Rat beschließt den Haushalt 2020
DSL-Ratsfraktion (FDP und Piraten) - Standpunkte zum Haushalt

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Am 12.12.2019 hat Rat der Stadt Gladbeck den Haushalt 2020 beschlossen.
Für die DSL-Ratsfraktion (FDP/Michael Tack und Piraten/Thomas Weijers) hat Ratsherr Tack das Statement der DSL (Demokratische Soziale Liberale) vorgetragen.
Hier lesen Sie den vollständigen Text, es gilt das gesprochene Wort der Sitzungs-Video-Aufzeichnung.

Etatrede zum Haushaltsentwurf der Stadt Gladbeck 2020 von
Michael Tack am 12.12.2019

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
in Ihrer Rede im Oktober zur Einbringung des Haushalts 2020 haben Sie sinngemäß gesagt: Bürgerinnen und Bürger interessieren sich nicht für Haushaltspolitik. Das Thema „kommunale Finanzen“ ist „uncharmant“. Es steht eigentlich nur einmal im Jahr im Mittelpunkt.
Ja, die Meisten erwarten, dass die Politik funktioniert und das einfach erledigt und zwar korrekt. Ich kann davon nur warnen. Wir, die Politik, haben die Aufgabe auch komplizierte Sachverhalte zu erklären. Ich weiß, dass viele Menschen von vielen Zahlen schnell geschockt sind. Unsere Aufgabe ist es, das zu erklären und Verwirrung aufzulösen und nicht auszulösen. Das gebietet die Fairness.
Komplizierte Sachverhalte sind jedoch schwer zu vermitteln ohne anschauliche Hilfsmittel.
Deshalb habe ich hier den 3 Meter langen Haushalts-Zollstock.
Jeder Zentimeter repräsentiert 1 Million €. Um unsere Einnahmen von 276,3 Millionen € darzustellen muss ich den Zollstock schon ganz auseinander klappen. Bei den Ausgaben von 276,1 Millionen Euro bleiben quasi nur diese 2 mm am Ende übrig.
Die freiwilligen Ausgaben machen dabei übrigens nur 9 ½ cm aus. Damit Sie in Zukunft den Haushalt einfacher erklären können, überlasse ich Ihnen gerne diesen Haushalts-Zollstock.

Sehr geehrter Herr Kämmerer.
Der Vorbericht zum Haushalt ist der beste bisher, den ich gelesen habe.
Er ist klar in der Wortwahl, deutlich in der Beschreibung der Zusammenhänge und übersichtlich strukturiert, natürlich für seine Zielgruppe und für diese gut gelungen.

Sehr geehrte Damen und Herren.
Der Stärkungspakt ist unter dem Strich ein Erfolg.
Wir sind bei der Aufstellung des Haushaltssanierungsplans damals mit der politischen Vorgabe herangegangen:
40 % Abgaben rauf
60 % Ausgaben runter, um damit den Haushaltsausgleich zu schaffen.
Das wurde eingehalten.
Der Haushalt ist ausgeglichen. 2-Mal hat es schon funktioniert und jetzt zum 3. Mal.
Die bilanzielle Überschuldung ganz geringfügig gesunken.
Die Liquiditätskredite sind geringer als damals prognostiziert.
Wir stehen besser da als vorher,
so schwierig das auch war und wahrscheinlich bleibt.

Die CDU hat damals dem Stärkungspakt II im Landtag als einzige Fraktion nicht zugestimmt. Aus heutiger Sicht ein grober Fehler.
Die CDU hielt und hält sich vornehm zurück und zwar mit der Erklärung, man habe die finanzielle Notlage nicht verursacht.
Für mich ist das unterlassene Hilfeleistung.
Das bringt keinen hier in Gladbeck weiter.

Die strukturell bedingten Schulden Gladbecks sind ja nicht einseitig städtischerseits oder verwaltungsbedingt oder von einer einzigen Partei allein verschuldet.
Da haben beide große Parteien über Jahrzehnte fahrlässig mitgewirkt, auch mit Konnexitätsverletzungen z. B. bei den Kosten der Unterkunft, Heizung, Pflegende Angehörige, Verlängerung beim Unterhaltsvorschuss.
Dennoch müssen die Probleme gelöst werden.

Ich höre ja auch oft: "Ihr im Ruhrgebiet könnt einfach nicht wirtschaften".
Ich halte den Vorwurf für falsch und jetzt entkräftet. Wir werden das Gegenteil beweisen mit dem Konnexitätsbericht, den wir im Haupt- und Finanzausschuss im Oktober beschlossen haben.

Die Grünen vernachlässigen Haushaltsfragen nach dem Motto: Geld ist nicht unser Thema, sondern Umwelt. Aus meiner Sicht ist das ein riesiger Fehler, denn „ohne Moos nix los.“ Das gilt auch für den Umweltschutz.

