RWE-Aktien neu bewertet - Gladbeck ist ab sofort "überschuldet"!
Gladbeck. Die Stadt Gladbeck besitzt aktuell rund 1,2 Millionen Aktion des börsennotierten Essener Energieversorgers RWE. Das liest sich gut. Und in der städtischen Bilanz wird pro Aktie ein Wert von 87,30 Euro angegeben. Das liest sich noch besser. Doch nun hat das Aktienspaket sozusagen „über Nacht“ fast 75 Millionen Euro „verloren“, denn einer gesetzlichen Vorgabe folgend, müssen die RWE-Aktien neu bewertet werden und zwar mit 26,61 Euro pro Stück. Was nun dazu führt, dass die Stadt Gladbeck „überschuldet“ ist.
Im Rahmen der jüngsten Sitzung überbrachte jetzt Bürgermeister Roland den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses die Hiobsbotschaft. Die Neubewertung des Aktienpaketes werde aber keine Auswirkungen auf den genehmigten Haushaltssanierungsplanes der Stadt Gladbeck haben, betonte Ulrich Roland ausdrücklich gegenüber der Presse. Gleichzeitig beeilte sich der Bürgermeister mit dem Hinweis, dass sich das Jahresergebnis des städtischen Haushaltes im Jahr 2013 um 3,5 Millionen Euro verbessert habe.
2013er-Jahresergebnis um 3,5 Millionen € verbessert
Was natürlich nicht den Wertrückgang der RWE-Aktien auffängt. Denn bislang tauchten diese Aktien mit dem Wert in der städtischen Bilanz auf, den sie am 1. Januar 2008 hatten. „Das war auch Praxis in den anderen RWE-Städten und durch das entsprechende Landesgesetz zum Neuen Kommunalen Finanzmanagement so vorgeschreiben,“ betonen Bürgermeister Roland und Stadtkämmerer Holzmann übereinstimmend. Bekanntlich sei der Kurs der RWE-Aktie aber deutlich gesunken. Daher habe man, wie auch andere nordrhein-westfälische Städte, den Wert des Gladbecker Aktienpaketes neu bewertet. Dieses Vorgehen werden ausdrücklich von der Kommunalaufsicht mitgetragen. „Änderungen der gesetzlichen Regelungen zwingen uns jetzt dazu, Aktienbesitz abzuwerten, wenn davon auszugehen ist, dass sie dauerhaft an Wert verlieren,“ berichtet der Stadtkämmerer.
„Für uns in Gladbeck gilt: Wir halten uns an die gesetzlichen Vorgaben und bewerten unsere Aktien neu,“ versichert Bürgermeister Roland. „Auch wenn uns diese Gesetzesänderung in die Überschuldung zwingt!“
Auch Städtkämmerer Holzmann machte bei dem Pressegespräch deutlich, dass sich aus der Überschuldung keine Auswirkungen auf den städtischen Haushalt sowie die Anstrenungen der Stadt Gladbeck zur Haushaltssanierung ergeben werden. Dies sei ihm auch von der Bezirksregierung bestätigt worden. Also sei mit keinen negativen Auswirkungen zu rechnen. „Unser Haushaltssanierungskonzept gilt weiterhin, zusätzlich Einschränkungen oder Mehrbelastungen der Bürgerinnen und Bürger gibt es nicht,“ versichert der Stadtkämmerer.
Bei Haushaltssanierung auf gutem Weg
Denn gerade im Bereich der Haushaltssanierung befindet sich Gladbeck scheinbar wirklich auf einem guten Weg. So konnte das Jahresergebnis 2013 deutlich verbessert wreden, denn ursprünglich war man von einem Fehlbedarf in Höhe von 24,3 Millionen Euro ausgegangen. Tatsächlich liegt das Minus nun aber um immerhin 3,5 Millionen Euro niedriger.
„Unsere Sparanstregungen sind also erfolgreich,“ freut sich denn auch Bürgermeister Roland. „Geringere Einnahmen, zum Beispiel bei der Gewerbesteuer, konnte wir durch höhere Dividenden aus unserer ELE-Beteiligung, niedrigere Zinsen und gesunkene Kosten für erzieherische Hilfen bei Jugendlichen aufgrund vorbeugender Maßnahmen ausgleichen.“
Die aktuellen Zahlen sieht auch Jugenddezernent Rainer Weichelt als Erfolg: „Es zeigt sich, dass eine Reihe von internen Maßnahmen zu einem deutlich verbesserten Mitteleinsatz führen.“ Nun komme es darauf an, dieses Ergebnis langfristig zu stabilisieren. Fakt ist, dass im Jahr 2013 es im Bereich „Erzieherische Hilfe“ einen Anstieg der so genannten „Fallzahlen“ gab, im Vergleich zum Jahr 2012 die Kosten für den städtischen Haushalt aber gesenkt werden konnten. Im Rathaus führt man diese Entwicklung auch auf die Wirksamkeit von präventiven Maßnahmen zurück.
Verkauf der RWE-Aktion nicht geplant
Zu dem verbesserten Jahresergebnis 2013 haben natürlich auch die 2,1 Millionen Euro RWE-Dividenden beigetragen. Für das Jahr 2014 geht man im Rathaus nun aber von einer Halbierung der Dividende aus. Und dennoch wehrt sich Stadtkämmerer Holzmann gegen einen eventuellen Verkauf der Aktien. „Unsere politischen Vorväter haben es, unabhängig vom Kurs der Aktie, nie für sinnvoll gehalten, die RWE-Aktien zu verkaufen, da die Dividenden für die Stadt stets höher sind als die mögliche Zinsersparnis bei einem Verkauf der Aktien. Dies gilt auch bei einer Dividende von einem Euro,“ hat der Stadtkämmerer ausgerechnet.
Tatsächlich hat der Wert der RWE-Aktien in den letzten Jahrzehnten eine wahre Berg- und Talbahnfahrt hinter sich. Im Jahr 1991 wurde der historische Tiefststand von 18,91 Euro verzeichnet, verbunden mit einer Dividende von gerade einmal 56 Cent. Im Jahr 2008 erreichte die Aktie ihren bisherigen Höchststand von 96 Euro und RWE zahlte eine Dividende von 3,15 Euro pro Aktie. Diese Entwicklung hat den mathematischen Ehrgeiz des Stadtkämmerers entfacht. „Selbst wenn wir 2008 auf dem Höchststand des Aktienkurses verkauft hätten, wäre dies für die Stadtkasse unterm Strich ein Verlust gewesen,“ erläutert Jürgen Holzmann. „Wir hätten damals rund 90 Millionen Euro nach Steuern erlösen und damit die Kassenkredite abbauen können. Gleichzeitig hätte dies einen Dividendenverlust allein in 2008 von 3,8 Millionen Euro bedeutet. Von 2008 bis 2014 hat die Stadt Gladbeck insgesamt rund 21 Millionen Euro erhalten. Die mögliche Ersparnis bei den Kassenkreditzinsen wäre deutlich geringer gewesen!“
Entsprechend fällt das Fazit des Stadtkämmerers aus: „Der Verzicht auf den Verkauf der RWE-Aktien war und ist daher auch aus heutiger Sicht richtig,“ bekräftigt Jürgen Holzmann. Und Bürgermeister Roland fügt hinzu: „Gleichzeitig zeigt das Jahresergebnis auch, dass sich unsere Sparanstregungen lohnen und wir auf einem guten Weg sind, das Ziel des Haushaltsausgleichs mit Landeshilfe bis 2018, ohne Landeshilfe bis 2021 zu erreichen.“
Autor:Uwe Rath aus Gladbeck |
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