Ratssitzung: Ein klares Ja zur A 52
Die Beschlusslage, um die seit Jahren ein erbitterter Streit tobt, hört sich nüchtern an: „Der Rat der Stadt Gladbeck begrüßt das Ergebnis der Gespräche zwischen Bund, Land und Stadt.... Bürgermeister Roland wird beauftragt, die inhaltlich endabgestimmte Vereinbarung zum geplanten Neubau der A 52 im Zuge der B 224 auf Gladbecker Stadtgebiet“ abzuschließen. .“
Hinter dem Autobahn-Thema steckt aber „viel Sprengstoff“, denn wenn die Bagger rollen (frühestens in zehn Jahren) soll hier ein gigantisches Straßenprojekt mit einem Autobahnkreuz plus „Überflieger“ entstehen, einer der schönsten Bauernhöfe in der Region wird abgerissen, dazu kommt eine lange Bauzeit.
37 Ja-Stimmen
Von den anwesenden 45 Ratsmitgliedern votierten (und das in namentlicher Abstimmung) 37 mit Ja für das Projekt, dagegen standen vier Nein-Stimmen, außerdem vier Enthaltungen.
Mit Nein stimmten: Herbert Böhler, Franz Kruse und Olaf Jung (die Linke), außerdem Gerhad Dorka (Soziales Bündnis/DKP), es enthielten sich: Suleyman Cosar (fraktionslos), Mehmet Metin (Soziales Bündnis), Dieter Plantenberg (BIG) und Michael Wegener (Grüne).
Widerspruch vor dem Rathaus
Vor dem Rathaus gab es Widerspruch: Rund 80 A52-Gegner formierten sich auf dem Willy-Brandt-Platz, begrüßten die einziehenden Ratsmitglieder mit einem Pfeifkonzert und informierten über die weitere Vorgehensweise und den zukünftigen Klageweg.
Dreistündiges Redegefecht
Der Vorsitzende der „Grünen Jugend“ - Nico Salfeld - erklärte: „Wenn die Gladbecker Grünen auch für die Autobahn stimmen, kündige ich dort meine Mitgliedschaft!“
Der Rat machte es sich nicht einfach, bei insgesamt 40 Ratssitzungen stand das Thema „A52“ bisher auf der Tagesordnung, am Donnerstag gab es dazu in dem dreistündigen Redegefecht 21 Wortmeldungen.
Nach einer „Frankreich-Schweigeminute“ begann die Sitzung um 16.12 Uhr.
Franz Kruse von der Linken-Fraktion stellte den Antrag, die Sitzung zu vertagen, es ging um die die „undemokratische Vergabe der Sitzplätze im Zuschauerraum, vor allem Bürger aus Randgebieten erhielten keine Karten!“ Bürgermeister Roland erwiderte: „Vor haben von 40 auf 62 Plätze erhöht – alles lief hier korrekt ab!“
Entscheidung von historischer Bedeutung
Danach ging es richtig zu Sache, der Bürgermeister sprach von einer Entscheidung mit historischer Bedeutung: „Der Tunnel wäre hier die bestmögliche Lösung, aber die Bürger haben das Gesamtkonzept am 25. März 2012 beim Bürgerbegehren klar abgelehnt!“
Die Demokratie lebt von Kompromissen
Roland weiter: „Das, was wir jetzt nach den Verhandlungen erreicht haben ist gut, mehr geht nicht, weniger geht sehr wohl, es geht nicht um tagespolitische Erfolge oder Parteipolitik – wir bauen eine neue Stadt. Ich habe im Laufe des Verfahrens mit fünf Landesverkehrsministern und drei Bundesbauministern verhandelt, an meiner Position hat sich in elf Jahren nichts verändert“ - und zitierte dabei den Altkanzler Helmut Schmidt: „Die Demokratie lebt von Kompromissen!“
Danach gab es noch einmal intensive Erklärungen von Vertretern des Landesbauministeriums. Olaf Bischopink aus Münster von der Anwaltskanzlei Baumeister führte aus: „130 Millionen soll der Gesamtausbau kosten, zwölf Millionen kommen aus Städtebaufördermitteln, dazu ein Eigenanteil der Stadt Gladbeck von 2,4 Millionen. Der Lärmschutz wird eingehalten, der zweite Bauabschnitt in Richtung Bottrop wird ohne Verzögerung durchgeführt!“