Und ja, auch auf Seiten der Stadtspitze sind Fehler gemacht worden. Sie müssen auf jeden Fall den Bürgerinnen und Bürgern erklären, wie 10 Million € Mehrkosten bei einem Schulneubau einfach so verkraftet werden können, oder wie schnell mal eine Million € aufgebracht werden kann für den Abriss der Schwechater Straße 38. Aber wenn dann ein Haushalt mit einer Unterdeckung von 2,1 Millionen € vorgelegt wird dann soll plötzlich nur noch die Erhöhung der Grundsteuer B von 690 auf 825 Punkte helfen. Das versteht wirklich keiner und das sollten Sie mal versuchen zu erklären.

Die Erhöhung der Grundsteuer B konnte glücklicherweise abgewendet werden.
durch Haushaltsverbesserungen wie
Verlustausgleich IWG,
Einheitslastenabrechnungsgesetz (kommunal Soli),
Integrationspauschale,
neue GFG Modellrechnung mit aktuelleren Zahlen und die
geringere Kreisumlage (1,364 Mio. € weniger von ursprünglich 70,9 Mio. €)

Ein zentraler Punkt im Haushalt ist ja jedes Jahr die Kreisumlage, also für jede Stadt die Frage, wie hoch die Überweisung an den Kreis ist. Das ist die wichtigste Position bei den Transferaufwendungen. Und alle kreisangehörigen Städte müssen -wie jedes Jahr- darum kämpfen, den Haushalt auszugleichen, um die Bedingungen des Stärkungspakts zu erfüllen.
Der Kreis selber ist nicht knapp bei Kasse. Die Liquidität ist so hoch, dass sogar Verwahrentgelte – im Volksmund Strafzinsen genannt – bezahlt werden müssen. Und die hätten die Städte über die Umlage auch noch finanzieren müssen. Das wäre nun wirklich eine Zumutung gewesen und diese Zumutung wurde uns Gott sei Dank erspart.
Mein Appell an die Vertreter aus den Kommunen, die in Kreistagen, dem LWL usw. sitzen: Sie müssen Verantwortung übernehmen für die unteren Ebenen, sonst geht das nicht.
Nach dem Motto: „Kommunalpolitiker aller Parteien vereinigt Euch!“

Risiken der nächsten Haushalte

1. Wie sich der Haushalt vom Kreis und vom LWL entwickeln, lässt ist schwer voraussagen.
2. Digitalisierung ist nur eine Anschubfinanzierung, deren Nachhaltigkeit noch nicht gewährleistet ist. Hier besteht die Gefahr der Investitionsruine.
3. Es wird wahrscheinlich neue EU Bestimmungen geben zur Neubewertung von öffentlichen Gebäuden in der Doppik. Das wird zusätzliche Kosten verursachen. Was ist mit der Bilanz?
4. Bestehen bleiben die Altschulden. Die sind ein Problem in mehrfacher Hinsicht, wegen der Zinsen und wegen der Kreditwürdigkeit in der Zukunft.

Hinweis auf die WAZ vom 26.11.2019
Überschrift: „Erstmals schwarze Zahlen im Revier.“
Das hat mich schon erstaunt und dann hieß es weiter:
„Doch die Schulden der Städte bleiben ein Problem.
Das ist keine echte Trendwende.“
Gut, echte 23 % vom Land für die Kommunen sind ein Fortschritt, aber immer noch zu wenig für eine rasche Lösung.
Wichtig: Das Problem ist immer noch die strukturelle Unterfinanzierung.
Selbst wenn Teile der Altschulden durch Bund und Land übernommen werden bleibt das Problem mit den überdurchschnittlichen Sozialausgaben, so lange sich die Zuteilung der Sozialmittel des Bundes an der Umsatzsteuer der Gemeinde orientiert.

Das ist in etwa so, wie wenn Sie in einer Dachgeschosswohnung wohnen, bei der das Dach undicht ist. Sie haben bereits einen Eimer aufgestellt und der Vermieter hat nichts Besseres anzubieten als ab und an bei Ihnen vorbeizukommen und den vollen Eimer auszuschütten. Das ist struktureller Blödsinn.

Übrigens,
2018 hatten in NRW nur 170 Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt d.h. 230 hatten das nicht.
Wir gehören zu den ersteren und wir wollen, dass das so bleibt. Denn wer dem Haushalt nicht zustimmt, riskiert, dass wir aus dem Stärkungspakt rausfliegen und nicht mehr die Hilfen des Landes in Millionenhöhe bekommen. Und das wäre wieder unterlassene Hilfeleistung.

Deswegen stimmen wir dem Haushalt zu.

Autor:

Heinz-Josef Thiel aus Gladbeck

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