Zu viele junge Fahrer rasen in den Tod

Nachhaltig auch der Eindruck, als der gelbe Ballon auf der Bühne der Stadthalle mit einem lauten Knall zerplatzte. Er symbolisierte die Träume, die die Jugendliche in punkto Beruf, Liebe, Freizeit in ihrem Leben noch realisieren wollen.
  • Nachhaltig auch der Eindruck, als der gelbe Ballon auf der Bühne der Stadthalle mit einem lauten Knall zerplatzte. Er symbolisierte die Träume, die die Jugendliche in punkto Beruf, Liebe, Freizeit in ihrem Leben noch realisieren wollen.
  • hochgeladen von Annette Robenek

Einen Augenblick herrscht Totenstille in der Stadthalle. Gerade wurde den rund 300 Zehntklässlern vor Augen geführt, wie Alkohol am Steuer ein junges Leben brutal zerstört hat. Mit der kreisweiten Veranstaltung „Crash-Kurs“ will die Polizei Jugendliche schon vor dem Führerschein vor riskantem Autofahren warnen.

Polizeibeamte, Rettungssanitäter, Notärzte und Notfallseelsorger erzählen im Rahmen dieser Vortragsreihe, die in allen Kreisstädten und Bottrop stattfinden wird, von ihren persönlichen Erfahrungen bei schweren Unfällen. „Damit wollen wir bei den jungen Leuten ein Bewusstsein schaffen, Aufklärung betreiben und vor allen Dingen eine dezente Abschreckung bewirken“, so Verkehrssicherheitsberater und Polizeihauptkommisar Udo Grimmelt.

Der Unfall, den der Notarzt auf der Bühne schildert, ist wirklich abschreckend. Ein junger Fahrer war mit seinem Kleinlaster in Haltern unterwegs, baute an diesem Tag alkoholisiert nicht nur einen, sondern sogar zwei Unfälle. Beim zweiten raste er frontal gegen einen Baum, brach sich das Genick und verstarb noch an der Unfallstelle. Die Fotos dazu sprechen ihre eigene, brutale Sprache.

„Hintergrund der Veranstaltung ist, dass junge Fahrer unter 25 Jahren nach wir vor überproportional häufig Verkehrsunfälle verursachen“, weiß Udo Grimmelt. In fast 12.000 Fällen waren es die weniger erfahrenen und gleichzeitig häufig risikobereiteren Fahrer der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen. 19 Prozent aller Unfälle gehen auf ihr Konto, obwohl ihr Bevölkerungsanteil nur acht Prozent beträgt.

„In Gladbeck haben wir rund 600 Schüler der zehnten Klassen aus den weiterführenden Schulen erreicht. Die Jugendlichen werden von ihren Lehrern begleitet und diese leisten auch Hilfestellung, wenn es einem Schüler zu viel wird.“
So wie auch in der ersten Veranstaltung, als ein Jugendlicher so betroffen war, dass er weinend den Saal verließ.

„Die Mitglieder der Polizei, Feuerwehr, die Notärzte und Seelsorger sind ja auch nur Menschen wie Du und Ich“, sagt Grimmel. Sie müssen ihre Emotionen an der Unfallstelle im Griff haben, bei ihren Vorträgen allerdings können auch sie berichten, wie fürchterlich die Unfallfolgen für das Opfer, die Angehörigen und auch für sie selbst waren.In Herten sagte ein Schüler nach diesen Vorträgen: „Jetzt werde ich die Drossel wieder aus meinem Mofa ausbauen.“ Bei diesem jungen Mann hat ein Nachdenken eingesetzt, die Vernunft über den zu schnellen Fahrspaß gesiegt.

„Wir können sicherlich nicht alle erreichen“, ist sich Grimmelt bewusst. Aber gute Erfolge erzielen, wie beim Pilotprojekt in England, das hoffen die Verantwortlichen der Kreispolizeibehörde Recklinghausen schon. Entwickelt und umgesetzt wurde „Crash-Kurs“ erstmalig in der englischen Grafschaft Staffordshire. Mitwirkende waren auch hier Vertreter der Polizei, Feuwehr, Rettungsdienste, Opferschutz und Gerichtsmedizin.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Im Jahr 2004 waren in Staffordshire 40 Prozent der 464 Unfälle mit Schwerstverletzten und Toten junge Fahrer im Alter von 16 bis 25 Jahren. Nach der flächendeckenden Durchführung der Crash-Kurs Veranstaltungen in allen Abschlussklassen der High School (2006-2008) sank die Anzahl der Verkehrsunfälle mit tödlich Verletzten um 50 Prozent.

„Entscheidend ist aber nicht nur der Besuch dieser Veranstaltung. Wesentlich ist die Nachbereitung im Unterricht, daher stellen wir den Schulen entsprechendes Material zur Verfügung. Die Schüler sollen zum Beispiel in Rollenspielen selbst erarbeiten, wie man einen Unfall verhindern kann. Diskussionen sorgen dafür, dass das Thema präsent bleibt, denn wir streben natürlich eine Nachhaltigkeit des Projekts an.“

Nachhaltig war wohl auch der Eindruck, als der gelbe Ballon auf der Bühne der Stadthalle mit einem lauten Knall zerplatzte. Er symbolisierte die Träume, die die Jugendlichen in punkto Beruf, Liebe, Freizeit in ihrem Leben noch realisieren wollen. Und die sich bei einem tödlichen Unfall buchstäblich in Luft auflösen...

Autor:

Annette Robenek aus Gladbeck

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