Wolfgang Tiedeck war schwer an Covid-19 erkrankt und gilt nach langer Behandlung im Klever St.-Antonius-Hospital als geheilt
Glaube, Gebete und ausgezeichnete Versorgung

Mit einem Strohhalm trainiert Wolfgang Tiedeck seine Lunge. Durch diese Atemtechnik unterdrückt er den Hustenreiz.
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Wolfgang Tiedeck war schwer an Covid-19 erkrankt. Elf Tage nach dem Auftreten der ersten Infektionssymptome verschlechterte sich sein Zustand dramatisch, er musste intubiert und beatmet werden. Heute gilt er als geheilt. Sein Glaube habe ihm geholfen, sagt er – und die ausgezeichnete Versorgung im Klever Krankenhaus.

WEEZE. Etwas Husten, leichtes Fieber. So fing es an, daran erinnert sich Wolfgang Tiedeck genau. Die Berichte über das neue Virus waren schon Schlagzeilen in den Zeitungen. Sicher ist sicher, dachte sich der der evangelische Theologe aus Weeze und suchte die Fieberambulanz des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums in Kleve auf.

Ein Ergebnis bekam er nach dem Abstrich sofort: Eine Grippe war es nicht. Und Corona? Der Pastor, der als Dozent in einem Missionskolleg in den Niederlanden arbeitet, fuhr heim und wartete auf die Laborergebnisse.

Einen Tag nach dem Test ging das Fieber zurück. Am folgenden Vormittag fühlte sich Tiedeck fast wieder gesund und half im Haushalt. Doch am Nachmittag stieg das Fieber plötzlich wieder an. Dann klingelte das Telefon: „Herr Tiedeck, der Corona-Test ist positiv“, so die Mitarbeiterin des Kreisgesundheitsamtes.

Tiedeck blieb gelassen. Er hatte im Rahmen seiner kirchlichen Tätigkeit mit seiner Frau Heike viele Jahre in Afrika gelebt. Dort bekamen sie Malaria und Typhus und wurden wieder gesund. „Wir dachten, das jetzt überstehen wir auch“, sagt seine Frau.

Das Corona-Programm begann: Er wurde aufgefordert, im Hause zu bleiben. Per Mail sollte er sämtliche Kontaktpersonen benennen. Zehn Tage blieb Tiedeck in häuslicher Quarantäne, seine Frau insgesamt über drei Wochen. Die erhoffte Besserung trat nicht ein.

Wolfgang Tiedekcks Atmung wurde flacher, der trockene Husten verschlimmerte sich. Zehn Tage nach den ersten Beschwerden und vier Tage nach der Diagnose telefonierte er mit einer befreundeten Ärztin. Nach jedem zweiten Wort musste er Luft holen. Die Freundin sagte: „Ich würde dich sofort ins Krankenhaus schicken.“ Tiedeck rief den Krankenwagen, Sanitäter in Schutzmontur holten ihn ab und brachten ihn ins Klever St.-Antonius-Hospital. Besuch verboten.

Im Krankenhaus verordneten Dr. Ufuk Gündug und Dr. Sofia Chatzisavvidou dem Patienten Sauerstoff per Atemmaske. Zwölf Liter bekam er zusätzlich, doch die Werte blieben schlecht. Deshalb blieb nur die Intubation und die Beatmung. Ein Eingriff, der zu diesem Zeitpunkt die einzige Heilungschance war. Ein Eingriff, den das Mediziner-Team im Gegensatz zu vielen anderen Patienten noch mit Wolfgang Tiedeck besprechen konnte.

Tiedeck lag in seinem Bett und verstand. Heilungschancen. „Das heißt, das könnte auch das Ende meines Lebens sein“, ging es ihm durch den Kopf. Eine medizinisch sinnvolle Alternative gab es jedoch nicht, Tiedeck stimmte dem Eingriff zu. Drei Telefonate konnte er noch führen – in dem Bewusstsein, dass es vielleicht die letzten seines Lebens sein würden. Er sprach mit seiner Frau, mit seinem Sohn und mit seinem Bruder.

