Jugendliche aus Gladbeck zu Besuch in Auschwitz
Erschütternde Vergangenheit
Als Ersatz für eine der Corona-Pandemie zum Opfer gefallenen Israelreise hat Reiseleiter Georg Liebich-Eiserle kurzfristig eine Gedenkstättenfahrt für Jugendliche aus Gladbeck nach Auschwitz organisiert. Die Fahrt fand statt, mußte aber jedoch wegen der Reisewarnung um einen Tag verkürzt werden. Seit Jahren organisiert Liebich-Eiserle solche Fahrten ehrenamtlich für die Arbeiterwohlfahrt UB-Münsterland Recklinghausen.
Bei einem Vortreffen im Ida und Max Kaufmann-Haus an der Horster Straße konnten sich die Jugendlichen auf die sechstägige Gedenkstättenfahrt nach Oswiecim vorbereiten. Natalie Kajzer, freie Mitarbeiterin in der Alten Synagoge in Essen, informierte die Teilnehmer über die polnische, deutsche und jüdische Sicht auf Auschwitz. Weitere Informationen gab es zum Antisemitismus in Osteuropa vor 1933, der systematischen Ermordung der europäischen Juden durch die Nazis und den bestehenden Judenhass in Deutschland heute.
Vor Ort angekommen, besuchte die Gruppe das ehemalige Stammlager Auschwitz. Das Konzentrationslager Auschwitz I gehörte als Stammlager neben dem Vernichtungslager Auschwitz II-Birkenau und dem Konzentrationslager III-Monowitz zum Lagerkomplex Auschwitz.
Die Stimmung bei den Jugendlichen war schon sehr gedrückt, als sie das ehemalige Lager mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ betraten.
Verhungert, erschossen, vergast
Im ehemaligen Konzentrationslager schien alles noch so auszusehen , wie es nach der Befreiung durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 ausgesehen haben könnte. Die Wand im Innenhof von Block 11, an der viele Menschen erschossen wurden. Die Strafzelle, in der sie verhungerten. Auch die erste Gaskammer steht noch, in der die SS 1941 begann, Menschen mit Zyklon B zu töten. Ein Raum in einer der Baracken, ca. 15 Meter lang, links eine Glaswand, dahinter Beinprothesen, Krücken, Gehhilfen. In einem weiteren Raum, ähnlich lang , hinter einer Glaswand ein riesiger Haufen mit menschlichem Haar.
Im nächsten Raum sind hunderte von Koffern, alle mit Namen beschriftet, ausgestellt. Den Juden wurde gesagt, sie müssten ihre Namen auf ihr Gepäck schreiben, damit man es ihnen nach dem Duschen wieder aushändigen könne. Sie schrieben ihre Namen darauf, ihre Herkunft, ihre Geburtsdaten.
Beispiellose Grausamkeit der Nazis
Am nächsten Tag war das Ziel das ehemalige Vernichtungslager Auschwitz II -Birkenau. "Ein Ort, der kaum wie ein anderer für die beispiellose Grausamkeit der Nazis steht", so Liebich-Eiserle. "Wir gingen direkt auf das bekannte Torhaus mit dem großen Eisentor zu, durch das die Güterzüge, „vollgestopft“ mit Menschen, fuhren .Einige aus der Gruppe gingen nur sehr zögerlich durch das kleine Tor, nachdem sie von Sicherheitsleuten kontrolliert wurden." Die Reisenden folgten den Schienen und kamen zur sogenannten „Judenrampe“. Hier erfolgte damals die Selektion. Einzeln mussten die Menschen vortreten, damit ein SS-Arzt sie durch einen bloß flüchtigen Blick und eine kurze Handbewegung nach recht oder links in „Arbeitsfähige“ und „Arbeitsunfähige“ unterteilte. Die als „arbeitsfähig“ eingestuften Personen wurden registriert und in das Lager aufgenommen. Wer als „arbeitsunfähig“ galt, war zum Tode bestimmt und wurde nicht registriert, sondern sofort nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet. "Das waren oft 70-80 % eines Transports", berichtet Liebich-Eiserle.
Die Jugendlichen zeigten sich erschüttert von den Berichten des örtlichen Museumsführers. Einige in der Reisegruppe wollen in diesem Moment für sich alleine sein, andere stehen ganz eng zusammen. "Ein sehr emotionaler Augenblick, der uns alle noch sehr lange begleiten wird", betonte Liebich-Eiserle.
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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