GAH-Haushaltsrede 2014: "Unser Flieger Haushalt..."
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
das Jahr 2014 ist sozusagen Jahr zwei vor der Wahrheit.
Das Ende der Haushaltssicherungsperiode ruckt immer näher, somit kommen wir langsam mit unserem "Flieger" Haushalt in den entscheidenden Bereich vor der "Landung".
Da stellt sich so allmählich die Frage: Wird es eine Punktlandung oder wohlmöglich eine Bauchlandung? Die sichere Landebahn ist noch nicht zu sehen, einige Instrumente spielen verrückt... Die Spannung steigt...
Das hier zu beschließende Defizit steigt in diesem Jahr leicht auf 4,92 Millionen Euro, ein nach wie vor erschreckender Planwert", Da verschwinden die an sich überaus guten Einnahmen quasi in einem schwarzen Loch.
Viele Budgets steigen dagegen in nachvollziehbarem Maße, weil die Welt so ist wie sie ist. Denn auch in Hemer wird alles teurer, und das vor allen Dingen im Gegensatz zur mittelfristigen Finanzplanung 2014.
Fest eingeplante Einsparungen sind so nicht mehr ohne weiteres machbar. Der Zwang zur schwarzen "Null" gilt als das Maß der Dinge, auch wenn die Einsparpotenziale immer mehr theoretischer Natur sind. Auf der anderen Seite wachsen die Kassenkredite ins uferlose und werden zum Problem der Zukunft. Unter der vermeintlich glatten Oberfläche bekommt die Substanz also immer deutlichere Risse.
Die Geschwindigkeit der Haushaltsberatungen in den Ausschüssen spricht eine deutliche Sprache. Es gibt eben nichts zu verteilen. Um die Stadt am Leben zu halten, werden beim bestehenden Kreditaufnahmeverbot alle zulässigen Finanzmittel folglich immer in die dringlichsten Projekte gesteckt.
So wird in diesem Jahr ein großer Teil der verfügbaren Investitionsmittel für die Entwicklung der Schullandschaft verbraucht, das ist jetzt mal die positive Seite des "Bürgerlichen" Schulbeschlusses aus 2013. Hoffen wir alle mal, dass das gelingt. Die Gründe für dieses strukturelle Defizit kann jeder in den Haushaltsreden der im Rat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen der letzten Jahre nachlesen, ich will das im Einzelnen nicht immer wiederholen. Denn wenn diese Haushaltsreden der letzten Jahre im Fernsehen Übertragen würden, könnten sie problemlos wie einst die Vorjahres-Neujahrsansprache eines deutschen Kanzlers erneut verlesen werden. Auch dass die Steuern ganz bestimmt nicht erhöht werden, wird ja ständig wiederholt.
Es scheint mir, dass alle verantwortlichen Politiker die Ausgaben der Stadt Hemer bis auf das Letzte überprüft haben und es eigentlich keine Sparbeschlüsse mehr geben kann, ohne dieser Stadt Lebensqualität zu nehmen. Wie sagte der Jugendamtsleiter Herr Erdmann? Wo andere beim Sparen über Tausender nachdenken, denken wir bestenfalls in Hundertern.
Bei den schmerzhaften Sparbemühungen und Beschlüssen der Stadt will ich heute eine wiederkehrende Ausgabe im Haushalt etwas ausführlicher kommentieren, das ist die Kreisumlage. Sie ist betrachtenswert, weil sie mit 21 Millionen € ein mittlerweile entscheidender dicker Brocken auf der Ausgabeseite ist, mit jährlich steigender Tendenz. Betrachtenswert aber auch, weil sie ein besonderes Stück der kommunalen Selbstverwaltung darstellt; ein, wie ich finde, ziemlich arrogantes Stock kommunaler Selbstverwaltung.
Der Kreistag hat mehrheitlich einen Haushalt von gut 448 Mio. Euro beschlossen. Dabei wurde betont, dass immerhin ein Sparvolumen von 1 Mio. Euro umgesetzt werden soll, also gute 0,22 % der Gesamtsumme. Dieses doch im Vergleich zu unseren Sparbeschlüssen eher minimalistisches Ziel wurde u. A. durch die Bürgermeisterkonferenz kritisiert, da klar wurde, dass damit eine finanzielle Sanierung des Kreishaushalts auf Kosten der Kommunen geplant ist. Die Kreistagsabgeordneten finden das offensichtlich völlig richtig; verbitten sie sich doch jede Kritik.
