Amtswillkür: Keine offene Tür für Gastbesuch

Kein Flüchtling, sondern Reiseführer aus Ecuador: Hugo Barrio Cedeño würde gerne Gladbeck kennenlernen.
  • Kein Flüchtling, sondern Reiseführer aus Ecuador: Hugo Barrio Cedeño würde gerne Gladbeck kennenlernen.
  • hochgeladen von Oliver Borgwardt

Nein, Hugo Barrio Cedeño ist kein Flüchtling. Er hat gar nicht vor, aus seinem Heimatland Ecuador zu fliehen. Schließlich kennt sich der 34-jährige Reiseführer dort bestens aus. Nach Deutschland zu Besuch darf er allerdings auch nicht - obwohl sein guter Freund aus Gladbeck alle Kosten tragen würde. Eine Geschichte voller Enttäuschungen.

Der Tod seiner Frau vor sechs Jahren war für den Rentner Hans Dieter Ernst ein Wendepunkt in seinem Leben. Er beschloss, nicht in der Trauer zu verharren, sondern durch die Tür in die Welt hinaus zu gehen. Auf inzwischen acht langen Touren zog "Hardy", wie sich der Gladbecker seither nennt, durch Mittel- und Südamerika. Er lernte Land und Leute kennen, durchstreifte die Anden und den Regenwald, und gewann neue Freunde. Einer davon ist Hugo.

"Hugo habe ich in Ecuador kennen gelernt", erzählt Hardy heute. Auch wenn die beiden Männer 40 Lebensjahre trennen, haben sie sich sofort gut verstanden. Als Reiseführer kannte der gebildete Südamerikaner die versteckten schönen Märkte, vom Tourismus noch verschonten Orte und geheimen Naturwunder. Und so zeigte Hugo Hardy seinen Kontinent. Mal rumpelten sie mit dem Bus über schmale Dschungelstraßen, mal tauchten sie in das kulturelle Leben in den pulsierenden Städten ein. Für den jungen Latino wurde der Gladbecker Witwer ein väterlicher Freund - er stellte ihm seine Familie vor und behandelte ihn mit viel Gastfreundschaft.

Der Gladbecker will sich bedanken

"Als Dank für seine Dienste wollte ich Hugo als Feriengast zu mir nach Hause einladen", erzählt Hardy Ernst. "Schließlich hatte er mir meine Reise interessanter und abwechslungsreicher gemacht." Der junge Mann war begeistert und freute sich schon auf die Reise: Zwei Monate in Deutschland, das klang nach einem spannenden Abenteuer. Ein Besuch am Rhein, eine Fahrt mit der Schwebebahn, eine Tour durch das Ruhrgebiet - Pläne hatten die beiden Freunde genug. Auch der Arbeitgeber von Hugo stand dem Anliegen nicht im Wege. Also schwangen sich Hugo und Hardy in ein Taxi und fuhren in die Millionenmetropole Guayaquil zur deutschen Botschaft, um ein Visum zu bekommen.

Dort musste Hugo aber eine typische Seite Deutschlands kennen lernen: Der wiehernde Amtsschimmel forderte immer mehr Dokumente für das Visum ein. "Dazu gehörten zum Beispiel die Reservierung für Hin- und Rückflug, die Einsicht in sämtliche Bar- und Anlagevermögen, Nachweise von abgeschlossenen Versicherungen, aktuelle Passfotos und vieles mehr", zählt Ernst auf. Selbst vom Gladbecker Ausländeramt wurden Bescheinigungen eingefordert, dass der Deutsche in der Lage war, seinen Gast aufzunehmen. Immer mehr Dokumente schickten die Freunde ein, und natürlich wanderte dabei auch der eine oder andere Euro an Bearbeitungsgebühren über die Theke.

"Ich habe immer wieder klar gemacht, dass ich für meinen Gast alle Kosten übernehme", betont der 74-jährige. "Ich zahle seinen Flug, die Versicherungen, seine Verpflegung." Sprachlich gibt es sowieso keine Probleme: Der gebildete Ecuadorianer spricht fließend Englisch, und im Zweifel steht der Deutsche ja als Dolmetscher zur Verfügung.

Das Amt lehnt den Besuch ab

Doch dies schien die deutsche Botschaft nicht zu beeindrucken: Wochenlang sei der Antrag verschleppt worden, und schließlich befand die Botschaft, der Reiseführer aus Südamerika sei einfach zu arm, um sich den Flug leisten zu können - Ablehnung! "Meine Erklärung für die Kostenübernahme wurde einfach ignoriert, obwohl sie auf spanisch und deutsch schriftlich formuliert war", ärgert sich Hardy Ernst. Inzwischen bleibt ihm nur der bittere Spott: "Jeder Flüchtling wird ohne Papiere oder Rückfahrkarte ins Land gelassen, aber Hugo, der nur zu Besuch ist und den deutschen Steuerzahler keinen Cent kostet, nicht. Sind Latinos etwa schlechtere Menschen?"

Trotz des Frustes will Hardy Ernst nicht aufgeben und dem jungen Südamerikaner doch noch den Besuch ermöglichen. Es wäre seine Art, Danke zu sagen.

Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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