In dieser Situation gab ihm sein christlicher Glaube Kraft. Wolfgang Tiedeck: „Ich glaube, dass mein Leben in Gottes Hand liegt. Wenn ich sterbe, ist das nicht das Ende, sondern ich bin bei Gott. Das ist eine Hoffnung, die über den Tod hinausgeht.“ Dann legte sich die Kunststoffmaske über seinen Mund und seine Nase, und das Narkosegas versetzte ihn in ein künstliches Koma.

Was in den folgenden elf Tagen geschah, davon weiß Tiedeck nur aus den Berichten der Ärzte und den Erzählungen seiner Frau. Er lag in diesen elf Tagen bewusstlos in einem Bett der Intensivstation, angeschlossen an ein Gerät, das im steten Rhythmus Luft in seine Lungen pumpte. Wenn Menschen in seiner Nähe waren, waren dies das Pflegeteam der Intensivstation um Stationsleitung Tim Wieggers und Ärzte, die zuvor in einer Schleuse Schutzkleidung angelegt hatten. Sie führten mit sicheren Routinen erforderliche Prozeduren durch – zum Beispiel die Veränderung der Körperlage.

Tiedeck bekam nicht mit, dass eine zusätzliche Infektion – die Mediziner sprechen von „bakteriellen Superinfektion“ – seine Lage noch bedrohlicher machte. Er bekam nicht mit, dass Laborwerte von Nieren- und Leberfunktion schlecht waren. „Es gibt derzeit noch kein Medikament, mit dem die Infektion mit dem neuen Coronavirus geheilt werden kann“, sagt Dr. Gündug, der die Versorgung der Corona-Patienten im St.-Antonius-Hospital federführend betreut. „Deshalb bleibt uns nur die symptomatische Therapie.“

Heike Tiedeck, gelernte Krankenschwester, hielt in diesen Tagen telefonisch Kontakt zur Station. Mehr Nähe war nicht möglich. „Es waren gute Gespräche“, erinnert sie sich. „Meine Fragen wurden kompetent beantwortet. Und es wurde auch offen gesagt, wenn die Medizin an Grenzen stößt. Da war es mir eine Hilfe, dass viele Freunde für uns und das medizinische Team gebetet haben.“

Alle, die an der Behandlung von Covid-19 beteiligt sind, betreten medizinisches Neuland. Es gibt keine Handbücher, keine Leitlinien. Umso wichtiger ist, dass sich alle Kräfte aufeinander verlassen können. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat ausgezeichnet funktioniert“, berichtet Pflegedienstleiter Georg Lenz. „Wir sind ein gutes Team.“

Ein Team, dessen gemeinschaftlichem Einsatz es zu verdanken ist, dass Wolfgang Tiedeck nach elf Tagen aus dem Koma aufgeweckt werden konnte und wieder begann, eigenständig zu atmen. Er konnte noch nicht allein aufstehen und war so geschwächt, dass ihm das Essen angereicht werden musste. Acht Kilo Körpergewicht hatte er verloren, zwei Wochen später erst konnte er aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Jetzt übt er in seiner Wohnung in Weeze gemeinsam mit seiner Frau mühsam den Alltag wieder ein. Er darf kleine Spaziergänge machen, aber nicht zu viel, das könnte seinen geschwächten Organismus überanstrengen. „Ich habe mich vorher für viele Dinge des Lebens interessiert. Aber ich merke, dass ich jetzt kürzer treten muss“, so Tiedeck.

In den Wochen, bevor die Erkrankung zuschlug, hatte das Ehepaar die eigene Silberhochzeit vorbereitet. Als das Virus sich verbreitete, sagten Wolfgang und Heike Tiedeck die geplante Feier wegen des Versammlungsverbots ab. Dann erkrankte Wolfgang Tiedeck selbst. Und die Wiederkehr des Tages, an dem der Bund fürs Leben besiegelt wurde, verbrachte er allein zwischen Leben und Tod auf der Intensivstation im Koma.

Die Wochen der Erkrankung aber haben die beiden noch mehr zusammengeschweißt. „Wir wissen so viel mehr, was wir aneinander haben“, sagt Wolfgang Tiedeck. Und die Feier ist lediglich aufgeschoben.

Autor:

Lokalkompass Goch aus Goch

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