Bennarend kontert AfD-Kritik: "Sachthemen ohneSachkenntnis!"

Kontert die AfD-Kritik an seiner Person auf ganz besondere Art und Weise: Jens Bennarend, Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes Gladbeck.
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Gladbeck. Amüsiert zeigt sich der SPD-Stadtverbandsvorsitzende der SPD Gladbeck Jens Bennarend über die Einlassungen des Kreissprechers der AfD, Ulrich Wolinski, bezüglich seiner Stellungnahme hinsichtlich der möglichen Gründung eines Stadtverbandes der AfD. „Meinem Nervenkostüm geht es gut“, bedankt sich Bennarend für die Nachfrage und führt dann aus: „Die AfD bleibt ihrem Motto ‚Keck behauptet ist halb bewiesen‘ weiterhin treu.“ Dann wieder sehr ernst ist er trotzdem gerne bereit, in eine sachpolitische Auseinandersetzung mit der AfD einzusteigen.

„Ich bin von der Tageszeitung zur Gründung eines AfD Stadtverbandes um eine Stellungnahme gebeten worden, nicht wegen möglicher zweistelliger Ergebnisse in Umfragen“, gibt Bennarend zu Protokoll. „Aber auch wenn meine Nerven nicht blank liegen, bin ich durchaus gewillt, den Fehdehandschuh aufzunehmen.“ Denn nach Meinung des SPD-Vorsitzenden habe die Beschäftigung mit der AfD durchaus mit der inneren Sicherheit zu tun, die Wolinski gefordert hatte: „Wir reden hier von brandstiftenden Biedermännern.“ Es stelle sich die Frage, woher Wolinski die Informationen zu seinen Behauptungen habe; das betreffe jede einzelne seiner Einlassungen.

Zum behaupteten sprunghaften Anstieg bei Wohnungseinbrüchen erklärt Bennarend: „Die Kriminalstatistik 2014 belegt einen Rückgang speziell bei Wohnungseinbrüchen auf den niedrigsten Wert seit sieben Jahren und die für das Jahr 2015 wird erst im März vorgelegt.“ Die Behauptung mag stimmen, aber Behauptungen ohne Belege und Beweise blieben zunächst einmal Polemik und Populismus. „Wer Sachlichkeit einfordert, sollte selbst die Grundlagen einer Diskussionskultur einhalten, wozu nun einmal auch sichere Datenquellen gehören“, so der SPD-Vorsitzende.

Daran anschließend behauptet Wolinski fälschlich, „insbesondere die SPD“ habe „dafür gesorgt, dass es an Polizei und Justiz fehle“. Tatsächlich haben „die Altparteien“ 2015 unter Führung der rot-grünen Landesregierung 1.900 neue Anwärterstellen für den Polizeidienst eingeführt und damit sogar die Gewerkschaftsforderungen um 100 Stellen übertroffen. Zusätzliche 500 Stellen für Polizisten wurden für diejenigen beschlossen, die freiwillig länger im Dienst bleiben möchten, bis die Ausbildung der neuen Kräfte abgeschlossen ist. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lobt das als „vorbildlich“.

Dass Herr Wolinski den Investitionsstau im Bereich Infrastruktur kritisiert, wobei er wohl auf das Verkehrsnetz abzielt, ist vor seiner Herkunft als Recklinghäuser ebenfalls verwunderlich. Er könne jeden Morgen sehen, dass beispielsweise die A43 direkt vor seiner Haustür gerade mit enormem finanziellen Aufwand sechsspurig ausgebaut werde: „Egal ob A43, A45, A2, die Sanierung von Brücken oder – ob man nun zustimmt oder nicht – auch bei der B224/A52, Land und Bund arbeiten daran, den Investitionsstau im Straßenverkehrsnetz NRW gerade aufzulösen.“ Das gleiche gelte zum Beispiel für Infrastrukturmaßnahmen im Bereich Netzgeschwindigkeit für das Internet.

„Aber sei‘s drum“, meint Jens Bennarend: „eine solche polemische Vorgehensweise ist das Vorrecht von Populisten. Interessant wird es ja erst, wenn man ihre Positionen richtig unter die Lupe nimmt!“, und widmet sich der Beobachtung der AfD.

