Harte Landung: Ein Redakteur geht in die Luft (VIDEO)
Wenn Thomas Langenkamp morgens vor der Arbeit noch eine Stunde Zeit hat, setzt er sich ins Cockpit seiner 737. Während die Triebwerke aufheulen und die Innsbrucker Startbahn unter ihm immer schneller vorbeizieht, geht über den Alpen die Sonne auf und taucht das Inntal in ein warmes Licht. Von hier aus könnte Langenkamp mit vollem Tank jeden europäischen Flughafen ansteuern, und wäre trotzdem pünktlich wieder am Schreibtisch in Gladbeck. Wie er das macht? Mit viel Enthusiasmus und einem eigenen Simulator. Der Stadtspiegel ist mitgeflogen.
Von Oliver Borgwardt
Meine Hände sind feucht und krampfen sich leicht um das Steuerhorn. Kein Wunder, denn als Stadtspiegel-Redakteur sitze ich normalerweise an einem bequemen Schreibtisch, an dem sich das Risiko darin erschöpft, sich an einer umgestoßenen Kaffeetasse zu beschmutzen. Jetzt aber lenke ich 80 Tonnen Stahl in einem halben Kilometer Höhe durch die Luft über Düsseldorf. „TUI Jet Seven-Seven-Niner-Seven, on Zero Five Five, Cleared to Land“ höre ich die ruhige Stimme von Thomas Langenkamp neben mir auf dem Pilotensitz.
Konzentriert starre ich auf die Anzeigen und versuche die Boeing mit Hilfe eines Bildschirms auf dem optimalen Anflugwinkel zu halten. „Mit diesen Instrumenten kann man sogar mit zugeklebten Scheiben landen“, erklärt mein Nebenmann. Leicht gesagt, aber ich bin immer versucht, aus dem Fenster auf die herannahende Landebahn zu schauen. Beim Geräusch der Turbinen, dem Rumpeln des Fahrwerkes oder beim Blick aus dem Fenster habe ich – umgeben von Instrumenten – inzwischen fast vergessen, dass ich nicht wirklich in der Luft, sondern auf festem Boden bin.
Es wirkt alles einfach „echt“.
Dieses Gefühl hat sich Thomas Langenkamp einiges kosten lassen: Viel Zeit, Mühe und Geld waren nötig, um sich seinen eigenen Flugsimulator zu bauen. Überhaupt auf die Idee für ein solches Projekt zu kommen, bedurfte es einer Initialzündung. „Vor vier Jahren hat mich ein Geschäftspartner auf einen Simulatorflug eingeladen“, erinnert sich der 47-jährige Gladbecker. Die komplexe Technik begeisterte den IT-Spezialisten so sehr, dass er nun sein eigenes Cockpit haben wollte. Kein einfaches Spielzeug, sondern eine funktionierende Simulation – das war das erklärte Ziel. „Computerspiele haben mich nie besonders interessiert“, so Langenkamp, „mich reizt nur der technische Aspekt.“
Und tatsächlich wirkt keines der Instrumente in der Gladbecker 737 billig oder spielzeughaft, sondern vielmehr so, als seien sie direkt aus der Originalmaschine entsprungen. Und auch die Technik, die man nicht sehen soll, hat es in sich: Gleich drei versteckte, hochauflösende Projektoren sorgen dafür, dass man sich beim Blick aus dem Fenster inmitten einer realen Landschaft wähnt. In Echtzeit dreht und bewegt sich hier alles, wie es bei einem echten Flug auch wäre. Berechnet wird das alles von einem professionellen Simulationsprogramm, das auch zum wirklichen Pilotentraining benutzt wird und das alleine schon den Gegenwert eines Kleinwagens darstellt. „Die Software kann praktisch die ganze Welt abbilden“, erklärt Langenkamp, „ich kann überall hinfliegen“.
Echte Lotsen im virtuellen Luftraum
Und so unglaublich es klingen mag, ist der Gladbecker mit diesem Hobby doch alles andere als alleine. Im Internet treffen sich Enthusiasten jeden Dienstag im virtuellen Luftverkehr. „Ich kenne alleine fünf Leute, die ebenfalls ein solches Cockpit haben“, lacht Thomas Langenkamp. An diesen Flugtagen im Internet klinken sich aber nicht nur Hobbypiloten, sondern auch Fluglotsen ein: Wie im echten Leben steuern diese den Verkehr und lenken die Landungen. „Nicht wenige davon sind angehende Fluglotsen, die hier ganz realitätsnah Erfahrungen sammeln wollen“, erklärt Langenkamp, „und die kommen aus aller Herren Länder.“ So tummelten sich an diesen Tagen alle möglichen Akzente im Funkverkehr, der natürlich wie im Original auf Englisch abgehalten wird.
Einen Flugschein besitzt Thomas Langenkamp jedoch nicht. Stattdessen hat er sich intensiv eingelesen, sogar Originalhandbücher und Pilotenlexika gewälzt. Fachliche Hilfe hatte er auch: „Ein Freund von mir ist TUI-Pilot und fliegt die 737 im täglichen Leben. Er hat mir viel beigebracht.“
Der Autor dieser Zeilen hingegen legte eine ziemlich holprige Landung hin: Rumpelnd setzte die Maschine auf der Landebahn auf, und in Wirklichkeit hätte das Bugrad vermutlich arg gelitten. „Wir können die Landung ja noch einmal wiederholen“, schlägt Langenkamp vor. Wie gut für Düsseldorf, dass es nur ein Simulator ist.
Schauen Sie selbst:
Mitfliegen?
Thomas Langenkamp freut sich über Copiloten. Nähere Infos unter Tel. 02043 3757590.
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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