Bürgermeister Roland wehrt sich vehement gegen "Hemmschuh"-Kritik
Zusatzbelastungen plündern die Gladbecker Stadtkasse

Unter den Zusatzbelastungen, oftmals verursacht von Bund und Land, leiden die Finanzmöglichkeiten der Stadt Gladbeck schon seit Jahren. Und Besserung scheint absolut nicht in Sicht. | Foto: Pixabay
  • Unter den Zusatzbelastungen, oftmals verursacht von Bund und Land, leiden die Finanzmöglichkeiten der Stadt Gladbeck schon seit Jahren. Und Besserung scheint absolut nicht in Sicht.
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Die Kritik ist heftig und musste Reaktionen hervorrufen: Als „Hemmschuh der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ bezeichnet das Institut der deutschen Wirtschaft das Ruhrgebiet und speziell den Emscher-Lippe-Raum in einer aktuellen Studie.

Diese Ausführungen haben auch Gladbecks Bürgermeister Ulrich Roland auf den Plan gerufen: „Gerade in den letzten Jahren hat sich in unserer Stadt, auch aufgrund der guten Konjunktur, viel zum Positiven entwickelt: Die Arbeitslosenzahlen sind spürbar gesunken, Investitionen sowohl in der Industrie wie zuletzt bei Ineos Phenol und Pilkington, als auch in Wohn- und Geschäftshäuser wie Hoch10, Roter Turm, Schwechater Straße 38 oder Schlägel- und Eisen-Siedlung zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind,“ hält Roland dagegen. Seinen Berechnungen nach wird allein in Gladbeck in verschiedene Großprojekte ein dreistelliger Millionen-Betrag investiert.

Der Bürgermeister betont aber auch, dass bei der Entwicklung des Emscher-Lippe-Raums der 2012 gestartete Stärkungspakt nach wie vor eine wichtige Rolle spielt: „Er war ein absolut notwendiger Schritt in die richtige Richtung zur Rettung der öffentlichen Haushalte. Denn in der Zeit davor hatten wir enorme Defizite von in der Spitze über 40 Millionen Euro, die uns letztlich auch in die Überschuldung geführt haben.“

Erstmals ausgeglichener Haushalt in 2018

Dank des genannten Stärkungspaktes aber auch der Sparanstrengungen der Stadt Gladbeck, durch die gute Konjunktur und nicht zuletzt die günstigen Zinsen hat sich aus Sicht des Bürgermeisters die Situation inzwischen zumindest stabilisiert. „Das war eine gemeinsame Kraftanstrengung, für die ich sehr dankbar bin. 2018 hatten wir erstmals nach 26 Jahren wieder einen ausgeglichenen Haushalt, der aber immer noch auf ‚Kante genäht‘ war.“

Mit dem Beitritt zum Stärkungspakt beschloss die Stadt Gladbeck auch ein großes Bündel an Sparmaßnahmen. „Dabei gingen wir allerdings in vielerlei Hinsicht von völlig anderen Voraussetzungen aus: Vor allem erwarteten wir Hilfe und Entlastungen bei den Sozialausgaben – stattdessen wurden uns weitere Lasten aufgebürdet. Als das Geld nach langem Warten endlich kam, wurde leider vergessen, es auch gerecht zu verteilen“, beklagt sich Ulrich Roland.

Landesregierung in der Pflicht

So hätten die Städte im Jahr 2015 auch noch eine enorme Zuwanderung bewältigen müssen. Auch hier tue sich das Land bei der Frage nach Kostenerstattung nach wie vor schwer, sieht Roland das schwarz-gelbe Bündnis am Rhein in der Pflicht. „Da tut sich in Düsseldorf seit Jahren nichts“, kritisiert der Bürgermeister.

Und Ulrich Roland rechnet weiter vor. Denn aus seiner Sicht waren auch weitere Belastungen nicht vorauszusehen: Fast drei Millionen Euro jährlich kostet es nach Angaben aus dem Rathaus die Stadt Gladbeck, dass das Land die Soziallasten beim kommunalen Finanzausgleich seit 2019 nicht mehr im früheren Maß anerkennt. Auch die seit dem Jahr geltende Krankhausfinanzierung belastet laut dem Bürgermeister die Kasse der Stadt Gladbeck, ohne bei der lokalen Krankenhausversorgung ein Mitspracherecht zu haben. Die Stadt Gladbeck zahlt demnach jährlich einen Gemeindeanteil in Höhe von 827.000 Euro, ab 2020 wird der Anteil voraussichtlich sogar bei rund 1,3 Millionen Euro liegen.

Eine viertel Million Euro an Zusatzkosten muss die Stadt darüber hinaus für die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses aufbringen. „Versprochen war aber, dass dies für die Städte kostenneutral sein sollte“, so der Bürgermeister. „Uns wurde zugesagt, dass die Bundesregierung das Prinzip ‚wer bestellt, bezahlt‘ endlich konsequent anwendet. Tatsächlich wurden die früheren Verletzungen dieses Prinzips nie korrigiert und wirken fort.“

Zukunftaussichten sind eher düster

Die Zukunftaussichten sorgen am Willy-Brandt-Platz für weitere Sorgesfalten. Denn schon befrüchtete man dort weitere Belastungen für die Städte: In der Pflege mit zusätzlichen Belastungen durch das ‚Angehörigen-Entlastungsgesetz‘ oder durch die KiBiz-Novelle, mit der die Kindergartenfinanzierung auf eine neue Basis gestellt werden soll.

„Das unwürdige Gezerre zwischen Bund und Ländern um die durch das Bundesverfassungsgericht geforderte Grundsteuerreform zeigt, dass die Nöte der Kommunen in Berlin nicht ausreichend ernst genommen werden! Uns droht ein Komplettausfall dieser wichtigen städtischen Steuer, wenn es nicht endlich zu einer Lösung kommt“, zeigt sich Ulrich Roland sehr skeptisch. Bisher habe die Stadt diese Zusatzbelastungen immer irgendwie geschultert. „Aber wie sollen wir uns bei diesen unverlässlichen Rahmenbedingungen selbst immer verlässlich an die Sparvorgaben halten können?"

Nach der jüngsten Steuerschätzung der ‚Wirtschaftsweisen‘ ziehen jetzt dunkle Wolken auf“, befürchtet Ulrich Roland. Die Prognosen würden zeigen, dass die Zeit der steigenden Steuereinnahmen bald ein Ende haben könnte. Dann seien wieder massive Haushaltsprobleme zu befürchten. Deshalb fordert Ulrich Roland mit Nachdruck: „Bund und Land müssen endlich die Kosten, die sie uns für zusätzliche Aufgaben aufbürden, vollständig erstatten. Zudem brauchen wir endlich eine tragfähige Lösung für die Altschuldenproblematik!“

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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