Die Große Koalition kann es nicht. Rente ab 63 – Mogelpackung!

Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles feiert Korrekturen im Rentenrecht. Kernstück ist die sogenannte „Rente ab 63“. Laut ihr können Menschen künftig ab 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen, wenn sie zuvor 45 Beitragsjahre vorweisen können. Das ist erstmal gut – aber nicht so gut, wie es klingt.

Den abschlagsfreien Renteneintritt ab 63 können nur die Beschäftigen wahrnehmen, die zwischen Juli 1951 und Dezember 1952 geboren wurden. Ab Januar 1953 wird die Altersgrenze von 63 schrittweise auf 65 Jahre angehoben. Damit ist der Vorteil für die Versicherten dahin. Denn: Wer 45 Jahre Rentenbeiträge gezahlt hat, der kann schon heute abschlagsfrei mit 65 in Rente gehen.

Und es ist ungerecht, dass Langzeiterwerbslose ausgeschlossen werden. Denn bei der Berechnung der Beitragsjahre werden nur Zeiten kurzfristiger Arbeitslosigkeit anerkannt – also der Bezug von Arbeitslosengeld I. Wer Hartz IV oder Arbeitslosenhilfe erhielt, der geht leer aus. Und es ist unlogisch: Warum darf ein Mensch ab 63 abschlagsfrei in Rente gehen, der vier Mal ein Jahr ohne Job war – und jemand, der vier Jahre hintereinander arbeitslos war nicht? Außerdem ist es ungerecht, dass die Verkäuferin, die mit 61 Jahren ihren Job verliert, nach zweijähriger Arbeitslosigkeit keine Chance hat ab 63 abschlagsfrei in Rente gehen zu können.

Für jene, die weiter arbeiten müssen, sieht es düster aus. Denn von den 64-Jährigen sind nach aktuellen Zahlen nur rund 16 Prozent überhaupt noch sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die anderen arbeiten prekär, sind arbeitslos oder schon mit Abschlägen in Rente gegangen.

Ein weiterer Bestandteil des Gesetzespaketes zur Rente ist die so genannte „Mütterrente“. Die Erziehung vor 1992 geborener Kinder soll mit zwei Entgeltpunkten honoriert werden. Bislang war es nur ein Entgeltpunkt. Gut und schön. Damit werden Kindererziehungszeiten vor 1992 zwar besser bewertet. Aber es findet noch immer keine Gleichstellung der Kindererziehungszeiten vor und nach 1992 statt. Warum? Und warum werden Erziehungszeiten in Ost- und Westdeutschland unterschiedlich bewertet? Das ist nicht einzusehen.

Die 6,5 Milliarden Euro, die die „Mütterrente“ kostet, soll von der Rentenversicherung bezahlt werden – also von den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern. Das ist ungerecht! Schließlich ist die Kindererziehung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und sollte daher auch von allen Gesellschaftsmitgliedern bezahlt werden. So aber bleiben Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verschont. Das Geld, das die Rentenkasse für die Mütter aufwendet, fehlt dann, um Verbesserungen der Leistungen zu finanzieren, zum Beispiel eine Anhebung des Rentenniveaus und die Rücknahme der Rente erst ab 67. Zwar zahlt der Finanzminister der Rentenversicherung einen Zuschuss. Aber der stellt „allenfalls einen symbolischen Beitrag dar“, so die Deutsche Rentenversicherung.

Letztlich, und das ist das Wichtigste, löst das neue Gesetz das Grundproblem der Rente nicht: Sie ist zu gering. SPD und Grüne haben in ihrer Regierungszeit mit Unterstützung von Union und FDP die Rentenansprüche zusammengekürzt. 2030 werden sie ein Fünftel niedriger sein als 2001. Eine Rente von 1000 Euro wird dann nur noch 800 Euro wert sein. Ein Durchschnittsverdiener muss dann 35 Jahre arbeiten, um eine Rente zu bekommen, die über der Grundsicherung im Alter – vergleichbar dem Niveau von Hartz IV – liegt. Vorher reichten 26 Jahre. Die Ausbreitung von Altersarmut ist damit programmiert.

Die neuen Verbesserungen verschärfen dies. Denn erhöhte Rentenleistungen schmälern zukünftige Rentenanpassungen, so will es der „Nachhaltigkeitsfaktor“. Künftige Rentnerinnen und Rentner bezahlen also die Verbesserungen für bestimmte Zielgruppen: 2030 wird ihr Sicherungsniveau vor Steuern um 0,7 Prozent niedriger liegen als bisher angenommen.

Autor:

Ralf Michalowsky aus Gladbeck

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