Warten ...

... Zeit ist relativ ...

Wer schon mal in einem Krankenhaus gelegen hat, wird wissen, worüber ich hier schreibe.

Das Warten fängt schon bei der Aufnahme an. Es gibt sogar einen speziellen Raum dafür: das Wartezimmer. Meistens sind die Stühle von Wartenden besetzt, und ich warte so lange auf dem Flur, bis einer frei wird und ich mich setzten kann. Nun sehe ich erst, wie viele hier auf mich gewartet haben, um vor mir „dran zu sein“.

Bis ich dann auf der richtigen Station, im richtigen Zimmer und im richtigen Bett liege, hatte ich noch etliche Wartezeiten zu überbrücken. Man hat mir auf unterschiedlichsten Etagen die unterschiedlichsten Proben entnommen und ebensolche Fragen gestellt. Danach habe ich jeweils vor unterschiedlichsten Aufzügen gewartet, Flure durchschritten, die sich ähnelten wie eineiige Zwillinge. Zum Glück habe ich ein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen und habe Grund-, Quer- und Seitenrisse eines noch so verschachtelten Krankenhauses schnell im Kopf abgespeichert – sogar die Fluchtwege. Man kann ja nie wissen …

Außerdem ist ja das ganze Gebäude ordentlich vom Keller bis unters Dach in Geschosse eingeteilt. Die unterschiedlichen Stationen sind alphabetisch mit Großbuchstaben geordnet, die Zimmer der Reihe nach durchnummeriert. Hier hat alles seine Ordnung – meistens. Auch der Tagesablauf.

Seit gefühlten vier Stunden warte ich darauf, dass es hell wird. Danach warte ich, bis einer der Bettnachbarn die Nasszelle verlässt. Viel länger hätte ich nicht mehr warten können. Das muss an den Medikamenten liegen und an dem vielen Wasser, das ich trinken sollte.
Frisch aufgemotzt warte ich anschließend aufs Frühstück – endlich Kaffee. Na ja, Kaffee im Krankenhaus ist auch gewöhnungsbedürftig. Mein linker Bettnachbar meint, da müsse ich wohl noch etwas warten. Erst würden die Betten gemacht, dann käme die Visite. Also warten.
So verstreicht der Vormittag. Warten auf die erste Infusion. Warten, bis sie durchgelaufen ist – Tröpfchen für Tröpfchen – ein Liter. Warten, bis der keimfrei durchgewischte Fußboden aufgetrocknet ist. Warten, ob jemand anruft oder zu Besuch kommt. Warten, bis die Toilette frei wird. Warten auf das Mittagessen. Warten auf irgendwelche Laborergebnisse. Warten auf die netten Schwestern, die mir mein Blut abzapfen wollen. Warten, bis der Besucher meines rechten Bettnachbarn seine durchdringende und laute Stimme etwas dimmt, bevor er zum vierten Mal die Fußballergebnisse kommentiert – oder sich endlich verabschiedet. Warten, bis ich gelassener werde. Omm, Omm …

Warten, dass der Regen aufhört, und ich eine Runde durch den Park drehen kann. Warten auf das Abendbrot. Warten, bis es dunkel wird und abwarten, auf welches Fernsehprogramm wir uns einigen können. Warten, dass der Kasten ausgeschaltet wird. Warten auf Schlaf. Warten, ob der Nachbar nach seiner bärenstarken Schnarchattacke wieder normal weiter atmet oder in Schnappatmung übergeht. Warten auf die Nachtwache.

Und warten, bis es wieder hell wird ...

Text und Cartoon: Mac / 2015

Autor:

Gottfried (Mac) Lambert aus Goch

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