Stadt Gladbeck verliert Prozess um Anwaltskosten - Richter spricht von "Meinungsfreiheit" und "Satire"

Gladbeck. Im November 2015 sorgte die Anzeige im Immobilienteil einer Zeitung für helle Aufregung. In der Anzeige wurde, so die Stadt Gladbeck in einer aktuellen Mitteilung, "...gegen das Projekt "Roter Turm" polemisiert". Und dabei, so der Vorwurf aus dem Rathaus, sei der Eindruck erweckt worden, das Inserat stamme von der Städtischen Wirtschaftsförderung, zumal die Telefonnummer eines Mitarbeiters als auch die Adresse der Städtischen Homepage angegeben wurden.

Seitens der Stadt Gladbeck reagierte man sofort, erstattete Anzeige. Wenige Tage später outete sich der Butendorfer Matthias Strehlke als Verfasser des Textes. Es folgte nach Angaben der Stadt eine rechtsverbindliche Unterlassungserklärung, in der sich Strehlke verpflichtete, künftig derartige Anzeigen nicht mehr zu veröffentlichen und im Streitfall eine Vertragsstrafe zu zahlen.

Damit, so die Meldung aus dem Rathaus, habe die Stadt Gladbeck ihre beiden wichtigsten Ziele erreicht: "Die Stadt wollte klarstellen, dass niemand die Städtische Wirtschaftsförderung missbrauchen kann, um gegen ein wichtiges Wohnbauprojekt in der Stadt zu polemisieren und wir wollten sicherstellen, dass eine solche Anzeige sich nicht wiederholt."

"Überraschendes" Urteil

Strittig blieb indes aber die Frage der städtischen Anwaltskosten. "Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass jemand Anzeigen schaltet, die die Stadt und Investoren schädigen und die Allgemeinheit dann auch noch die notwendigen Kosten übernehmen muss," führt der Städtische Rechtsdirektor Dr. Guido Hüpper aus. Also entschied sich die Verwaltung dazu, die Anwaltskosten, seitens der Stadt Gladbeck ist in der Mitteilung von 400 Euro die Rede, einzuklagen.

Jetzt sahen sich beide Parteien vor dem Amtsgericht Gladbeck wieder. Die Rechnung der Stadt ging nicht aber nicht auf, denn der zuständige Richter wies die Klage schlichtweg ab, ließ auch keine Berufung zu. "Überraschend" nennt die Stadt Gladbeck das rechtskräftige Urteil. "Unsere Klage wurde abgewiesen, da das Amtsgericht es offenbar für zulässig hält, dass gefälschte Anzeigen unter dem Deckmantel der Satire veröffentlicht werden," lautet die offizielle Verlautbarung aus dem Rathaus.

Dies sieht Matthias Strehlke naturgemäß völlig anders: "Die Kosten für diesen Angriff auf Bürgerrechte trägt nun der Steuerzahler," schreibt er. Und fügt hinzu: "Herr Michalowsky (Die Linke NRW) hat völlig Recht: In der Gladbecker Politik geht es deutlich repressiver zu, als im Rest der Republik!"

Übrigens: In der beglaubigten Abschrift des Gerichtsurteils ist immer von städtischen Kosten in Höhe von 480,20 Euro die Rede.

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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