Verhinderungs- und Kurzzeitpflege bei Demenzkranken
Rund 1,4 Millionen demenziell erkrankte Menschen leben derzeit in Deutschland. Weil viele von uns älter werden, wird diese Zahl in den kommenden Jahren stark ansteigen. Grund genug, dieses wichtige, leider aber immer noch zu oft „verdrängte“ Thema zusammen mit der „Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz in Hemer“ im Rahmen einer kleinen Serie mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Der heutige vierte Teil gibt Einblicke in die Bereiche Verhinderungs- und Kurzzeitpflege.
Verhinderungspflege
Verhinderungspflege nach §39 SGB XI ist eine Leistung der Pflegeversicherung. Sie kann in Anspruch genommen werden, wenn pflegende Angehörige erkranken, aus wichtigem Grund stunden- oder tageweise verhindert sind oder selbst Erholung brauchen.
Pflegenden Angehörigen ist zu empfehlen, sich möglichst frühzeitig über Angebote von stationären Einrichtungen der Altenpflegehilfe oder ambulanten Pflegediensten zu informieren und einen Antrag auf Verhinderungspflege bei der Pflegekasse zu stellen.
Verhinderungspflege kann sowohl ambulant, d.h. im eigenen häuslichen Umfeld, als auch in einer stationären Einrichtung in Anspruch genommen werden, wenn der pflegende Angehörige den Pflegebedürftigen mindestens sechs Monate zu Hause gepflegt hat, bevor erstmalig Verhinderungspflege beantragt wird.
Die Pflegekasse übernimmt Kosten für eine Ersatzpflege in Höhe von maximal 1550 € und längstens 4 Wochen (28 Tage) pro Kalenderjahr. Wird die Ersatzpflege stundenweise in Anspruch genommen und beträgt dabei täglich weniger als 8 Stunden, wird die Leistung nicht auf 4 Wochen begrenzt, sondern auf den Höchstbetrag von 1550 € . In diesem Fall wird das Pflegegeld in voller Höhe weiter gezahlt.
Übernimmt ein naher Angehöriger oder eine in der häuslichen Gemeinschaft lebende Person die Ersatzpflege, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse die Höhe des Pflegegeldes nicht überschreiten. Nachgewiesene Mehrkosten wie Verdienstausfall oder Fahrtkosten können bis zu 1550 € erstattet werden.
Pflegende Angehörige erhalten bis zu 4 Wochen die Hälfte des bisher bezogenen oder anteiligen Pflegegeldes bei Kombileistungen . Das Pflegegeld wird in dieser Zeit nur für den ersten und letzten Tag der Ersatzpflege voll gezahlt.
Silvia Friedrich
Pflegedienstleitung
Diakoniestation Menden/Hemer / Balve
58708 Menden
Kurzzeitpflege
Die Kurzzeitpflege (KZP) ist ein Angebot, welches pflegenden Angehörigen eine Entlastung und Erholung ermöglicht und für eine begrenzte Zeit, max. bis zu 28 Tagen pro Kalenderjahr, in Anspruch genommen werden kann.
Durch die immer kürzere Verweildauer bei stationären Krankenhausaufenthalten ist die KZP ein wichtiger Baustein bei der Versorgung älterer Menschen in der Nachsorge und Rekonvaleszenz. KZP bietet die Möglichkeit, eine notwendige pflegerische Versorgung im Haushalt vorzubereiten oder eine stationäre Pflegeeinrichtung kennenzulernen. Wartezeiten auf eine Rehabilitationsmaßnahme können so überbrückt oder auch die KZP mit einer Reha -Maßnahme in einer teilstationären Form, z. B. Tagesklinik, kombiniert werden.
Nach Krankenhausaufenthalten kann die KZP auch nutzen, wer bis dahin noch keine Pflegstufe hat, sich aber aufgrund der aktuellen Erkrankung nicht in der Lage sieht, sich in der eigenen Häuslichkeit selbst zu versorgen. In diesen Fällen kann vom Sozialen Dienst des Krankenhauses ein Antrag beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) auf eine vorläufige Pflegestufe gestellt werden. Im Bedarfsfall erfolgt die Einstufung in die vorläufige Pflegestufe I.
Die Begutachtung durch den MDK findet dann während der Kurzzeitpflege, in der Kurzzeitpflegeeinrichtung, in der Regel innerhalb von 1 bis 2 Wochen statt.
Bis zur Begutachtung ist die vorläufige Pflegestufe I Abrechnungsgrundlage. Ab Begutachtungstermin ist das Ergebnis des Gutachtens bindend. Für dann festgestellte Pflegestufen I-III erhält der Versicherte maximal 1550€ Pflegeleistungen für bis zu 28 Tage pro Kalenderjahr von seiner Pflegekasse. Wird die Pflegestufe nicht bestätigt, erhält der Versicherte Nachricht von seiner Pflegekasse, dass die Leistungen ab Zustellung des Bescheides eingestellt werden; der weitere Aufenthalt in der stationären Einrichtung ist dann von dem Versicherten oder anderen Leistungserbringern zu erbringen.
Die Finanzierung der KZP setzt sich aus vorgenannten Leistungen der Pflegekasse, den Investitionskosten, die das Heim direkt mit dem Träger der Sozialhilfe (hier: Märkischer Kreis) abrechnet, und dem Eigenanteil (Unterkunft und Verpflegung) zusammen. Personen, die den Eigenanteil nicht aus eigenen Mitteln finanzieren können, haben die Möglichkeit, vor Antritt der KZP die Kostenübernahme ganz oder anteilig beim zuständigen Träger der Sozialhilfe zu beantragen. Beratung erhalten Sie u. a. bei den Sozialdiensten der Krankenhäuser oder in den Kurzzeitpflegeeinrichtungen.
Im Bedarfsfall, z. B. Erkrankung der Pflegeperson, anstehenden Erholungsmaßnahmen o. a., können Pflegebedürftige, die bereits eine Pflegestufe haben und im häuslichen Bereich mindestens sechs Monate gepflegt wurden, Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch nehmen.
Renate Opderbeck
Sozialer Dienst im
AWO-Parkheim Hemer
Weitere Infos und Kontakte gibt es beim Netzwerk Demenz Hemer unter Tel.: 0 23 72/15 75.
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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