UWG-Haushaltsrede 2014: "Die zwei Seiten einer Medaille"
Meine Damen und Herren, geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Rates, sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Im letzten Jahr begann meine Haushaltsrede mit (Zitat) : „Das ursprünglich für 2013 geplante Minus wird mit nunmehr 5,3 Millionen € fast verdoppelt.“ (Zitatende) Wenn ich mir die aktuellen Zahlen ansehe, habe ich das ungute Gefühl, mich in einer Endlosschleife zu befinden; es grüßt zwar nicht ewig das Murmeltier, aber wieder einmal ein gegenüber der Planung nahezu verdoppeltes Defizit von nunmehr knapp 5 Millionen € .
Natürlich sind auch die Ursachen im Wesentlichen gleich geblieben: das nach wie vor nicht beseitigte strukturelle Defizit unseres Haushaltes geht eine unheilige Allianz ein mit immer neuen Forderungen und Vorschriften unterschiedlichster Art, die von außen an die Kommunen herangetragen werden:
• Erhöhung der Kreisumlage
• Einrichtung von Kita-Plätzen und damit verbunden Neueinstellung von Personal
• Arbeitszeitmodell bei der Feuerwehr (zur Zeit zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben)
Wenn ich mir die Situation in unserer Stadt vor Augen führe, kommt mir eine Medaille in den Sinn. Diese Objekte haben bekanntlich zwei Seiten. Die eine Seite der Medaille wird ja von Ihnen, Herr Bürgermeister Esken, immer wieder ausführlich beschrieben, z. B. mit der regen Bautätigkeit, die seit der Landesgartenschau in Hemer zu beobachten ist. Natürlich finden wir es alle gut, dass es gelungen ist, Hemer voranzubringen und weiter zu entwickeln.
Die UWG hat ja auch, was ich deutlich betonen möchte, diesen Prozess stets positiv begleitet, aber genauso deutlich die finanziellen Risiken benannt, die wir als Kommune dabei eingegangen sind. Und damit bin ich dann schon bei Kehrseite der Medaille: Sauerlandpark und Grohe-Forum werden uns dauerhaft Geld kosten, das wir eigentlich nicht haben, und das muss man dem Bürger auch ganz klar sagen.
Kehre ich zurück zur glänzenden Seite der Medaille: dort gibt es Entwicklungen, die auf der Positivliste dieser Wahlperiode aufzuführen sind:
• Das zusätzliche Geld für die Umgestaltung und Neuausrichtung der Hemeraner Schullandschaft ist sicherlich notwendig und gut angelegt, um auf die veränderten Rahmenbedingungen angemessen reagieren zu können. Mit Blick auf die Situation in der Nachbarstadt Iserlohn bin ich sehr froh, dass wir in Hemer keinen „Schulkrieg“ führen, auch wenn dort im Moment „Waffenstillstand“ herrscht.
• Der noch in diesem Jahr fertig werdende Radweg auf der Bahntrasse nach Menden ist ein Wunsch, der von allen Fraktionen hier im Rat immer wieder vorgetragen wurde.
• Der Umzug der KDVZ und die damit verbundene Gebäudenutzung im ehemaligen Kasernengelände ist ebenfalls eine gute Nachricht.
• Die positive Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen lässt ein zartes Pflänzchen Hoffnung sprießen, das möglichst auch in raueren Zeiten wachsen möge.
• Positiv zu bewerten ist natürlich auch, dass es im Bereich des Jugendamtes gelungen ist, durch eine umfassende Neustrukturierung erhebliche Einspareffekte zu erzielen, ohne die Aufgabenerfüllung zu vernachlässigen. Dafür möchte ich den beteiligten Mitarbeitern und der Amtsleitung an dieser Stelle ausdrücklich danken.
• Bei den städtischen Friedhöfen ist es durch die Kreativität der Verwaltung gelungen, den Kostendeckungsgrad erheblich zu steigern. Wenn die jetzt vorgenommenen Investitionen abgeschlossen sind, ist hier sicherlich noch eine weitere Verbesserung zu erwarten.
• Beim Betrieb des Sauerlandparks zeigt sich, dass es möglich ist, den ursprünglich angepeilten Zuschuss von 1 Million € mit 850.000 € deutlich zu unterschreiten.
• Erhebliche Personaleinsparungen sind im Bereich des Planungsamtes realisiert worden.
Die Beispiele der Positivliste, also der glänzenden Seite der Medaille, zeigen meiner Meinung nach, dass es durchaus möglich ist, trotz scheinbarer Sachzwänge Verbesserungen zu erzielen, die uns dem angestrebten Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes näher bringen.
Manchmal komme ich mir dabei allerdings vor, wie ein Wüstenwanderer bei einer Fata Morgana: die rettende Oase des Ausgleichs verschwindet immer wieder im trockenen Sand der leeren Kassen.
Leider hat die Medaille aber die schon angesprochene Kehrseite; große Sorgen macht der UWG-Fraktion die Nichteinhaltung des im Jahr 2012 beschlossenen und ab 2013 wirksamen Haushaltsicherungs¬ konzeptes. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die wiederholt vorgetragenen eindringlichen Warnungen des Kämmerers, die eigentlich an Deutlichkeit nichts vermissen lassen. Nach den Erläuterungen von Herrn Forsting müsste allen Verantwortlichen klar sein, dass der schwierigste Teil des Konsolidierungsweges noch vor uns liegt! Doch schon jetzt auf der vergleichsweise flachen Etappe haben wir erhebliche Lücken im HSK zu verzeichnen.
