Asylbewerber-Unterkunft: Runder Tisch fordert einmütig schnelle Rückkehr zum Normalbetrieb
Beim zweiten Runden Tisch zur Zentralen Unterbringunseinrichtung für Asylbewerber in Deilinghofen Apricke waren sich die Teilnehmer einig bei der Suche nach der Ursache für die in letzter Zeit zunehmenden Probleme: die starke Überbelegung und die dadurch bedingte, verkürzte Verweildauer.
Vor der eigentlichen Diskussionsrunde führte Michael Bennemann, Leiter der Malteser-Einrichtung, die Teilnehmer bei einem Rundgang durch die Einrichtung und bot ihnen dabei interessante Einblicke in das Leben, die Probleme und die Betreuung der aktuell fast 600 Menschen aus 24 Nationen, angefangen von der "Rezeption" (Aufnahme) und der Kleiderkammer über Kinderstube und Frauentreff bis zur Kantine mit dem dort auf Anregung des ersten Rundes Tisches inzwischen installierten Sicherheitsdienstes.
"Wo Menschen zusammengepfercht sind, steigt das Gewaltpotenzial"
Nach Abschluss des Rundganges eröffnete Moderator Pfarrer Dr. Lohmann dann die eigentliche Sitzung des Runden Tisches. Zunächst informierte Volker Milk, Regierungsvizepräsident der zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg über die aktuelle Situation. Demnach erwartet das Land NRW für 2013 insgesamt 20.000 Ayslbewerber, was einer Steigerung von ca. 80 Prozent entspricht. "Dem kann man nur durch die Schaffung von weiteren Flüchtlingsunterkünften begegnen", so Volker Milk, "denn uns ist klar, dass die bisherigen Einrichtungen an der Kapazitätsgrenze angekommen sind bzw. diese bereits überschritten haben." Das sei auch die eigentliche Ursache für die stark zunehmenden Probleme in Deilinghofen. "Wo Menschen so zusammengefercht werden (müssen), steigt auch das Gewaltpotenzial". Da das ehemalige Krankenhaus in Wickede-Wimbern aufgrund der Schadstoffbelastung kurzfristig nicht nutzbar sei, sei man bei der Bezirksregierung bereits aktiv geworden und habe an weiteren drei Standorten, darunter die aufgegebene Siegerlandkaserne in Burbach, zusätzliche Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen bereitgestellt.
Ebenfalls positiv bewertete er eine aktuelle Gesetzesinitiative im NRW-Landtag, wonach die Asylbewerber in den Zentralen Unterbringungseinheiten zukünftig auf die kommunale Aufnahmequote angerechnet werden sollen, "was dazu beitragen wird, die Belastung der betroffenen Städte zu verringern".
Außerdem habe man seitens der Bezirksregierung auf das Problem der besonders negativ aufgefallenen Flüchtlinge aus Marokko reagiert und darauf hingewirkt, dass die Asylbewerber auf mehrere andere Einrichtungen verteilt werden. In der Deilinghofer Einrichtung kommen aktuell "nur" noch 3,7 Prozent aus dem nordafrikanischen Land.
"Werden noch einen schwierigen Winter vor uns haben"
Gleichzeitig warb Volker Milk aber bei den Bürgervertretern um Verständnis, dass diese Maßnahmen nicht von heute auf morgen greifen könnten. "Wir werden wohl noch einen schwierigen Winter vor uns haben, doch danach bin ich vorsichtig optimistisch, dass sich die Lage in Deilinghofen wieder normalisiert."
Auch Pfarrer Dr. Lohmann machte noch einmal deutlich, dass man die allgemeine Asylbewerbersituation nur schwer voraussagen könne. "Jede zukünftige Kastastrophe in der Welt landet ein halbes bis dreiviertel Jahr später auch in Hemer."
