Kessel sagt "Nein" zur Windkraftindustrie im und am Wald
Die Kesseler Bürger haben ihre Meinung zur Windkraftindustrie im und am Reichswald gegenüber dem amtierenden Gocher Bürgermeister Ulrich Knickrehm zum Ausdruck gebracht. Der Verkehrs- und Heimatverein (VHV) des Dorfes hatte in die Kesseler Traditionsgaststätte Gossens geladen, um das Ergebnis einer durchgeführten Haushaltsbefragung über die im und am Reichswald geplanten Windkraftanlagen zu erörtern. Zudem wurden die gesammelten Unterschriften an den Bürgermeister übergeben. Auch die deutsch-niederländische Bürgerinitiative „Gegenwind im Reichswald“ war zahlreich zugegen.
KESSEL. Viele interessierte Bürger waren der Einladung gefolgt. Eine Vielzahl hiervon war mit Transparenten, Bannern, Schildern und entsprechenden T-Shirts ausgestattet, um ihrem Protest entsprechenden Ausdruck zu verleihen. Nach einer kurzen Begrüßung und Anmoderation durch den Vorsitzenden des Vereins, Bernd Thönnesen, erläuterte dieser, wie es überhaupt zu einer Haushaltsbefragung kam. Nachdem insbesondere seit Sommer 2016 die Unruhe in der Dorfgemeinschaft über die Windkraftplanungen am Kartenspielerweg kontinuierlich zugenommen hatte, hatte sich der VHV zur Gründung einer Arbeitsgruppe unter Leitung des zweiten Vorsitzenden, Peter Sinsbeck, entschieden. Diese hat sich in den Folgemonaten intensiv der Thematik Windkraft im und am Reichswald angenommen. Hieraus entwickelte sich rasch die Idee zu einer repräsentativen Befragung aller Kesseler Haushalte, um ein allgemeingültiges Stimmungsbild zu den geplanten Windturbinen vor der Haustür zu erhalten. Durch den zeitintensiven ehrenamtlichen Einsatz vieler VHV Mitglieder konnte tatsächlich fast jeder Kesseler Haushalt erreicht werden. Das Ergebnis war mehr als eindeutig. Mit 96% war die Ablehnung der Bevölkerung dabei extrem hoch, klarer könne ein Nein kaum sein.
Anschließend erläuterte Bettina van Meegen für den VHV im Detail, wie insbesondere in den letzten Monaten vielen Bürgern aus Kessel und anderen Ortsteilen erst bewusst geworden sei, was dort eigentlich in unmittelbarer Nähe zu Kessel, nämlich am Kartenspielerweg und damit mitten im Reichswald, geplant ist. Mit Verständnislosigkeit, Erschütterung und Fassungslosigkeit haben viele Bürger auf die Planungen, Windkraftturbinen in den Reichswald hinein zu bauen, reagiert. Im aktuellen Entwurf des Regionalplanes B der Bezirksregierung Düsseldorf seien im und am Reichswald nicht nur die bereits in der öffentlichen Diskussion stehenden, durch die Firma Abowind konkret geplanten Flächen am Kartenspielerweg, sondern auch weitere Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen auch auf Gocher Stadtgebiet ausgewiesen. Einige ältere Bürger haben sich noch sehr gut an die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg erinnert, in der insbesondere auch die Kesseler Bevölkerung an der Wiederaufforstung des Reichswaldes mitgewirkt hatte. Doch auch bei allen anderen Altersgruppen war die Ablehnung extrem hoch. Die meisten Menschen äußerten Unverständnis darüber, dass dieses von Menschenhand wieder hergestellte, jahrtausende alte Kulturdenkmal und Naturmonument nunmehr leichtfertig durch dem politischen Zeitgeist entsprechende Entscheidungen unwiederbringlich zerstört werden soll. Wiederholt gehörte Bedenken aus der Bevölkerung bezogen sich auf die Waldbrandgefahr, eine mögliche Trinkwasserverseuchung, die Beeinträchtigung seltener Tiere im Reichswald und ganz allgemein auf die massive Beeinträchtigung des Erholungsgebietes Reichswald. Ein weiterer oft benannter Punkt waren die Infraschall-Auswirkungen solcher Windturbinen und die daraus resultierenden Gesundheits- und Schlafstörungen. Während die Windkraftindustrie in den letzten Jahren stets die negativen Einflüsse von Infraschall Emissionen auf die menschliche Gesundheit negiert hatte, scheinen die Weltgesundheitsorganisation WHO und auch die deutschen Krankenkassen das mittlerweile anders zu sehen. Mit dem Jahreswechsel haben die Krankenkassen einen neuen Diagnoseschlüssel "Schwindel durch Infraschall" eingeführt, bei dem ein Wirkzusammenhang zwischen Umwelteinfluss und Körperreaktion ursächlich ist.
