Für Grundschüler gelten besonders strenge Quarantäneregelungen
Auch die Gladbecker FDP kritisiert die Ungleichheit

Kann das extrem harte Vorgehen des Kreisgesundheitsamtes Recklinghausen gegen an Corona erkrankte Grundschüler in Gladbeck nicht nachvollziehen: FDP-Ratsherr Michael Tack. | Foto: Archiv
  • Kann das extrem harte Vorgehen des Kreisgesundheitsamtes Recklinghausen gegen an Corona erkrankte Grundschüler in Gladbeck nicht nachvollziehen: FDP-Ratsherr Michael Tack.
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Die aktuell vom Kreisgesundheitsamt praktizierten Quarantäneregeln betreffs Grundschülern sorgen für Wirbel, und beschäftigen nun auch die Politik vor Ort.

So steht für den FDP-Ratsherren Michael Tack fest, dass Schulkinder in Gladbeck ungerechtfertigter Weise schlechter gestellt würden. Denn für Tack ist es ein Unding, dass, wenn ein Schulkind positiv auf Corona getestet wird, nicht nur der Unterricht der betreffenden Klasse für 14 Tage eingestellt wird, sondern alle Kinder für diese Zeit zuhause in Quarantäne müssen. Dies sei in Gladbeck schon mehrfach geschehen, versichert Tack.

In Gladbeck, mit seiner Nähe zu Gelsenkirchen und Bottrop, werde diese ungleiche Behandlung durch das zuständige Gesundheitsamt als besonders ungerecht empfunden, führt Tack weiter aus. Denn in den Nachbarstädten werde nur die Sitznachbarn in Quarantäne geschickt, weil das mit den Listen sicher nachvollziehbar sei.

Die vom Kreisgesundheitsamt Recklinghausen genannte Begründung "diffuses Geschehen" kann Michael Tack nicht nachvollziehen. "Unter diffus versteht man: unklar, ungeordnet, nicht scharf begrenzt, unscharf," erklärt Tack. Nur diffuses Verhalten gebe es in den Schulen schon lange nicht mehr, weder bei Wechselunterricht noch bei Präsenzunterricht.

Der FDP-Politiker verweist auf das aktuelle Testverfahren, mit den sogenannten „Lolli-Tests“. Das seien aber wirklich kostspielige Tests, die sehr genaue Ergebnisse liefern würden und eben keine billigen Schnelltests mit weniger genauen Ergebnissen. Zudem würden Listen mit den Namen aller anwesenden Kinder genauestens geführt. Darüber hinaus gebe es Sitzpläne aller Kinder, die in jeder einzelnen Klasse identisch seien. Und wenn ein Kind in einen anderen Klassenraum wechseln müsse, dann sei dort der exakt gleiche Sitzplan vorgeschrieben. Dazu gelte für alle Kinder in Schulklasse eine Maskenpflicht. In Klassenräumen dürfe in der Regel nicht gegessen werden und in den Pausen draußen müssten Kinder Abstand halten, was von Lehrkräften überprüft werde.
"Natürlich hat ein Gesundheitsamt einen Ermessensspielraum," gesteht Michael Tack ein. Das Ermessen müsse aber den Einzelfall betrachten, nachvollziehbar sein und dürfe auf keinen Fall pauschal maximal erfolgen.

Beim Blick "über den Tellerrand" schaut Tack in die Nachbarschaft: "Die Gesundheitsämter in den Nachbarstädten Bottrop und Gelsenkirchen verfahren ganz anders, nämlich im Sinne des Schulministeriums und im Sinne der Kinder. Kinder haben mehr als genug Schule und Bildung verpasst. Sie müssen nicht noch zusätzlich zuhause in Quarantäne eingesperrt werden."

Michael Tack verweist mit Nachdruck darauf, dass der Wissensstand über die Infektionswege zu Beginn der Pandemie verständlicherweise gering gewesen sei. Heute sei man glücklicherweise weiter, wobei nachgewiesen sei, dass Kinder sich seltener als Erwachsene infizieren und sie das Virus seltener weitergeben.

Als Beweis für seine Ausführungen bezieht sich der FDP-Ratgsherr auf Angaben der Hamburger Schulbehörde, wonach im März innerhalb eines Monats 834.000 Tests durchgeführt und dabei 1.030 positive Ergebnisse ermittelt wurden. "Das ist etwa in dem Toleranzbereich, in dem man falsche Ergebnisse bei „falsch positive Tests“ erwarten muss," glaubt Michael Tack. Aussagekräftig ist seiner Meinung nach auch eine Untersuchung in der bayerischen Landeshauptstadt München, wo in 11.000 Blutproben von Kindern lediglich 80 Proben entdeckt wurde, die Antikörper aufwiesen, diese Jungen und Mädchen also eine Corona-Infektion bereits hinter sich hatten. Darüber hinaus habe man ebenfalls in München mehr Ausbrüche an Arbeitsplätzen als in Schulklassen festgestellt. Bei der Rückverfolgung sei dann herausgefunden worden, dass nur ein Prozent der Ansteckungen auf einen Kontakt in der Schule zurückzuführen war.

Bemerkenswert ist aus Sicht von Michael Tack auch das Umdenken im Robert-Koch-Institut, das seine Einstellung korrigiert hat und vielmehr schreibt "Entgegen des Ausbreitungsprofils bei anderen Atemwegserregern scheint also im punktuellen pandemischen Geschehen keine substantielle treibende Kraft von diesen Altersgruppen auszugehen."

Bewiesen ist nach Erkenntnis von Michael Tack auch, dass bei den Neuinfektionen die Inzidenz bei Kindern viel langsamer anstieg als in anderen Altersgruppen.

Für Michael Tack steht fest: "Der Anfangsverdacht, Kinder seien Treiber bei Ansteckungen ist nicht mehr aufrecht zu erhalten. Kinder sind eher die Opfer der infizierten Erwachsenen. Denn überall dort, wo Eltern und Lehrpersonal geimpft wurden, sinken die Infektionen bei Kindern deutlich, das heißt im Umkehrschluss je mehr Erwachsene immunisiert sind, desto weniger Kinder stecken sich an. Infizierte Kinder haben sich demnach überwiegend nicht während des Unterrichts bei ihren Klassenkameraden angesteckt, sondern bei ihren Lehrern oder Lehrerin oder vor allem aber bei ihren Eltern."

Eine abschließenden Seitenhieb kann sich Michael Tack nicht verkneifen: "In Betrieben ist die Situation anders und wesentlich sinnvoller geregelt. Wenn in einem Betrieb eine Person positiv getestet wird, dann wird nicht das komplette Personal in Quarantäne geschickt und der Betrieb stillgelegt. Weder in Geschäften noch in Betrieben. Das bedeutet: Mit Kindern wird viel strenger verfahren als mit Erwachsenen." 

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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