Die zumindest mittelfristigen positiven Aussichten für Deilinghofen begrüßten auch die vier teilnehmenden Bürgervertreter. Doch gleichzeitig beklagten Melanie Rohländer, Wolfgang Eichler, Manuela Seelmann und Andre Knüwe die nach wie vor beängstigenden aktuellen Zustände im näheren Umfeld der Asylbewerberunterkunft am Apricker Weg. Ganz konkret schilderten die Deilinghofer Bürger regelmäßig selbst beobachtete Szenen und Vorfälle wie übermäßigen Alkoholgenuss, Diebstähle und Belästigungen insbesondere weiblicher Personen. Andre Knüwe: "Die Ängste in der Deilinghofer Bevölkerung sind nach wie vor definitiv vorhanden."
Alkoholmissbrauch, Diebstähle und sexuelle Belästigungen
Und auch der stellvertretende Filialleiter des Deilinghofer Kaufparks - einem der Brennpunkte in der Problematik - musste von einer Verdopplung der Diebstähle, dem gehäuften Essen und Trinken von noch nicht bezahlter Ware im Laden und einem spürbaren Umsatzrückgang berichten. "Durch die meist in Gruppen auf unserem Parkplatz herumstehenden und Alkohol komsumierenden Asylbewerber werden vor allem in den Abendstunden weibliche Kundinnen abgeschreckt," so Eugen Hort.
Christa Belabbes (Netzwerk Diakonie) machte dagegen deutlich, dass die ganz überwiegende Zahl der "Campbewohner" friedlich sei und es mit ihnen nach wie vor keinerlei Probleme gäbe. "Gleichzeitig erschwert mir und meinen Mitarbeiterinnen aber die stark verkürzte Verweildauer von häufig nur noch wenigen Tagen die intensive Vorbereitung der Flüchtlinge auf ein Leben außerhalb der Einrichtung."
Toleranz der Deilinghofer nicht zu sehr beanspruchen
Frank Hartmann, anwesender NRW-Landtagsabgeordneter der Piratenpartei, machte hingegen die Beschäftigungslosigkeit und Langeweile der Bewohner als möglichen Grund für das Fehlverhalten einzelner Bewohner aus. Klaus Schreiber (UWG) sah die Gefahr, dass die bisher durchaus hohe Akzeptanz der Malteser-Einrichtung in der Deilinghofer Bevölkerung durch das öffentliche Verhalten einzelner Weniger immer weiter sinkt. "Vielleicht kann man versuchen, durch kleine Aktionen wie Reinigungsmaßnahmen durch die Asylbewerber dieser Tendenz entgegenwirken." Auch könne er sich vorstellen, durch verstärkte Streifen im Bereich zwischen Deilinghofer und Europastraße ein Signal an die Deilinghofer Bevölkerung zu senden.
Und Arne Hermann Stopsack (FDP) forderte, die Toleranz der Deilinghofer Bürger nicht zu sehr zu strapazieren. "Die einzige Lösung hierfür ist die Zahl der Bewohner möglichst schnell auf das Normalmaß von 350 statt der aktuell 600 zu senken." Mit dieser Aussage rannte er bei Volker Milk offene Türen ein. "Es ist fester Wille der Bezirksregierung, die Anzahl der Asylbewerber hier in Hemer schnellstmöglich auf das Normalmaß, also max. 500 mit einem Regelbetrieb von 350 zurückzuführen und gleichzeitig die Verweildauer wieder auf mindestens vier bis sechs Wochen zu erhöhen." Daran arbeite die Bezirksregierung aktuell bereits mit Hochdruck. "Wir sind optimistisch, dass wir innerhalb der nächsten vier Wochen zusätzliche rund 500 Plätze für Asylbewerber an anderen Orten einrichten können um so die Überlastung der Deilinghofer Einrichtung zu reduzieren."
Trotz dieses zumindest mittelfristigen "Lichts am Ende des Tunnels" wollen die Teilnehmer des Runden Tisches auf alle Fälle am Ball bleiben. Deshalb wurde die nächste Sitzung schon mal für Anfang Januar 2014 terminiert.
Autor:Christoph Schulte aus Hemer |
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