Seine erste Rats-Rede als SPD-Ratsherr hielt Berat Arici, der selber Stadtplanung studiert: „Ein Ausbau nur südlich der A2 würde die B224 auf Gladbecker Stadtgebiet ins Chaos stürzen“ und „die kommunalen Straßen würden noch mehr belastet, weil sich noch mehr Autofahrer genötigt sehen, diesen Stau dann zu umfahren!“
Deutliche Wortgefechte
Es ergaben sich deutliche Wortgefechte, vor allem Franz Kruse von den Linken zeigte klar seine Ablehnung: „Beim Überflieger (in dem A52-Kreuz) greift kein Flüsterasphalt“ und an seine Ratskolleginnen und -Kollegen: Sie vertreten hier nicht das Volk!“
Sein Mitstreiter Olaf Jung, ebenfalls von der Linken-Fraktion, sprach von einem „Lärmschutzmonster“ und entgegnete: „Die Bürger haben sich sehr gut informiert, sie haben nicht gegen den Tunnel gestimmt, sondern gegen das riesige Autobahnkreuz und den zu erwartenden Stickoxyd-Ausstoß, wir haben den Fehler gemacht, dass wir in der A52-Frage dem Bürgermeister vertraut haben!“
Von Ordnern aus dem Saal entfernt
Gerhard Dorka von der DKP: „Nichts wird sich verbessern, die (Moltke-)Halde als ökologischer Raum verschwindet – dazu müssen die Grundstückseigentümer mit starken Wertabschreibungen rechnen – die A52 wird ein Desaster!“ Zwischendurch gab es eine Sitzungsunterbrechung, die frühere Ratsfrau Angela Szczotok ließ einige laute Zwischenrufe ab und wurde von Ordnern aus dem Saal getragen.
Michael Tack von der FDP-DSL-Fraktion: „Wir haben fast täglich 12.000 Einpendler (mit dem Auto) und 20.000 Auspendler. Wer glaubt, die Autobahn zu verhindern, macht sich selbst was vor!“
Der fraktionslose Ratsherr Suleyman Kosar fragte in seiner Rede, wie es mit der Sanierung der Straßen in der Umbauphase aussieht!“, Dietmar Drosdol von der CDU erwiderte: „Für diesen Ausbau sollten wir dankbar sein, es gibt keine Alternative!“ Sein Parteifreund, der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Rademacher, stellte dazu klar: „Die B224 ist doch jetzt schon eine Autobahn – nur mit Ampeln!“
Zwischen Pest und Cholera
Thomas Weijers von den Piraten entgegnete: „Das (mit der A52) ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera!“ Der Autobahnbefürworter Mario Herrmann von den Grünen führte aus: „Mit der A52 wird ein klaffende Wunde in der Stadt beseitigt, ich bin froh, wenn die Debatte endlich vorbei ist“ und leicht ironisch:„A52-Demonstranten kommen und fahren danach wieder in ihre Tempo-30-Zonen!“
Der Landtagsabgeordnete Michael Hübner griff mehrfach in die Debatte ein und beklagte die „niveaulose Diskussion“, bekräftigte aber das gute Ergebnis für die Stadt: „Selbst in Süddeutschland sind Tunnel möglich!“
Spielraum für Interpretationen
Bei der Abstimmung erreichte die Ratsvertreterin Simone Steffens von den Grünen allgemeine Heiterkeit: Ihre persönliche Stimmabgabe mit „Jo“ kommentierte Bürgermeister Roland: „Interessant, wie sich diese beiden Buchstaben interpretieren lassen! (Peter Braczko)
Autor:Annette Robenek aus Gladbeck |
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