110 = Kein Anschluss unter dieser Nummer?
Gladbeck. Die Neustrukturierung der Polizei in Nordrhein-Westfalen kam bei den Gladbecker Bürgern nie gut an. Und ein aktueller Vorfall gibt nun Anlass für weitere Spekulationen um die Sicherheit vor Ort.
Die Boutique „Kleck´s Fashion“ von Elke Schmidt an der Goethestraße in Stadtmitte war in jüngster Zeit bereits mehrfach Ziel von Ladendieben. Dementsprechend wachsam ist die Gladbecker Geschäftsfrau.
Am vergangenen Montag war es wieder so weit: Gegen 12.45 Uhr beobachtete Elke Schmidt einen Fahrradfahrer, der im Vorbeifahren einige an einem Verkaufsständer vor dem Ladenlokal präsentierten Textilien ergriff und sofort flüchtete. Resolut rannte Elke Schmidt dem dreisten Dieb hinterher, ihre im Ladenlokal anwesende Tochter Ann-Kathrin griff zum Telefon und wählte den Polizeinotruf 110.
Die Verfolgung des Täters hat Elke Schmidt schließlich erfolglos abgebrochen und ist um 13 Uhr in ihr Geschäft zurückgekehrt. Dort wurde sie von ihrer überrascht dreinschauenden Tochter erwartet. Sie teilte ihrer Mutter mit, sie habe die 110 gewählt, doch dort habe sich niemand gemeldet, niemand den Anruf entgegen genommen. Und so griff die Chefin selbst zum Telefon - und hatte Glück: Sie konnte den Vorfall einem Gesprächspartner schildern.
„Gegen 14 Uhr kam dann ein Streifenwagen mit zwei Beamten und ich konnte die Anzeige erstatten,“ erinnert sich Elke Schmidt. Und sie hatte den Eindruck, dass die Beamten von der Schilderung des vergeblichen Anrufes ihrer Tochter wenig überrascht waren. „Kann es sein, dass die 110, aus Personalmangel, nicht immer besetzt ist?“
Ein Vorwurf, der von der Polizei vehement zurückgewiesen wird. Die Leitstelle, in der auch alle Notrufe eingehen, sei grundsätzlich rund um die Uhr besetzt, versicherte Polizei-Pressesprecher Hans-Bernd Tekotte gegenüber dem STADTSPIEGEL.
Nach Angaben von Tekotte hat die Polizei alle in der relevanten Zeit protokollierten Notrufe überprüft. Mit dem Ergebnis, dass der angeblich abgesetzte erste Notruf nicht in der Leitstelle eingegangen sei. Die Anrufprotokolle werden mit neuster Digitaltechnik angelegt und zeichnen auch die Anrufe auf, die nach einem einmaligen Klingeln wieder abgebrochen werden.
Der zweite Anruf aus Gladbeck wurde denn auch tatsächlich mit Eingang 13.08 Uhr protokolliert und war, nach der Aufnahme fahndungsrelevanter Inhalte, etwa eineinhalb Minuten später beendet.
Wo aber ist der erste Notruf gelandet? Hans-Bernd Tekotte steht selbst vor einem Rätsel. In der Recklinghäuser Leitstelle der Polizei jedenfalls nicht, da ist sich der Polizei-Pressesprecher absolut sicher.
Und Tekotte verweist gerne auf die für das Jahr 2011 für Gladbecker ermittelte Einsatzzeiten. Demnach war die Polizei im Durchschnitt nach 15,56 Minuten am Ort des Geschehens. Deutlich schneller waren die Ordnungshüter, wenn sie davon ausgehen konnten, dass sich der Täter noch am Tatort aufhalten könnte. Hier betrug die Reaktionszeit gerade einmal 5,54 Minuten. Und bei Verkehrsunfällen mit Personenschäden war die Polizei nach 9,18 Minuten vor Ort. Diese Zahlen, so Tekotte weiter, seien absolut durchschnittlich für den Bereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen. Und Tekotte versichert, dass allein in Gladbeck täglich sowie rund um die Uhr mindestens zwei, meist eher drei, Streifenwagen im Einsatz sind.
Übrigens: Auch Elke Schmidt führt Beweise für ihre Schilderung der Dinge an: Im Display des Festnetztelefones erscheint für den Tattag zwei Mal die Notrufnummer 110...
Autor:Uwe Rath aus Gladbeck |
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