• Im Bereich der Bücherei und Musikschule ist noch keinerlei Bewegung hin auf die vereinbarten Einsparziele zu erkennen.
• Die durch die Bauhoffusion erwarteten Verbesserungen waren für uns immer schon mit einem großen Fragezeichen versehen. Leider sind unsere Befürchtungen aus dem Jahr 2010 bisher nicht widerlegt worden.
• Auch in anderen Bereichen wurden die Einsparziele nicht oder nur teilweise erreicht.
• Insgesamt summieren sich die noch nicht realisierten Beiträge bereits auf 500 T€ , die dann den Haushalt der kommenden Jahre belasten werden.
Vor diesem Hintergrund ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass neben den dringend notwendigen Ausgaben für den Schulbereich und Investitionen in die Infrastruktur auch wieder Gelder für, ich sage mal „nette Sachen“ gefordert werden. Diese sind rein konsumtiv und bringen uns nicht wirklich weiter. Eigentlich sollte man sich das nur dann leisten, wenn alles andere finanziert und die Schulden abgebaut worden sind.
Deshalb frage ich ganz ehrlich:
• Brauchen wir wirklich einen NRW-Tag?
• Brauchen wir wirklich einen zusätzlichen Sportplatz am Woeste-Gymnasium?
• Brauchen wir wirklich eine Erweiterung des Grohe-Forums mit zusätzlichen Sitzplätzen?
• Brauchen wir wirklich ein Eishockey-Museum?
• Brauchen wir wirklich einen Umzug der Musikschule, um dann anschließend ein weiteres nicht genutztes Gebäude im Immobilienbestand zu haben?
Natürlich kann man all diese Fragen mit einem lauten „Ja“ beantworten. Dann muss aber auch klar sein, dass das Geld, das wir für diese Projekte ausgeben, bei den wirklich wichtigen Aufgaben in nächster Zukunft fehlen werden.
Wir möchten aber, und das ist die Kernaufgabe der Politik, Zukunft gestalten; und ich glaube, da sind sich alle Fraktionen einig. Wir möchten, dass Hemer auch in Zukunft lebenswert bleibt und die positive Entwicklung der letzten Jahre fortgeführt werden kann. Das bedeutet aber, wir benötigen finanzielle Mittel, z. B. für eine umfassende Erneuerung der Straßen, für eine Sanierung des Hallenbades, Inklusionsmaßnahmen, Entwicklung des Baugebietes Stadtterrassen …; diese Liste ist sicher nicht vollständig und zeigt deutlich, dass es keinen Mangel an Aufgaben für die Zukunft gibt.
Solche Gestaltungsaufgaben lassen sich aber nicht unter den Bedingungen eines Nothaushaltes oder einer Stärkungspaktkommune lösen. Daraus ergibt sich als logische Konsequenz: die Umsetzung des Haushalts¬ sicherungskonzeptes ohne Aufweichungen ist, und hier verwende ich ganz bewusst das Wort „alternativlos“.
Vergleiche ich nun die Negativ- mit der Positivliste, also die beiden Seiten der Medaille, so könnte man dem vorgelegten Haushaltsplan zustimmen, weil ja durchaus Fortschritte erzielt worden sind, die ich ausdrücklich anerkenne und nicht klein reden will. Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal klar sagen, dass sich die UWG weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft notwendigen und sinnvollen Investitionen verweigert hat bzw. sich verweigern wird!
Die UWG-Fraktion wird den vorgelegten Haushaltsplan aber trotzdem ablehnen, weil wir ein politisches Signal gegen die Aufweichungen des HSK senden wollen, und zwar aus folgendem, wie ich meine nachvollziehbaren Grund:
Die im Rahmen der Aufstellung des Haushaltssicherungskonzeptes beschlossene erhebliche Erhöhung der Grundsteuer B betrifft ja nicht nur Firmeninhaber und Grundbesitzer, sondern auf dem Umweg über die Miete letztendlich jeden Bürger. Deshalb, und das habe ich immer wieder betont, ist diese Belastung von uns immer als Teil eines Paktes verstanden worden, gewissermaßen als eine Art Vorschuss, den der Steuerzahler leistet, in der Hoffnung darauf, dass auch die andere Seite des Paktes eingehalten wird: pacta sunt servanda. Unserer Meinung nach besteht diese von Politik und Verwaltung einzuhaltende Seite in einer kompromisslosen Umsetzung des HSK. Darin ist u. a. festgelegt, dass nicht realisierbare Maßnahmen kompensiert werden müssen.
Genau an dieser Stelle ist für die UWG die Schmerzgrenze erreicht: Wir möchten mit unserem ablehnenden Votum ein deutliches Signal an die betroffenen Ausschüsse und Fachämter senden: Machen Sie Ernst mit der Umsetzung des HSK, damit das von uns allen als richtig erkannte und für wichtig gehaltene Ziel der schwarzen Null im Jahre 2016 auch tatsächlich erreicht werden kann!
Der kräftige Schluck aus der Grundsteuerpulle muss genügen, weiteren Steuererhöhungen werden wir auf keinen Fall zustimmen; ich setze vielmehr auf die Kreativität der Mitarbeiter der Verwaltung und möchte mich an dieser Stelle bei ihnen für die im letzten Jahr geleistete Arbeit bedanken.
Das Fazit meiner Ausführungen zum vorgelegten Haushaltsplan kann daher nur lauten:
Der Bürger hat seinen Beitrag zur finanziellen Konsolidierung der Stadt durch die Steuererhöhung geleistet. Die UWG setzt sich dafür ein, dass Politik und Verwaltung ihren Anteil ebenfalls zu 100 Prozent erbringen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.