U 3-Plätze: Etappensieg oder doch nur Schönmalerei?
Gladbeck. Die Aussage von Ute Schäfer war von Stolz und Zufriedenheit geprägt: Im Kindergartenjahr 2013/2014 werde es in Nordrhein-Westfalen für jedes dritte Kind im Alter bis zu drei Jahren einen Betreuungsplatz geben, verkündete die nordrhein-westfälische Familineministerin. Man habe den prognostizierten Bedarf sogar übertroffen.
Eine Aussage, die aber keineswegs überall mit Beifall bedacht wurde. So geht es nach Angaben der Gewerkschaft KOMBA (Fachgewerkschaft für den öffentlichen Dienst im dbb beamtenbund und tarifunion) hinter den Kulissen, allen voran bei den Erzieherinnen und Erziehern, die ja den Zustrom an Kindern in die Einrichtungen stemmen müssten, deutlich weniger euphorisch zu.
„Die Zahlen sind alles nur Theorie - in der Praxis sieht es teilweise ganz anders aus,“ kritisiert Sandra van Heemskerk, KOMBA-Vorsitzende für den Fachbereich Sozial- und Erziehungsdienst. „In vielen Einrichtungen sind die Kapazitäten für die Unterdreijährigen bereits personell wie räumlich deutlich erschöpft - auch ohne, dass der Rechtsanspruch greift. Eine genaue Prüfung, inwiweit der Anspruch auf einen Kitaplatz tatsächlich und dabei mit entsprechend qualitativ hochwertiger Betreuungs- und Bildungsleistung sowie einem ausreichenden Raumangebot umgesetzt werden kann, muss der Schönmalerei von Zahlen und dem Eigenlob der NRW-Landesregierung vorausgehen.“
Bei der „Aufholjagd der Bundes- und Landesregierungen“ seien nach KOMBA-Angaben bislang die möglichen Plätze für Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen errechnet worden. In Nordrhein-Westfalen habe der Bedarf bei rund 144000 Betreuungsplätzen gelegen und nach Angaben von Ministerin Schäfer könne man ab dem Sommer 2013 exakt 144883 Plätze zur Verfügung stellen. Doch diese Zahl will Andreas Hemsing, stellvertretender KOMBA-Landesvorsitzender, so nicht bestätigen: „Dies Plätze stehen nur auf dem Papier und sind vielfach keine tatsächlich geschaffenen Kapazitäten. Sie sind sozusagen „On-Top“ bei bereits bestehender Überbelegung gerade bei den ganz kleinen Kindern. Und wie schon so oft, denkt die Landesregierung nicht an die Erzieherinnen und Erzieher, die bereits heute häufig überlastet sind und ihre Arbeit kaum noch bewältigen können. Es besteht unserer MEinung nach noch dringender Handlungsbedarf, der bis zum Sommer greifen müsste.“
Dagegen spricht der Gladbecker Landtagsabgeordnete Michael Hübner (SPD) von einem „Etappensieg beim U3-Ausbau“. Nach den Worten Hübners werden inzwischen 32,3 Prozent der Gladbecker Kinder unter drei Jahren in einer Kindertagesstätte oder Kiondertagespflege betreut. Bezogen auf Kinder mit einem Rechtsanspruch auf Betreuung würde dies sogar eine Quote von 42,9 Prozent bedeuten. „Das ist ein Etappensieg, der nur mit den großen Anstrengungen des städtischen Jugendamtes, der örtlichen Träger und der Landesregierung zu schaffen war,“ freut sich Hübner.
Die Aussage des SPD-Landtagsabgeordneten wird durch die dem STADTSPIEGEL vorliegenden Zahlen aus dem städtischen Jugendamt gestützt. Demnach gibt es aktuell in Gladbeck in Kindertagesstätten 338 Plätze sowie 145 Plätze im Bereich der Kindertagespflege. Und bis zum Start des neuen Kindergartenjahres sollen dann 375 Kindertagesplätze und 200 Kindertagespflegeplätze zur Verfügung stehen. Die Deckungsquote würde demnach bei den besagten 32,3 Prozent liegen und damit um 0,3 Prozent über den geforderten 32,0 Prozent. Bei den genannten Zahlen profitiert Gladbeck übrigens deutlich von der hohen Platzzahl im Bereich der Kindertagespflege. Damit macht sich das Angebot des Jugendamtes zur Ausbildung von Privatpersonen zu zertifizierte Erzieherinnen und Erzieher bezahlt.
Autor:Uwe Rath aus Gladbeck |
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