Wolinski kritisiere, dass die SPD mit der CDU sich „in der Flüchtlingskrise“ der Verantwortung entziehe. Wirft man einen Blick in die Leitlinien der ‚Neupartei‘, findet man ein Bekenntnis zur „Einwanderungspolitik“ für Deutschland unter Punkt 15. Darüber hinaus finden sich dort die Forderungen der AfD unter Punkt 16 zur Asylpolitik: „Politisch Verfolgten im Sinne des Grundgesetzes ist Asyl zu gewähren. Als Gäste des Landes sollen Asylanten würdig behandelt und als Mitmenschen akzeptiert werden, wozu auch das Recht gehört, ihr Auskommen selbst erarbeiten zu dürfen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Aus Gründen der Humanität ist es eine Pflicht, Kriegsflüchtlingen bei uns oder an anderen sicheren Aufenthaltsorten mit Unterkünften und dem notwendigen Lebensunterhalt beizustehen.“ Inwiefern sich Wolinski dazu versteigen kann zu behaupten, dass sich die schwarz-rote Koalition der Verantwortung entziehe, bleibt im Nebulösen. Einen Unterschied zu diesen AfD-Forderungen, die sich auch auf der Seite der Kreis-AfD in Recklinghausen finden, könne man kaum feststellen. In Wahrheit wissen offensichtlich die AfD-Mitglieder selber nicht, wofür ihre eigene Partei stehe, so Bennarend.

Gleichzeitig verschweige die AfD, die sich so gerne als Partei der ‚kleinen Leute‘ darstellt, was ihre Vorsitzende für die Partei erklärt: „Wir sind gegen einen allgemeinen, gesetzlich festgelegten Mindestlohn.“ (Thüringer Landzeitung, 28.08.2013) oder dass die AfD gemäß ihrer Leitlinien, Punkt 12, durch das Bekenntnis zu Paul Kichhoffs Steuermodell den Spitzensteuersatz von 45% auf 25% reduzieren will. Wenn man sich mit den programmatischen Forderungen der Landesverbände auseinandersetze, dann werde es richtig krude und immer widersprüchlicher.

Am Ende zeigt sich Wolinski überzeugt, dass die AfD „keine rechts- oder linksextremistischen Mitglieder“ aufnimmt und „Verfasser von Hass-Kommentaren im Netz“ nicht duldet. Prominentes Gegenbeispiel sei wohl das Mitglied der AfD-Freiburg, Dubravko Mandic, der einerseits erklärte, „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützer-Umfeld, nicht so sehr durch Inhalte“, aber vor allem dadurch auffiel, dass er US-Präsident Obama mehrfach öffentlich als „Quotenneger“ bezeichnete. Der Präsident des AfD-Bundesschiedsgerichts erklärte auf Rückfrage der WDR-Sendung ‚Monitor‘ vom 14.01.2016 nach den rassistischen Äußerungen Mandics und einem deshalb anhängigen Parteiverfahren in die Kamera: „Das habe ich nicht gehört.“ Das sei nach Ansicht Bennarends eine deutliche Duldung.

Im Normalfall ziehe sich die AfD dann gerne auf menschliche Fehler zurück. Man lerne noch, man sei ja kein Profi, werde falsch zitiert, habe das so nicht gemeint oder man rutscht auch gerne mal von der Maus ab; deshalb hier die vielen Quellenangaben. Aber bei der AfD handele es sich eben deshalb nicht um eine ‚Alternative für Deutschland‘, es sei denn, die ‚Alternative‘ bestehe in einem Aufgeben der Werte und Ideale, die die Mütter und Väter des Grundgesetzes dem deutschen Volk nach dem Krieg mit auf den Weg gegeben haben. Das beträfe die verbrieften Rechte wie die unverletzliche Würde des Menschen, das Bekenntnis zu den Menschenrechten, die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und vor allem das Recht eines jeden und einer jeden auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das alles wird von der Spitze der AfD durch die Forderung eines Schießbefehls an der deutschen Grenze mehr als nur in Frage gestellt. Dass dann zurückgerudert werde und dieser Schusswaffengebrauch nur auf die Väter und Mütter, nicht aber auf ihre Kinder bezogen sein sollte, mache es nicht besser, sondern deutlich, „welche Geisteshaltung sich hier Bahn bricht“, zumal es die von Frauke Petry behauptete gesetzliche Grundlage zu einer waffenbewährten Sicherung der Grenze in dieser Form auch nicht gibt. Aber auch das passe zum Motto „Keck behauptet ist halb bewiesen“.

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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