Der Tod einer ganzen Straße?

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Hemer lacht - Hemer weint! Während vor wenigen Tagen auf dem ehemaligen Seuthe-Gelände das neue Medio-Fachmarkt-zentrum für strahlendes Lächeln bei Investor und Bürgermeister sorgte, scheint an anderer Stelle der Felsenmeerstadt „der Ausverkauf“ endgültig begonnen zu haben. Bei einem Spaziergang durch die Untere Hauptstraße drängt sich einem unweigerlich der Eindruck auf, sich in eine echte Geisterstadt verirrt zu haben. Wohin man schaut, leerstehende Ladenlokale mit kleinen oder größeren Hinweisschildern: „Zu vermieten“ oder „Nachmieter gesucht“. Stirbt hier ein ganzer Straßenzug den langsamen Geschäftstod?
„Die uns vorliegenden Anfragen passen einfach nicht mit den vorhandenen Angeboten zusammen.“ Fabian Tigges von der Hemeraner Grundstücks- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (GWG) wirkt mit Blick auf die trostlose Situation an der unteren Hauptstraße auch etwas ratlos.
Wohin man auch schaut - leerstehende Ladenlokale. An die wohl nur noch auf ihren Abriss wartende Ruine des ehemaligen „Corso“-Kinos und das angrenzende, frühere Restaurant Edelhoff hatte sich der Beobachter ja längst gewöhnt, doch die sich zuletzt immer schneller drehende Spirale von Geschäftsaufgaben macht doch betroffen. Stirbt hier eine traditionsbehaftete Straße den „Geschäftstod“? Zuletzt erwischte es nach Opel Nolte die Markus-Apotheke und den seit einem Vierteljahrhundert selbst bei Kunden aus der weiteren Umgebung beliebten „El Greco“-Grill. Die Gründe für die Aufgabe der Inhaber sind vielschichtig und reichen dabei von Krankheit über Altersgründe bis zur Platznot.
Viele der bereits länger aufgegebenen Ladenlokale machen inzwischen ein „heruntergekommenen“ Eindruck. Das deckt sich auch mit den Erkenntnissen der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. „Bei den Leerständen handelt es sich überwiegend um kleine Ladenlokale, die nach außen hin unattraktiv und ungepflegt wirken und z. B. durch Stufen im Eingangsbereich eben nicht mehr nachfragegerecht sind“, erläutert Fabian Tigges von der GWG. „Wenn sich bei uns z. B. Filialisten nach zur Verfügung stehenden Ladenlokalen erkundigen, wird es erst ab circa 250 m² Verkaufsfläche interessant.“
Ins gleiche Horn stößt auch Bürgermeister Michael Esken, der davon ausgeht, dass „die untere Hauptstraße in den kommenden Jahren ihr Gesicht weiter verändert, weg von einer traditionellen Geschäftsstraße“ . Esken sieht vor allem die Eigentümer in der Pflicht, hat hier aber wenig Hoffnung. „Es wäre schön, wenn sich die Eigentümer einfach mal mit der Stadt in Verbindung setzen würden. Doch diese kommen überwiegend nicht aus Hemer, haben ihre Objekte längst steuerlich abgeschrieben und so kein übermäßiges Interesse daran, noch weiter in die Immobilien zu investieren und einen Nachmieter zu finden.“
Doch in der ganzen Trostlosigkeit gibt es sie scheinbar noch, die „Insel der Glückseligen“. Und das ist Radio Hennecke. Bereits seit 1956 an der Unteren Hauptstraße beheimatet, denkt Inhaber Klaus Hennecke überhaupt nicht an einen Standortwechsel. „Natürlich wäre es schön, wenn durch attraktive Geschäfte in der Nachbarschaft noch mehr Laufkundschaft käme. Doch die Hoffnung habe ich eigentlich aufgegeben.“ Henneckes eigentlicher Trumpf sind aber die treuen Stammkunden, die vor allem seinen Service zu schätzen wissen. „Wenn mich am 23. Dezember eine Oma anruft, dass ihr Fernseher nicht funktioniert, fahren wir selbstverständlich noch vor Weihnachten zur Reparatur raus“, so Hennecke, der sein Unternehmen auch gern als sein (nach dem Handball)zweitliebstes Hobby bezeichnet.
Solche „Geschäftsleute mit Herz“ gibt es in der heutigen Zeit aber immer weniger, und so scheint das Schicksal der Unteren Hauptstraße als Geschäftsstraße in der Tat über kurz oder lang besiegelt zu sein.

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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