Wird die ZUE in Deilinghofen bereits Ende 2016 geschlossen?
Sichtlich überrascht zeigt sich die Diakonie Mark-Ruhr, die seit 1993 in der Verfahrensberatung der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Flüchtlinge am Apricker Weg tätig ist, über die kurzfristigen Schließungspläne der Bezirksregierung.
In einer dem STADTSPIEGEL vorliegenden E-Mail des Diakonie-Geschäftsführers Pfarrer Martin Wehn an die Ev. luth. Kirchengemeinde Hemer, die Superintendentin des Kirchenkreises Iserlohn, die Hemeraner Ratsfraktionen, den Landrat und die Mitglieder des NRW-Landtages ist die Rede von "sich verdichtenden Informationen einer Schließung der Einrichtung bereits zum 31. Dezember 2016".
Zur Erinnerung: Erst im Sommer 2015 hatte die Bezirksregierung den Mietvertrag über die Liegenschaft mit der Stadt Hemer bis 2025 verlängert, und Anfang 2016 auf dem Höhepunkt der "Flüchtlingswelle" informierte die Stadt die Deilinghofer Bürger über eine geplante Erweiterung der ZUE auf 800 bis 1.000 Plätze sowie eine damit verbundene Sanierung/Modernisierung der Einrichtung.
Völliges Unverständnis über die neue Entwicklung herrscht auch bei Heidrun Schulz-Rabenschlag, Fachbereichsleitung Soziale Dienste bei der Diakonie Mark-Ruhr. "Gerade vor dem Hintergrund, dass sich die Situation in Deutschland zwar seit kurzem etwas entspannt hat, aber die weitere Flüchtlingspolitik mit zigtausenden Menschen an Europas Außengrenzen überhaupt nicht absehbar ist, sind diese Pläne der Bezirksregierung nicht zu verstehen." Eine weitere unbeantwortete Frage für sie bleibe, warum gerade eine Einrichtung wie die in Hemer, die zweifelsfrei eine bei allen involvierten Behörden anerkannte Vorzeige-ZUE mit vielen äußerst erfahrenen Mitarbeitern sei, nun so kurzfristig geschlossen werden soll. "Außerdem hat sich die Einrichtung längst im Sozialraum etabliert", so Pfarrer Martin Wehn in seinem Schreiben, unzählige Runde Tische mit Lokalpolitikern und Bürgern sowie öffentliche Aktionen und Informationen haben das Verständnis für die Menschen in der Einrichtung wachsen lassen und zu einer guten Akzeptanz der Einrichtung geführt.
Heidrun Schulz-Rabenschlag vermutet vielmehr spezifische Standortgründe - sprich den Sanierungsstau - an der ZUE Deilinghofen für die Kehrtwende bei der Bezirksregierung. "Natürlich gibt es an anderen Orten für viel Geld frisch renovierte bzw. sogar neu erstellte Einrichtungen, die jetzt nur unzureichend genutzt werden oder sogar leerstehen, während in Deilinghofen eine umfangreiche Sanierung erst noch in Angriff genommen werden müsste", erläutert die Expertin, die aber kritisiert, dass die fachliche Komponente der lange etablierten und gut integrierten ZUE in Deilinghofen nicht berücksichtigt werde. "Wenn dann vielleicht in einigen Monaten der Flüchtlingsstrom wieder zunimmt - keiner kann das schließlich voraussagen -, möchte ich einmal sehen, wie sich die meist noch unerfahrenen Mitarbeiter in einer neuen Einrichtung dann ,unter Volllast' schlagen."
Auf STADTSPIEGEL-Nachfrage erklärt Hemers Beigeordneter Dr. Bernd Schulte, dass der Ball eindeutig beim Land NRW liege. "Wir als Stadt Hemer sind lediglich Vermieter der Liegenschaft und in Sachen Flüchtlingsunterbringung in keinster Weise entscheidungsbefugt." Klar sei jedoch auch, dass es einen gültigen Mietvertrag über weitere neun Jahre gebe. "Und der ist unkündbar", so Dr. Schulte weiter.
Nach STADTSPIEGEL-Informationen liegt der Mietzins für die gesamte Laufzeit im siebenstelligen Euro-Bereich.
Aktuell befindet sich die Stadt Hemer in Gesprächen mit der Bezirksregierung über die Zukunft der ZUE in Deilinghofen.
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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