„Ich werd Dir gleich helfen!“ Drohung des Genervten oder Wahlspruch des Ehrenamtlers?
Hört sich böse an, ist aber nicht immer so!
Folgende Begebenheit läßt mich oft an diesen Satz denken.
Ich wohnte in Hattersheim in der Nähe von Frankfurt in einer kleinen Bude. War dort zu meiner Ausbildung zum Substituten im Einzelhandel . Es war Winter, früh dunkel und ziemlich kalt.
Aber ich war jung, wer friert denn da schon?
Also abends nach dem Duschen und vor dem Relaxen noch mal eben im dünnen Trainingsanzug in den Keller. Halt: Schlüssel nicht vergessen. Doch noch vorm Rausgehen aus der Bude klingelt das Telefon. Chef am Telefon. Hatte nichts besseres zu tun als mich über unsere Nachbarfiliale zu informieren. 6 Kranke bei 20 Mitarbeitern, denen werden wir helfen!
Vollkommen glücklich darüber, meinen Einsatz am nächsten Morgen deswegen drei Stunden vorzuverlegen, um helfen zu können, ging ich in den Keller, holte mir zwei Bier und....stand vor verschlossener Tür. Die war zugeklappt und mein Schlüssel lag am Telefon, samt Flaschenöffner.
Handy zum Anrufen eines Schlüsseldienstes gabs noch nicht. Heutzutage kein Problem, außer, dabei evtl. recht arm zu werden. Also war die einzige Alternative zu warten, zu grübeln, zu hoffen, daß jemand zu Hilfe kommt.
Ich hatte ja immerhin zwei Nachbarn. Keiner war da! Waren die nicht im Urlaub? 3 Wochen Malediven? 14 Tage Goch am Niederrhein? Die wollten doch weg. Oder war das erst zu Ostern? Oder schon wieder zurück und nur kurz weg?
Oder....Die Haustür ging auf und Nachbar Till war da, stand in der Tür, schaute, sah mich da auf der Treppe sitzen und begann zu lachen. „Ich werd Dir gleich helfen“, prustete er, „aber erst machen wir das Bier auf“.
Danach zückte er seinen Flaschenöffner,natürlich am Schlüsselbund, dann ein Werkzeug aus seiner Geldbörse , klein und dünn, und schwupps, meine Tür war geöffnet, der Relax - Abend gerettet!
Bei dem Gedanken jedoch an „Ich werd Dir gleich helfen“ wurde ich von nun an von jeder „Hilfe“ peinlich berührt und versprach mir Abhilfe durch Eliminieren des Unwortes aus meinem Sprachschatz.
Allerdings hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht – mein Arbeitsplatz war der Einzelhandel. Und hier geht’s um Menschen, um Hilfe beim Kauf. Und der erste Satz eines Mitarbeiters am nächsten Arbeitstag war die Frage an seinen ersten Kunden: „Kann ich Ihnen helfen?“ Einzig dessen Antwort beruhigte mich und holte mich wieder auf den Teppich.“Mir ist nicht mehr zu helfen, aber sie können mir den Toaster original verpackt verkaufen“.
Diesmal hätte ich beinahe geprustet vor Lachen.
Aber was hat es mir geholfen?
Nun, eigentlich viel, denn aus dem damaligen Urlaubsort Goch wurde meine Ersatzheimatstadt, das Wort „Hilfe“ habe ich nun akzeptiert und helfe als AWO – Mitglied mittlerweile denen, die Hilfe wirklich nötig haben. Und manchmal platzt es auch noch aus mir heraus, wenn wieder mal jemand mich veräppeln will.
„Ich werd Dir gleich helfen“.
Alles klar? Was ist nun! Kommt inne Puschen! Auf ins Ehrenamt. Mit Siebenmeilenstiefeln. Wie der Kleine!
Bis neulich!
Autor:Lothar Dierkes aus Goch |
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