Abschied nehmen vom Gocher Wochenblatt
Das Bedauern ist groß
Haste das nicht im Wochenblatt gelesen?
"Das sind Nutrias und keine Biber, die Sommerkirmes fällt auch dieses Jahr wieder aus, das Haus zu den 5 Ringen wird umfangreich saniert, engagierte Bürger entsorgten den Müll an der Niers, die Polizei blitzt wieder, alle Osterkerzen waren ausverkauft, ein Teilabschnitt des Nierswanderweges soll nach Rudi Kempkes benannt werden....."
"Das stand doch im Gocher Wochenblatt, haste das nicht gelesen?" "Doch, doch, hab ich auch gelesen"!
Wie schön es war, solchen Gesprächen zwischen Gochern auf dem Wochenmarkt oder in der Stadt zu lauschen oder sich selbst daran zu beteiligen. Ja, über das was im Wochenblatt stand, wurde anschließend geredet und diskutiert.
Das "große Weltgeschehen" liegt doch auch vor der eigenen Haustüre
Mit der Abschiedsausgabe des Gocher Wochenblattes am Mittwoch, endet leider die Berichterstattung in gewohnter Form als Printausgabe über die Gocher Politik, die regionale Kultur, dem Vereinsleben und Sport, dem Bekannten um die Ecke, den Menschen im Hintergund in den Ehrenämtern, sowie den Traditionen und Brauchtümern in der Stadt und den Ortsteilen. Doch gerade diese Themen sind für viele Bürger ein wichtiger Teil des "Weltgeschehens vor der eigenen Haustüre". Über die Vielfältigkeit der Heimat, mit besonderer Bedeutung rund um den Ort in dem man lebt, dem man sich verbunden fühlt, habe ich mich über Jahrzehnte hinweg gerne ganz "altmodisch", Seite für Seite umblätternd, über die Druckausgabe, die auf dem Frühstückstisch lag, informiert. Die ein oder andere Ausgabe, beispielsweise mit großseitigen Fotonachlesen von städtischen Veranstaltungen, habe ich in meinem privaten Archiv aufbewahrt.
Das Wochenblatt hatte ein Gesicht
Über die Mediennutzungsgewohnheiten, die sich gerade bei jüngeren Menschen stark verändert haben, technologische Entwicklungen, ökologische Anpassungen an die Zeit, digitale Blogs als Lokaljournalismus Alternative oder finanzielle Aspekte, die als Gründe für Veränderungen herangezogen werden, wurde in den letzten Wochen schon ausreichend diskutiert.
Vielmehr möchte ich mich bei dem Redakteur Franz Geib bedanken, der dem Gocher Wochenblatt über viele Jahre, mit jeder Ausgabe in der Rubrik "Guten Tag" mit einfühlsamen Worten, manchmal ironischen Texten, inspirierenden Gedanken und wichtig für die Demokratie, mit kritischem, hinterfragenden Journalismus einen Charakter, eine Seele und vor allem sein Gesicht gegeben hat. In der Stadt, mit Kladde unter dem Arm, oft vom Fotografen Steve begleitet, sofort von jedem erkannt, wussten die Bürger Franz Geib für seine offene, freundliche, für spannende Themen neugierige und professionelle Art zu schätzen. Als Journalist und als Mensch. Danke Franz Geib!
Danke dafür, dass ich oft die Möglichkeit hatte, mit den Niers- und Naturgeschichten ein Teil der Printausgaben zu sein.
Ein lesbares Stück "Heimat"
Dass es am Mittwoch auf der Titelseite wieder "Guten Tag" und gleichzeitig "Auf Wiedersehen - macht´s gut" heißt, löst Wehmut und großes Bedauern aus. Dass ein liebgewonnenes, lesbares Stück "Heimat" verloren geht, werden viele wohl erst dann bemerken, wenn am Mittwoch und Samstag kein rotes Blättchen mehr im Briefkasten vorfindbar ist. In meinem eigenen Briefkasten fand ich das Wochenblatt stets pünktlich, bei Wind und Wetter vor, auf die Zustellerinnen in meinem Bezirk war über die ganzen Jahre Verlass, es gab immer einen netten und respektvollen Austausch, auch dafür ein herzliches Dankeschön.
Autor:Sascha Junghenn aus Goch |
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