahren haben.“ „Ich erweise den Menschen gerne die letzte Ehre, das ist sehr traurig, aber ich mache das aus tiefster Überzeugung“, bekräftigt Ursula Paulokat ihr Ehrenamt. Auch Inge Schulte denkt, dass die heutige Gesellschaft einfach sehr selbstbezogen sei. Doris Kristeller engagiert sich ebenfalls immer mit viel Herzblut beim Hospizkreis gegen diesen bitteren Gesellschaftstrend. Es gab Fälle, da lagen Verstorbene vier bis fünf Wochen in ihrer Wohnung, in Mehrfamilienhäusern und niemanden kümmerte das. Das sei dann immer ganz besonders traurig - und macht die selbstlosen Damen vom Hospizkreis sehr betroffen. „Aber oft kommen auch Freunde und Nachbarn, um sich vom Toten zu verabschieden, auch wenn keine Angehörigen da sind, das ist ein kleiner Trost.“
Text und Foto von Sandra Finster
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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