Israel/Palästina
Kein Frieden ohne Gerechtigkeit
Gewalt, Antisemitismus, Rassismus, aber auch Islamfeindlichkeit, die seit Jahren in Deutschland auch zunimmt, sind nicht zu tolerieren. Bedrohungen und Beschimpfungen von Gläubigen und ihrer Gotteshäuser, wie aktuell wieder im Zusammenhang des Israel/Palästina Konfliktes auch in Gelsenkirchen vor der Synagoge geschehen, ebenfalls nicht! Man kann sich nicht mit Palästinensern solidarisieren, indem man sich hier (gut 4000 km entfernt) vor Synagogen stellt und dort selbst offen antisemitisch agiert. Was haben deutsche Synagogen mit Israel zu tun?
Wir sprechen zu Recht vom Existenzrecht Israels, aber erwähnen meist nicht gleichzeitig das Existenzrecht Palästinas
Leider ist es aber auch eine Tatsache, dass es ganz schwierig ist in diesem Land, mit einem kollektiven Schuldgefühl, Israel für seine jahrzehntelange demütigende und ausgrenzende Politik gegenüber den Palästinensern zu kritisieren, ohne dass man befürchten muss, als Antisemit abgestempelt zu werden. Aber tragen wir damit nicht gleichzeitig Mitverantwortung für diesen Konflikt, der auf beiden Seiten tausende von Opfern gekostet hat und weiterhin kostet? Wir sprechen zu Recht vom Existenzrecht Israels, aber erwähnen meist nicht gleichzeitig das Existenzrecht von Palästina und ihren Menschen. Das Recht auf palästinensische Selbstbestimmung ist aber nach internationalem Recht genauso eindeutig wie der völkerrechtswidrige Charakter der israelischen Besatzung. Auch nach über 50 Jahren ist die Formel für Frieden im Nahen Osten dieselbe: zwei Staaten in den Grenzen von 1967. Stattdessen sieht der nicht vorhandene Staat der Palästinenser mittlerweile aus wie ein Flickenteppich. In immer mehr Wohngebieten der Palästinenser sind israelische Siedlungsgebiete entstanden. Den Menschen wurden ihre Häuser, Wohnungen, ihre Olivenhaine, ja ihre Lebensgrundlage genommen und unumkehrbare Tatsachen geschaffen. Hunderttausende leben in Flüchtlingslagern in Nachbarländern, z. Bsp. in dem kleinen Libanon. Israel verstößt seit Jahrzehnten mit der Annexion besetzter Gebiete und seiner Siedlungspolitik gegen das Völkerrecht. Keiner von uns kann behaupten, wir hättens nicht gewusst.
Warum nimmt man gerade im heiligen Monat Ramadan Menschen ihre Wohnungen weg?
Die Gewalt aktuell in Jerusalem und jetzt in Tel Aviv ist das direkte Resultat des Versuchs von ultrarechten Siedlern, die von der Regierung unterstützt werden, mitten im heiligen Monat Ramadan die palästinensischen Wohnungen in Ost Jerusalem, in Scheik Jarrah zu übernehmen. Warum so eine Provokation im Ramadan, fragt man sich? Aber von dem Konflikt profitiert zurzeit wahrscheinlich auch Benjamin Netanjahu, der wegen Machtmissbrauch und Korruption in der Kritik und vor Gericht steht und nach der Wahl keine Mehrheiten hat, um eine Regierung zu bilden. Jetzt hat er wahrscheinlich die Rechtsnationalisten wieder an seiner Seite, die mit ihm koalieren werden.
Es folgen nicht alle Türkeistämmigen und Muslime hier dem türkischen Präsidenten
Aber auch der türkische Präsident poltert lautstark gegen Israels Vorgehen und heizt die Stimmung auf, mit Einflüssen bis hierher. Um seinen eigenen Vorteil bedacht, versucht er wie so oft, sich an die Spitze zu stellen, wenn es um angebliche Interessen der Türkeistämmigen und Muslime weltweit geht, um die Palästinenser im Heiligen Land oder um Islamophobie in Europa. Aber es ist nicht so, dass die meisten Türkeistämmigen oder gar Muslime ihm folgen und von ihm vertreten werden wollen. Viele sind inzwischen selbst ernüchtert von seiner Politik. Mit zunehmender Unbeliebtheit und Stimmenverlusten seit Längerem in Umfragen im eigenen Land, versucht auch er die Nationalisten mit seinem Populismus hinter sich zu scharen. Jeder hat sein eigenes politisches Kalkül und Vorteil im Blick. Die Verlierer sind wie immer die Menschen.
Der Gaza ist wie ein Gefängnis
Gewalt ist niemals eine Lösung und kann auch nicht gerechtfertigt werden, weder hier noch dort, aber nach 55 Jahren Besatzung und nun bald 14 Jahren direkter Belagerung des Gazastreifens sind Hoffnungslosigkeit und Traumata bei den Palästinensern massiv. Diese Politik treibt Menschen in die Arme von Hamas. Aus dem Gaza kommen sie faktisch nicht raus. Es ist wie ein Gefängnis. Armut, Hunger, Arbeitslosigkeit sind der Alltag für viele. Ohne Gerechtigkeit für diese Menschen wird es keinen Frieden geben. In der "Phönix Runde" in dieser Woche bringt der Nahostexperte Michael Lüders die Problematik sehr gut zur Sprache.
Phönix Runde
Wenn unsere Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft nicht mit dem Existenzrecht Israels auch das Existenzrecht Palästinas betonen und sich dafür einsetzen, tun sie weder Israel noch dem Frieden in der Region einen Gefallen, im Gegenteil.
Erich Fried zu Israel
Dieser Konflikt wird jedenfalls mit Gewalt nicht gelöst werden. Da müssen nach Jahrzehnten endlich andere Wege gefunden werden! Der bekannte österreichischer Lyriker jüdischen Glaubens, Erich Fried (1921 - 1988), der selbst den Holocaust miterlebt hat und 1938 nach London floh, hat in mehreren Gedichten in seinem Gedichtband „Höre Israel“ das Unrecht israelischer Politik gegenüber den Palästinensern vor Jahrzehnten schon thematisiert.
Höre Israel
Als wir verfolgt wurden,
war ich einer von euch.
Wie kann ich das bleiben,
wenn ihr Verfolger werdet?
Eure Sehnsucht war,
wie die anderen Völker zu werden
die euch mordeten.
Nun seid ihr geworden wie sie.
Ihr habt überlebt
die zu euch grausam waren.
Lebt ihre Grausamkeit
in euch jetzt weiter?
Den Geschlagenen habt ihr befohlen:
"Zieht eure Schuhe aus".
Wie den Sündenbock habt ihr sie
in die Wüste getrieben
in die große Moschee des Todes
deren Sandalen Sand sind
doch sie nahmen die Sünde nicht an
die ihr ihnen auflegen wolltet.
Der Eindruck der nackten Füße
im Wüstensand
überdauert die Spuren
eurer Bomben und Panzer.
Autor:Interkulturelle Frauengruppe Gladbeck aus Gladbeck |
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