Die Corona-Krise verbietet dem Gocher Kolpingchor das Singen, doch der fand Alternativen
Eine Gemeinschaft, die lebt

Dirigent Paul Verheyen (am Klavier) und Norbert Rauenhoff, der erste Vorsitzende, bedauern, dass der Kolpingchor sein stimmliches Repertoire nicht der Öffentlichkeit vorstellen kann.
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  • Dirigent Paul Verheyen (am Klavier) und Norbert Rauenhoff, der erste Vorsitzende, bedauern, dass der Kolpingchor sein stimmliches Repertoire nicht der Öffentlichkeit vorstellen kann.
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Die Chöre im Kreis Kleve stecken in der Krise fest, denn gerade das Singen ist in Corona-Zeiten verboten. Mag die Welt auch Lieder brauchen, die beim Singen ausgestoßenen Aerosole will niemand haben und darum ist an Proben oder gar Auftritte nicht zu denken. In Sachen Kultur präsentiert sich der Virus leider ziemlich ungehörig.

VON FRANZ GEIB

Goch. "Bis Ende Februar war unsere Chor-Welt noch in Ordnung, seit März hat man von uns nichts mehr gehört", ist Paul Verheyen, der Dirigent des traditionsreichen Gesangsensembles aus der Niersstadt, verzweifelt. Und für einen war der erste Lockdown im Frühjahr ein echter Hemmschuh, denn kurz zuvor wurde Norbert Rauenhoff zum neuen ersten Vorsitzenden gewählt: "Und dann kam Corona, noch bevor ich mein Amt richtig ausüben konnte."
Denn anstatt die Mitglieder für die beliebten Aktivitäten zu ermuntern, mussten Rauenhoff und Co. alles absagen: Die alle zwei Jahre stattfindende Pfingsttour? Storniert! Regelmäßige Proben? Nicht mehr möglich!

Großes Konzert abgesagt

Während im Sommer leichte Lockerungen den arg gebeutelten Gastwirten zumindest ein paar Gäste in die Biergärten schoben, konnten die Chöre noch immer nicht proben, geschweige denn gemeinsam singen. Hatten die Kolpingsänger noch im Herbst darauf gehofft, dass zumindest ihr alljährlich stattfindendes Groß-Konzert mit dem Siebengewalder Grenslandmannenchor über die Bühne der Aula in Gaesdonck gehen könnte, ist dies seit einer Woche auch passé, ohne stattgefunden zu haben. Verschoben ins Jahr 2021, verbunden mit der Hoffnung, dass irgendwann alles wieder seinen normalen Gang gehen wird.
Doch der Kolping-Chor ist keine Sangesgemeinschaft, die stillsteht, schon gar nicht mit einem solchen musikalischen Leiter. "Paul Verheyen ist nicht nur Dirigent, sondern macht hier alles was möglich ist", weiß der Vorsitzende zu berichten und zählt auf, was der frühere Ingenieur auf die Beine gestellt hat, um den Mitgliedern und Freunden des Chores zu signalisieren, dass der Kolpingchor nach wie vor lebt. So bekommen die Kolping-Brüder seit der Corona-Pause jeden Freitag via Internet eine Musik-Datei zugeschickt, die zwei bis drei Gesangsstücke nebst einer kleinen Kommentierung beinhalten, die an diesen Übungstagen geprobt werden würden. Das Repertoire von Paul Verheyen ist überwältigend, denn der Autodidakt hat ein Archiv mit allen Kolping-Konzerten seit 1980 angelegt.

