Christof Osigus: Drei mal pro Woche wird der Bänker zum S 04-Torwarttrainer

Schlechtes Wetter kann die Freude nicht verderben. Hier trainiert Christof Osigus den 15-jährigen Jim Becker, der im erweiterten Kader der U16-Nationalmannschaft spielt. | Foto: Christoph Wojtyczka
  • Schlechtes Wetter kann die Freude nicht verderben. Hier trainiert Christof Osigus den 15-jährigen Jim Becker, der im erweiterten Kader der U16-Nationalmannschaft spielt.
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Manche Menschen haben zwei Gesichter. Christof Osigus hat zwei Arbeitskleidungen und wirkt in jeder absolut authentisch. Tagsüber ist er Leiter des Privatkundencenters Gladbeck bei der Volksbank Ruhr Mitte. Am späten Nachmittag wechselt er den Kugelschreiber gegen die Torwarthandschuhe und trainiert den Nachwuchs auf Schalke. Dreimal in der Woche. Seit Jahren. Ende offen.

Ein Leben ohne Fußball kann sich der 41-Jährige nicht vorstellen. Und Fußball ist für ihn ein Synonym für Schalke. Was sonst? Er wuchs in einer Fußball begeisterten Familie auf. Der kleine Christof führte ein Leben wie so viele andere Jungen: Nach der Schule pöhlen auf der Straße oder im Hinterhof bis die Mutter zum Essen ruft. Doch schnell stellte sich heraus, dass er mehr Talent als andere hatte. Schalke holte ihn von der Spielvereinigung Westfalia Buer ins eigene "Trainingslager" als Torwart. Da brachte er es bis in den Nationalmannschafts-Kader von der U 15 bis zur U 19 als A-Jugendlicher im Profikader.

Junioren-Nationalmannschaft

Das war die Zeit, als Schalke noch in der Zweiten Liga zu finden war, als es bei den Blau-Weißen noch kein Internat für die Nachwuchskicker gab und spezielles Torwarttraining noch ein Fremdwort war. "Aber mir war immer wichtig, ein zweites Standbein zu haben", sagt der sportliche Bänker. "Ich habe zu viele gesehen, die gescheitert sind, weil sie durch Verletzungen nicht weiter machen konnten oder einfach nicht gut genug für die Spitze waren."

Und da Schalke ihm keine Möglichkeit bieten konnte, neben dem Fußball eine Ausbildung zu machen, ging er - man glaubt es kaum - zu den Schwarz-Gelben nach Dortmund. Dort konnte er als Vertragsamateur als Torwart spielen und gleichzeitig eine Ausbildung zum Bankkaufmann machen. "Mir war immer wichtig, Boden unter den Füßen zu haben, einen Beruf, der mich ernähren kann", sagt Osigus.

"Gastspiel" bei Borussia Dortmund

Stellvertretender Zweigstellenleiter in Dortmund war er dann aber nur eine recht kurze Zeit. Genau bis zu dem Anruf von Helmut Schulte, der von 1998 bis 2008 sportlicher Leiter im Nachwuchsbereich des FC Schalke 04 war. Der suchte einen Torwarttrainer, denn die Fußballerausbildung war professioneller geworden. Und Christof Osigus, der zu dem Zeitpunkt in der dritten Liga in Rotthausen spielte, sagt zu. Sein beruflicher Wechsel zur Volksbank Ruhr Mitte folgte.

Mit einer Unterbrechung von drei Jahren, in denen er mit Olaf Thon beim VfB Hüls spielte, um mal etwas anderes zu machen, kümmert er sich erfolgreich bei den Knappen um den Nachwuchs. Vier Jahre lang (in der D- und C-Jugend) trainierte er Manuel Neuer. "Der wurde meistens vom Opa zum Training gefahren. Und wenn er besonders gut war, bekam er fünf Mark", erinnert sich Christof Osigus. Er war es auch, der sich vehement dafür einsetzte, dass Neuer von Schalke nicht aussortiert wurde. "Manuel war zwar ein Ausnahmetalent, aber mit elf, zwölf Jahren ausgesprochen klein." Da aber der Vater sehr groß war, rechnete Trainer Osigus damit, dass Neuer noch einen "Schuss" machen würde. Und zwar größenmäßig. Wie man weiß, sollte er Recht behalten.

Entdecker und Förderer von Manuel Neuer

Die enge Verbindung und Freundschaft zum Fußballer des Jahres 2014 riss nie ab. Osigus ist Kuratoriumsmitglied in Neuers "Kids Foundation". Die Stiftung will Kindern im Ruhrgebiet Chancen und Perspektiven geben, ihnen Mut machen und sie unterstützen, um ein gutes Leben führen zu können.

Familiär hat ihm die Zeit fressende Trainertätigkeit, zu dem auch am Wochenende das Sichten der Nachwuchstalente gehört, nicht geschadet. Mit seiner Frau, die eine Tanzschule in Gelsenkirchen-Buer hat, ist er schon viele Jahre verheiratet, hat eine 17-jährige Tochter und eine 10-jährige. Die Kleine tritt in Papas Fußstapfen, spielt beim SV Zweckel Fußball mit den Jungs und steht dort - im Tor. Wo sonst?

"Schalke ist nicht irgendein Verein!"

Schalke ist für den Bankkaufmann und Torwarttrainer Leidenschaft. "Es ist eben nicht irgendein Verein, auf Schalke sind alle verrückt. Es ist ein Verein mit Ecken und Kanten, es treffen sich viele Schichten und trotzdem sind alle auf einem Niveau. Der Satz ist wahr: Mythos braucht keinen Titel", stellt Christof Osigus mit Überzeugung fest. Er, der Torwarttrainer kennt viele Vereine in Deutschland. "Aber die Faszination Ruhrgebiet, der herzliche, offene Umgang miteinander, das findet man eben geballte Ladung nur auf Schalke." Eine echte Liebeserklärung.

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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