Kostspielige Gas-Drainage wäre gar nicht erforderlich gewesen
2,5 Millionen Euro wurden im Ellinghorster Müll versenkt
Das wissen nur ganz wenige Gladbecker: Am Stadtrand zu Bottrop gibt es das "Naturschutzgebiet Halde Ellinghorst". Ein Naturschutzgebiet, das von Menschenhand geschaffen wurde.
Den Anfang machte der Bau der Autobahn A 2 in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Und dafür brauchte man Baumaterial, das nur wenige Meter neben der Autobahntrasse ausgehoben wurde. Bis zu 12,5 Meter tief gruben sich die Bagger damals in die Erde und hinterließen ein etwa 240.000 Quadratmeter großes Loch. Ein Loch, das den Gladbeckern nach dem 2. Weltkrieg wie gerufen daherkam, konnte man hier doch herrlich Bauschutt und Müll aller Art entsorgen. Ab den 50er-Jahren ging das bis Mitte der 70er-Jahre so, wobei der Begriff "Umweltschutz" so gut wie unbekannt war. Es ist absolut nicht mehr nachvollziehbar, was da alles auf der Deponie gelandet ist. Vielleicht ist das auch besser so. Ab 1974 schloss sich die Verfüllung der Deponie an, wobei Erdreich aber auch Reste aus der Müllverbrennung zum Einsatz gelangen.
Wie das aber mit solchen Mülldeponien so ist, begann es einige Jahre unter der obersten Erdbodenschicht zu gären, Methangas entwickelte sich. Bis 2010 beunruhigte dieser Prozess aber die Verantwortlichen nicht so richtig, weshalb es keine Messungen gab. Dann jedoch Alarmstimmung, denn bei einer ersten Messung wurde angeblich eine 20prozentige Methangas-Sättigung nachgewiesen. Angeblich deshalb, weil es aus dieser Zeit keine belegbare Protokolle oder sonstige Beweise gibt. Sogleich wurde aber der Ruf nach einer Gas-Drainage laut, da befürchtet wurde, dass das austretende Gas sich in den Kellern angrenzender Wohnhäuser sammeln und dies im ungünstigsten Fall zu einer Explosion führen könnte. Bis ins Jahr 2021 dauerte der Bau der Gas-Drainage. Die Baukosten werden nach wie vor mit stolzen 2,5 Millionen Euro angegeben, wobei die Stadt Gladbeck 20 Prozent dieser Kosten, umgerechnet als rund immerhin 500.000 Euro, übernehmen musste.
"Das Geld hätte man sich bis auf den letzten Cent sparen können," entrüstet sich Robert Giebler. Der Gladbecker gehört seit dem Jahr 2015 zu den Kritikern der Baumaßnahme, zumal er sich berufsbedingt mit der Thematik auskennt. Ehe er in den Ruhestand trat, war Giebler bei der damaligen Firma "Oswald Schulze" als Bauleiter tätig, war in Swinemünde an der deutsch-polnischen Grenze und in der türkischen Millionen-Metropole Istanbul am Bau riesiger Kläranlagen federführend beteiligt.
Natürlich komme es bei Mülldeponien wie in Ellinghorst zu Gärprozessen, der Produktion von Methangas und entsprechenden Methangas-Austritten, gesteht Giebler ein. Doch er "stößt" sich an dem Zeitpunkt, zu dem Forderungen betreffs des Baus einer Gas-Drainage laut wurden.
"Der Gärprozess in der Ellinghorster Deponie begann wahrscheinlich Mitte der 70er-Jahre. Und Untersuchungen andernorts haben ergeben, das eben dieser Prozess nach etwa 14 bis 16 Jahren seinen Höhepunkt erreicht und damit auch die höchste Methangas-Produktion. Anschließend gehen diese Gaswerte Jahr für Jahr zurück," führt Giebler aus, der sich auf fachlich fundierte und nachweisbare Fälle bezieht. Also, so die Berechnung für Ellinghorst, sei die Methangas-Produktion um das Jahr 1990 am höchsten gewesen.
Dennoch wurde an dem Drainige-Bauvorhaben festgehalten, was bei Robert Giebler fassungsloses Kopfschütteln auslöst. "Eine Methangas-Explosion ist nur in geschlossenen Räumen bei einem entsprechenden Luft-Gas-Gemisch möglich. Unter freiem Himmel liegt die Gefahr bei absolut Null." Trotzdem wurden in den Kellern von Wohngebäuden in der Nähe der Deponie Gas-Warner eingebaut, doch bezogen auf die Gefahr für Gebäude in Ellinghorst wird Giebler mehr als deutlich: "In jedem Kuhstall ist die Methangas-Belastung höher!"
Auch im zuständigen Ausschuss der Stadt Gladbeck kam Giebler zu Wort, doch schenkte man seinen Ausführungen keinen Glauben. "Ich musste mich sogar beschimpfen lassen," versichert Giebler. Er kämpfte aber weiter für den Stopp der Bauarbeiten. Vergeblich, wie sich zeigte.
Doch nun feiert Robert Giebler einen späten Erfolg, denn das in Auftrag gegeben neue Gutachten, erstellt von einem anerkannten Institut, kommt zu dem Ergebnis, dass von der Mülldeponie Ellinghorst so gut wie gar keine Gefahr mehr ausgeht. "Da ist von einer maximalen Methangas-Belastung von 8,8 Prozent die Rede," weiß Giebler zu berichten. Und er relativiert das Ergebnis aus seiner Sicht noch einmal. Demnach wurden 57 Messstellen ausgewertet, von denen 46 ohne jeden Befund blieben. "Also 0,0 Prozent," bilanziert Giebler.
Auch die von den Befürwortern der Baumaßnahmen immer wieder angeführten Gasalarme kann Robert Giebler widerlegen. Zwölf Alarme soll es gegeben haben und die damit zusammenhängenden Feuerwehr-Einsätze. Es war mühsam, doch am Ende führten auch hier die Recherchen von Robert Giebler zum Erfolg: "Die Feuerwehr musste nicht ein einziges Mal eingreifen. Es handelte sich durchweg um Fehlalarme. Das wurde mir von offizieller Seite bestätigt!"
Wie soll es nun weitergehen? Robert Giebler zuckt resigniert mit den Schultern. "Das Geld ist futsch, ist verbaut. Eine völlig unsinnige Ausgabe, die auch die Stadt Gladbeck finanziell erheblich belastet hat." Was dem engagierten Bürger Giebler bleibt, ist das gute Gefühl, am Ende mit seiner Kritik doch richtig gelegen zu haben.
Und für die Anwohner der Ellinghorster Deponie hat Giebler abschließend noch einen guten Rat: "Raus mit den Gaswarnern aus den Kellern der Häuser. Die Dinger sind überflüssig und lösen beim nächsten Alarm doch nur wieder Panik und Hektik bei den Bewohnern aus."
Autor:Uwe Rath aus Gladbeck |
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