Geselliges Miteinander

Für das am vergangenen Nikolausabend ausgefallene Konzert hatte der Dirigent eine Konzertmappe mit allen Beiträgen und einer Übungs-CD angelegt und zwar für jede Stimme extra, damit sich jeder auf das große Konzert vorbereiten konnte.
Nicht nur musikalische Lebenszeichen wollte der Kolpingchor aussenden, auch die Geselligkeit sollte im Corona-Jahr nicht brachliegen. So wurde im Sommer ein Stammtisch gegründet, der zum Grillabend wurde und dreimal stattfinden konnte. Zu den Geburtstagen der Sänger gratulierte der Vorstand kontaktfrei telefonisch zum "11-Ührken" und sandte auf diesem Weg einen musikalischen, vierstimmigen und persönlichen Glückwunsch.
Auch an die Jubilare hatten Verheyen und Rauenhoff gedacht: Die wären normalerweise am heutigen Samstag im Rahmen des Jahresabschlussfestes geehrt worden, doch auch dieses wurde bereits abgesagt. Für die treuen Mitglieder hatte sich der Vorstand etwas Besonders ausgedacht, verriet Norbert Rauenhoff: "Eine persönliche Ehrung konnten wir nicht vornehmen, darum haben wir uns für das Fleurop-Prinzip entschieden." Soll heißen: Am heutigen Samstag bekommen alle Jubilare einen Blumenstrauß mit Glückwunschkarte des Chores, Urkunde und Ehrennadel vom Chorverband und vom Kolping-Chor eine Jubiläums-CD mit einem persönlichen Jubiläumssong und den musikalischen Highlights aus den Konzerten des Kolping-Chores. Und der 1. Vorsitzende gratuliert dazu telefonisch.

75 Jahre im Kolpingchor

Nur bei einem Mitglied haben Rauenhoff und Verheyen eine Ausnahme gemacht: Theo Holl. Der 92-jährige Sänger hält dem Kolpingchor länger die Treue, als der Chorverband bisher je auf seiner Rechnung hatte. "Für 75 Jahre gibt es keine Nadel, so etwas hat es im Chorverband noch nie gegeben. Schon ab 65 Jahren Gesangstätigkeit gibt es keine Zahl mehr auf den Ehrennadeln", schmunzeln Verheyen und Rauenhoff. Aufgrund dieses herausragenden Ereignisses ließen es sich der Vorsitzende und der Dirigent nicht nehmen, Theo Holl einen persönlichen Besuch abzustatten, unter Einhaltung der Corona-Regeln. Und sie kamen nicht mit leeren Händen: "Wir haben eine Nadel und natürlich eine Urkunde anfertigen lassen und einen Blumenstrauß gab es auch. Beim Besuch erfuhr die Kolping-Abordnung noch vieles mehr: Neben dem Hobby Singen hat der gelernte Heizungsinstallateur und langjährige Mitarbeiter des Ordnungsamtes weitere Leidenschaften. Er ist Briefmarkensammler, erfolgreicher Taubenzüchter und begeisterter Hobby-Kupferschmied. Und nicht nur beim Kolpingchor feiert Theo Holl ein einmaliges Jubiläum. Bei der Feuerwehr Goch wird der ehemalige Chef der Gocher Feuerwache aller Voraussicht nach in zwei Jahren ebenfalls geehrt, dann für 80 Jahre Mitgliedschaft! Dirigent Paul Verheyen (am Klavier) und Norbert Rauenhoff, der erste Vorsitzende, bedauern, dass der Kolpingchor sein stimmliches Repertoire nicht der Öffentlichkeit vorstellen kann. 
Info: Sieben Jubilare hatte der Kolpingchor in diesem Jahr zu ehren: Neben Theo Holl sind dies Heinz Rouenhoff (65 Jahre), Hans Rouenhoff (65), Rudi Kempkes (60), Jakob Schoofs (50), Hans-Peter Jenneskens (40) und Johannes Verhoeven (25).

Dirigent Paul Verheyen (am Klavier) und Norbert Rauenhoff, der erste Vorsitzende, bedauern, dass der Kolpingchor sein stimmliches Repertoire nicht der Öffentlichkeit vorstellen kann.
Theo Holl gehört länger dem Kolpingchor an, als der Chorverband je dachte: 75 Jahre lang hält er der Sangesgemeinschaft die Treue.Fotos: Steve
Autor:

Franz Geib aus Goch

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