DieISERLOHNER kritisieren geplante Räumung der Oberen Mühle
Im Rahmen der Reihe „DieISERLOHNER Vor-Ort“ konnten sich einige Mitglieder der Wählergemeinschaft am vergangenen Sonntag ein Bild von der aktuellen Wohnsituation in der ehemaligen Fabrik Kissing & Möllmann machen.
Iserlohn. DieISERLOHNER hatten dabei die Gelegenheit, mehrere Wohnungen zu betreten und sich das Gesamtgelände anzuschauen. Aber vor allem hatten sie die Möglichkeit, intensive und sehr emotionale Gespräche mit den betroffenen Mietern zu führen. „Dabei haben wir sehr viel über die Entwicklung und die Problematik, welche die Betroffenen bewegt, erfahren“, betonen Uwe Albert und Michael Joithe. „Wir sind der Meinung, dass man es hier mit Menschen zu tun hat und nicht mit ,zu verwaltenden' Dingen. Deshalb wären alle Institutionen gut beraten, die Menschen und nicht Formalitäten in den Mittelpunkt zu stellen“, fordern die beiden Sprecher der Wählergemeinschaft weiter.
In den Medien sei immer wieder die Rede von unzureichendem Brandschutz und nicht vorhandenen Rettungswegen. Ein Blick auf die Schreiben der Bauaufsicht vom 20. März offenbare allerdings, dass der Grund des „bauaufsichtlichen Verfahrens“ die „ungenehmigte Wohnnutzung“ der Immobilie ist. Die Frage der Verhältnismäßigkeit sei zu stellen. Und natürlich spiele auch die Historie eine große Rolle. Wohnen hier die Mieter doch bereits seit mehreren Jahrzehnten. Dabei bekomme der überwiegende Teil der dort lebenden Bewohner die Miete vom Jobcenter bzw. vom Sozialamt bezahlt. Wie sei es zu verstehen, wenn Sozialamt, ARGE/später Jobcenter und Stadtverwaltung diese Wohnungen über 30 Jahre lang als Mietwohnungen anerkannt haben? Und das nicht nur einmal. "Schließlich gibt es bei jedem Eigentümerwechsel Begehungen, bevor man die Wohnungen erneut als Mietwohnungen freigibt, damit Mietzahlungen seitens der jeweiligen Ämter übernommen werden können", so Uwe Albert.
Auch habe die Stadt die Meldeadresse „Obere Mühle 28“ über Jahrzehnte nicht beanstandet. Hier sei zu prüfen, ob nicht analog zu den Ausführungen der OVG Berlin (1983) und Weimar (2003) der erweiterte Bestandsschutz greife. „Die Menschen haben sich innerhalb der Immobilie über viele Jahre hinweg, einige bereits seit über drei Jahrzehnten, ihre eigene Welt geschaffen und plötzlich sollen sie raus? Ohne die eigenen Möbel und ohne ihre Haustiere, an denen sie hängen, mitnehmen zu dürfen.
Erweiterter Bestandsschutz?
Diese Eile möchte ich gerne von der Bauaufsicht erläutert haben!“, betont Joithe, der damit auch auf Gerüchte reagiert, dass angeblich eine neue Nutzung bereits im Gespräch ist und es vornehmlich darum ginge, den aktuellen Eigentümer „loszuwerden“ – indem man ihm die existentiellen Mieteinahmen entzieht. „Hier haben Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, ein eigenes Lebensmodell, ein liebenswertes Kleinod innerhalb der Stadt geschaffen. Ein Lebensmodell, das nicht nur Wohnung, sondern Heimat in einer funktionierenden Gemeinschaft geworden ist. Hier haben sich Menschen zusammengefunden, die mit ihrer ureigenen Lebensweise keinen Dritten belästigen“, bringt es Albert auf den Punkt. Der Eigentümer habe nach eigenen Aussagen bereits über 400.000 Euro in die Immobilie investiert. Die Mieter bestätigen im Gespräch mit den ISERLOHNERN, dass zum ersten Mal die Wohnsituation durch den derzeitigen Eigentümer laufend verbessert wurde. Die Stadt solle einmal die Kosten der Zwangsmaßnahmen und die Unterbringung der Menschen in anderen Unterkünfte etc. in Relation zu den Kosten der dringendsten Brandschutzmaßnahmen setzen. DieISERLOHNER fordern die Stadt auf, das Ziel „Soziale Stadt“ nicht aus den Augen zu verlieren. Denn für das aktuelle Nutzungs- und Umsetzungskonzept wurden nicht unerhebliche Fördermittel kassiert. Fördermittel, die sich nicht ausschließlich auf die Werkstadt im Hinterhof bezogen haben.
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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