Ein Ratskollege hat in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender im Kreistag festgestellt, dass in den Städten ja sogar noch Geld für freiwillige Leistungen als Wahlgeschenke der Bürgermeister verteilt würde. Genannt wurde unter anderem der erhoffte NRW-Tag 2020 in Hemer, Menden Iserlohn. Bemerkenswert ist, dass die UWG-Fraktion hier im Rat diese Bewerbung immerhin grundsätzlich begrüßt hat.
Es stellt sich die Frage, was machen Hemers gewählte Kreistagsabgeordnete eigentlich in Lüdenscheid? Sind sie gewählte Vertreter dieser Stadt und somit auch Interessenvertreter Hemeraner Belange oder ist das Abgeordnetendasein schon Selbstzweck?
Wesentlich zielgerichteter agieren da die Hemeranerinnen und Hemeraner in Bürgerinitiativen oder einfach nur als Betroffene. Sie mischen sich ein. Die Liste der Aktivitäten ist lang und beginnt mit der unsäglichen Trinkwasserverschmutzung in 2013. Die im wahrsten Sinne Betroffenen haben mit enormer Sachkenntnis und Hartnäckigkeit einen "Runden Tisch" erreicht, der eine Neue Qualität in der Bürgerbeteiligung markierte. Ebenso hartnäckig haben die Landhauser die Steinbrucherweiterung im Griesenbrauck bekämpft. Letztlich mit großem Erfolg, der Steinbruch ist stillgelegt. Auch der "Runde Tisch" zur Asylbewerbereinrichtung in Deilinghofen ist ein Erfolg für die Menschen. Asylrecht ist Menschenrecht, aber nur ein Dialog schafft Verständnis und Mitgefühl.
In Ihmert wird das Thema Demografie und Stadtteilentwicklung aus gegebenem Anlass breit diskutiert. Es wird die Frage erörtert, wie kann der Stadtteil zukunftsfähig gemacht werden? Die Ihmerter versuchen hier Lösungsansätze zu entwickeln und sind damit Vorreiter für die ganze Stadt. Etwas im Verborgenen hat sich möglicherweise entscheidendes in Sachen A-46 entwickelt.
In Berlin sind die Gesetze geändert worden und so konnte ausgelöst durch einen weiteren "Runden Tisch" in Düsseldorf endlich eine Alternative zum sogenannten Lückenschluss entwickelt werden, um die regionalen Mobilitätsprobleme zu entwirren. Der BUND und die Glga-46 (die GAH ist Gründungsmitglied!) haben mit Hilfe der Landesregierung und gutachterlicher Begleitung eine Netzlösung in das Verfahren eingebracht.
Dieser Vorschlag wird jetzt in Berlin in einem neutralen Verfahren mit anderen Vorschlägen geprüft und bringt vielleicht eine Lösung im jahrzehntelangen Planungskrampf, das Ganze in der bezahlbaren Größenordnung von 40 Mio. Euro, gegenüber 450 Mio. Euro für die Autobahnlösung. Die GAH war und ist in den aufgeführten Beispielen beteiligt und wird sich auch weiterhin mit den Bürgerinnen und Bürgern engagieren.
Die nächste Erweiterung des Steinbruchs Stricker-Weiken kommt in diesem Jahr, das Klimaschutzkonzept der Stadt muss in Arbeit genommen werden, hier insbesondere die Windkraft, das Zielkonzept Demographie wird viel verändern, die Inklusion muss kommen, nach dem Lärmaktionsplan für Durchgangsstraßen haben die Betroffenen ein Anrecht auf Besserung, und wir müssen irgendwann auch mal eine der kaputten Straßen erneuern, wie wir das schon seit vielen Jahren fordern. Das sind nur einige Beispiele von dicken Brettern, die gebohrt werden müssen. Um all das im Sinne der Bürgerinnen und Bürger anpacken zu können, braucht es Geld und das haben wir nicht. Neben konsequentem Sparen, um vielleicht in 2016 doch die Schwarze Null zu erreichen, bleibt nur eine Bündelung der verfügbaren Mittel auf wirklich wichtige Projekte. Wir als GAH werden die Prioritäten auf eine lebenswerte Stadt setzen.
UMWELTSCHUTZ mit all seinen Teilbereichen, BILDUNG und eine ENTWICKLUNG der Stadtteile für alle Generationen stehen nach wie vor auf der grünen Tagesordnung ganz vorne.
Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich, um in mein Bild vom Beginn wieder zurückzukehren, allen Beschäftigten der Fluggesellschaft Hemer, des Fliegers "Haushalt", sei es als Bodenpersonal oder im Cockpit, für ihre Arbeit unter derart erschwerten finanziellen Bedingungen danken. Die GAH wird dem Haushalt 2014 in all seinen Teilbereichen zustimmen.
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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