Familienfeier - Osterfeuer
Familienfeier - Osterfeuer
Silberner Dunst liegt über Wiesen und Feldern. Die Bäume tragen noch nackte Kronen, die mit ihren filigranen Mustern wie Schattenbilder einer Theaterkulisse diese typische Märchenlandschaft des Niederrheins durchziehen. Nur einige Sträucher zeigen schon weiße Blüten, die wie kleine Schäfchenwolken das silberne Grau dieses Morgens schmücken.
Wir sind früh unterwegs zu einer kleinen Dorfkirche, in der die Erstkommunion einer unserer Enkeltöchter gefeiert werden soll. Eine dieser erdverbundenen Kirchen, an die sich seitlich noch der kleine Friedhof schmiegt, mit Steinkreuzen, in die Namen eingeschlagen sind, die seit Urzeiten in dieser Landschaft weiterleben. Der Kirche gegenüber das große Pfarrhaus, dessen Wichtigkeit noch durch die erhöhte Eingangstür mit vorgelagerten Treppenstufen unterstrichen wird. Diese, wie aus dem Boden gewachsene Anordnung, hat etwas Anrührendes – und ich ertappe mich dabei, dass diese Rührung auch mich ergreift. Dieses Gefühl habe ich nur ganz selten vor oder in einer großen Kirche. Nur einmal vor der Kathedrale Notre-Dame, aber sie liegt ja auch wie ein kleiner Vogel mit ausgebreiteten Flügeln vor einem, wenn man sich ihr von der Rückseite nähert.
Es sind nur zwei Mädchen, die heute zum ersten Mal an den Tisch des Herrn geladen sind.
Alles ist sehr eindrucksvoll und feierlich, auch wir haben uns besonders fein gemacht. Die Kinder werden, anders als früher, mit in die Feier der kleinen Gemeinde einbezogen. Sie tragen kurze Texte vor, in denen sie sich als Strahlen der göttlichen Sonne bezeichnen. Und, als hätte sie auf dieses Stichwort gewartet, durchbricht die Sonne das dunstige Grau und taucht das Kirchenschiff in goldenes Licht. Ein wunderschönes Bild, das auch der Pastor in seine Predigt einbezieht. Der kleine Kirchenchor gibt sein Bestes, um diese Feier zu verschönern – und als einige Lieder fast brasilianische Rhythmen annehmen, wird aus der kleinen Feier ein richtiges Fest.
Danach begrüßen sich Verwandte und Bekannte auf dem kleinen Platz zwischen Kirche und Pfarrhaus, auf dessen Treppenstufen sich etwas später die zwei Familien aufstellen, um sich jeweils auf einem Foto „verewigen“ zu lassen.
Die anschließende Familienfeier im privaten Kreis soll hier auch privat bleiben.
Nachmittags fahren wir nach Hause, um uns kurz auszuruhen. Abends soll, wie jedes Jahr, das große Osterfeuer angezündet werden. Die Kinder machen immer ihr „eigenes“, kleineres Feuer und genießen es besonders, so spät noch draußen herumtoben zu dürfen. Das Gelände ist traumhaft gelegen zwischen Niers, Pferdekoppeln und Wald. Unsere Familien, Nachbarn und Bekannte treffen sich hier, unterhalten sich, trinken ein oder zwei Schnäpschen zusammen und lassen sich die kleinen Köstlichkeiten schmecken, die von der Hausherrin und ihren Töchtern vorbereitet wurden.
In diesem Jahr steht der leichte Wind wieder günstig und das Feuer lodert, wie schon alle Jahre zuvor.
Wir leben im Jetzt. Aber in solchen Momenten fühlen wir ganz deutlich, wie sehr wir mit der Vergangenheit verbunden sind. Und durch unsere Kinder fühlen wir uns auch der Zukunft verpflichtet. Es ist wohl dieser ewige Kreislauf, der auch unseren eigenen Rhythmus bestimmt – ob wir es wahrhaben wollen oder nicht ...
Autor:Gottfried (Mac) Lambert aus Goch |
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