Im Anschluss wurden die Unterschriften vom VHV an Bürgermeister Knickrehm übergeben, der nach eigenen Worten beeindruckt von dem Einsatz und der Arbeit des VHV und der Kesseler Bürgerschaft war. Anschließend legte er ausführlich die Position der Stadt Goch dar. Zum einen gäbe es bereits auf Gocher Gebiet eine realisierte Windkraftzone, die ca. 9 Prozent des Gemeindegebietes beträgt, jedoch fehlerhaft nicht im gegenwärtigen Regionalplan erfasst sei. Zudem habe die Stadt Goch, neben anderen Gemeinden, große Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit mit Trinkwasser, welche durch Windmühlen am Kartenspielerweg massiv beeinträchtigt werden könnte. Deshalb habe sich die Stadt Goch klar gegen die Ansiedlung der Windkraftindustrieanlagen im und am Reichswald ausgesprochen und würde erforderlichenfalls auch den juristischen Weg beschreiten, um solche Anlagen zu verhindern. Das wurde von den Anwesenden mit großem Beifall sehr begrüßt.
Bürgermeister steht Rede und Antwort
Im Anschluss stellte sich Bürgermeister Knickrehm den Fragen und Wortbeiträgen der anwesenden Bürger. Dieses Angebot wurde intensiv genutzt und gewürdigt. So wurde viel Unverständnis über augenscheinliche grüne Bigotterie geäußert, einerseits über Jahre die Fällung einiger Bäume zu verhindern, die zur Errichtung eines Radweges von Pfalzdorf nach Bedburg-Hau nötig wäre, obwohl es dort tödliche Unfälle gegeben hat, und andererseits in Gutsherrenmanier dem politischen Zeitgeist entsprechend die Energiewende unter völliger Missachtung von Arten- und Naturschutz bspw. im Reichswald durchzudrücken und dafür diskussionslos tausende Bäume zur Fällung freizugeben. Für das gesamte Reichswaldgebiet seien nach öffentlich gezeigten Informationen des vorgesehenen Windparkbetreibers Abowind bis zu 80 Windturbinen mit jeweils über 200 Meter Höhe möglich, wurde von einem anwesenden Bürger noch ergänzt. Ein weiterer Beitrag bezog sich auf die jüngsten Untersuchungen des NABU, nach denen schon aus Artenschutzgesichtspunkten letztlich jedes einzelne der zwölf Windräder am Kartenspielerweg nicht genehmigungsfähig sei. Oft habe der bei mit aller Gewalt durchgedrückten Windkraftparks angeführte Verweis auf die bestehenden Gesetze einen sehr faden Beigeschmack, da man noch junge und angesichts mehrerer hundert Bürgerinitiativen in Deutschland ganz offensichtlich schlechte Gesetze dann doch besser ändern sollte, als diese rücksichtslos und mit jahrzehntelangen negativen Folgen durchzusetzen, führte ein anderer Teilnehmer an. Mit viel Empörung trug eine Teilnehmerin vor, dass mittlerweile Gesetze zum Natur- und Artenschutz zur Disposition ständen, um die Umsetzung der Energiewende um jeden Preis zu ermöglichen, wovon auch der Reichswald massiv betroffen wäre. Ein weiterer Kommentar verwies darauf, dass Goch eine wachsende Gemeinde mit Zuzug insbesondere von jungen Familien sei, was aber durch einen zu hohen Windkraftanlagenbestand ein jähes Ende finden könne, wie viele Negativbeispiele von durch Windkraftanlagen „verspargelter Ortschaften“ in ganz Deutschland belegen, wo Ortschaften unter nahezu unverkäuflichen Immobilien und Abwanderung zu leiden hätten.
Am Ende der Veranstaltung bedankte sich Bernd Thönnesen vom VHV bei Bürgermeister Knickrehm für seine Bereitschaft, der Einladung gefolgt zu sein, und bat ihn, bei allen Entscheidungen in dieser Angelegenheit an seine Bürger zu denken. Dabei ginge es nicht nur um Kessel. Die Stimmung in anderen Ortsteilen wie Hommersum, Hassum, Apserden, Nierswalde, Pfalzdorf und auch den betroffenen niederländischen Nachbargemeinden sei mit Sicherheit nicht anders, was man auch aus vielen Gesprächen und Informationsveranstaltungen wisse.
Autor:Christian Schmithuysen aus Goch |
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