Frauenberatungsstelle: Existenz gesichert

Werden den Kopf nicht in den Sand stecken: Das Team der Frauenberatungsstelle Gladbeck (v. l.) Susanne Hülsermann, Susanne Dillner, Hatun Siebert und Sabine Kaup mit ihrer neuen Kollegin Claudia Boek.
  • Werden den Kopf nicht in den Sand stecken: Das Team der Frauenberatungsstelle Gladbeck (v. l.) Susanne Hülsermann, Susanne Dillner, Hatun Siebert und Sabine Kaup mit ihrer neuen Kollegin Claudia Boek.
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„Es ist einziger Skandal, “ berichtet das Team der Frauenberatungsstelle fassungslos. Das Urteil des Landgerichtes Essen, das vor einigen Wochen einen 31-jährigen Vergewaltiger freigesprochen hat, beschäftigt die Damen noch immer.

Der Angeklagte wurde vom Vorwurf der Vergewaltigung einer 15-jährigen freigesprochen, weil sich das Mädchen nicht ausreichend gewehrt habe. „Nach der deutschen Rechtsauffassung reicht ein einfaches ‚Nein!‘ wohl nicht aus,“ meint Sabine Kaup achselzuckend. Das deutsche Strafgesetz setze eine schutzlose Lage voraus. Wird der Täter nur dann verurteilt, wenn sich das Opfer körperlich zur Wehr gesetzt hat?

„Das jede Frau individuell anders reagiert und vor lauter Schock auch gelähmt sein kann, interessiert das Strafgesetz an dieser Stelle anscheinend nicht,“ so ihre Kollegin Susanne Hülsermann.
Statistisch werden nur 5 Prozent aller Vergewaltigungen angezeigt (die Dunkelziffer sei dementsprechend hoch), bloß 13 Prozent werden verurteilt. Daher müsse eine breite juristische und fachlich Debatte geführt werden, damit künftige Urteile nicht zugunsten der Angeklagten ausgelegt werden.

Seit 28 Jahren berät die Frauenberatungsstelle Gladbeck von psychischer oder sexueller Gewalt betroffene Frauen. „Am häufigsten beraten wir zu Trennungen, Beziehungsproblemen oder häuslicher Gewalt,“ erzählt Sabine Kaup. „Ebenso haben wir mit Depressionen und Essstörungen zu tun.“ Doch mit den neuen Medien kamen auch neue Nöte wie Cyber-Mobbing hinzu.
Rund 300 Frauen kommen jährlich zur kostenlosen Beratung.
Doch künftig könnte es für die Einrichtung an der Grabenstraße eng werden. Die Stadt Gladbeck muss sparen.

Die Frauenberatungsstelle wird hauptsächlich vom Land NRW gefördert; die restlichen Kosten werden von der Stadt übernommen, die aber nun im Rahmen des Stärkungspaktes Einsparungen vornehmen muss. Davon sind vor allem freiwillige Leistungen betroffen.
„Wir haben im Sommer aus der Presse davon erfahren und dachten zunächst, wir müssten schließen.“ Ohne die städtischen Gelder wäre die Existenz arg bedroht. Mit Vertretern der Stadt hat man aber schließlich einen Kompromiss gefunden und sich auf einen Sparplan geeinigt: Ab 2013 wird es gestaffelt immer weniger Zuschüsse geben, von 2018 bis 2022 müssen dann pro Jahr 12.000 Euro eingespart werden.
„Dies verändert unsere Arbeit total,“ sind sich die fünf Mitarbeiterinnen sicher. „Doch immerhin müssen wir nicht länger um unsere Existenz bangen.“
Expansionsideen, wie beispielsweise einen Second-Hand-Laden in der Innenstadt zu eröffnen, seien „jetzt leider gestorben“.

Die Suche nach einem Hauptsponsor, der die finanziellen Sorgen mindern könnte, verlief bislang ohne Erfolg. Mit kleinen Kampagenen, wie der Wundertütenaktion beim Tag der Familie, will man weiterhin um der Erhalt der Beratungsstelle kämpfen. „Dafür ist unsere Arbeit für die Frauen hier vor Ort viel zu wichtig,“ erklärt Sabine Kaup entschlossen, die neben all den schlechten Nachrichten aber noch etwas Erfreuliches mitzuteilen hat.

Seit dem 1. September verstärkt Claudia Boek nun das Team. Im Rahmen ihrer Ausbildung zur systemischen Therapeutin berät sie Frauen in allen Lebenslagen und hilft bei Problemen.
„Für mich ist ein persönlicher Wunsch in Erfüllung gegangen, mit Frauen arbeiten zu dürfen,“ freut sich die 42-jährige auf ihre kommenden Aufgaben.

Beratung

Die Frauenberatungsstelle Gladbeck , Grabenstraße 13, ist unter Tel. 02043/666 99 zu erreichen. Montags, mittwochs, donnerstags und freitags sind Ansprechpartnerinnen von 9 Uhr bis 12 Uhr persönlich erreichbar.

Autor:

Christian Gensheimer aus Essen-Nord

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